Zweiundfünfzig

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Zora konnte nicht ganz plausibel erklären, was genau so lustig war. Aber dieser Zufall war irgendwie so komisch, dass sie Probleme hatte sich wieder zu beruhigen, während Jane sie leicht ungläubig anstarrte. Mit einer Hand wischte sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel, so sehr hatte sie Lachen müssen. „Immerhin warst du ein Gesprächsthema auf der Party und somit indirekt anwesend.", gab sie zu denken. Doch Jane verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Na, ich glaube nicht, dass das so erstrebenswert ist.", „Wenn die Leute ihre Zeit damit verbringen über dich zu reden, ist dein Leben spannender als ihres.", fügte Zora hinzu, um ihren Standpunkt deutlich zu machen und entlockte Jane damit ein Lächeln. Kein offensichtliches, strahlendes, sondern ein ehrliches, dessen sie sich selbst vielleicht gar nicht bewusst war. Dennoch stimmte sie Zora nur teilweise zu. „Da hast du prinzipiell recht, aber in dem Fall ist glaube ich nicht mein Leben spannend, sondern mein Bekannter.", „Dieser Herr Loh?", riet Zora. Jane neigte zustimmend den Kopf. „Genau der.", „Darf man fragen, was den so spannend macht?", hakte Zora nach und bekam nach einem tiefen Atemzug von Jane auch eine Antwort. „Naja zum Beispiel gehört ihm die Kunstgalerie, in der die besagte Ausstellung läuft."

Mit dieser Antwort konnte Zora nur bedingt etwas anfangen, aber sie hielt sich davon ab weiter nachzubohren, zum einen da Jane offensichtlich nicht weiter auf das Thema eingehen wollte und zum anderen, weil sie auch gar nicht mehr über diesen Herrn Loh wissen wollte. Wenn sie die Teilinformationen, die sie besaß gerade richtig zusammensetzte, war Jane an diesem Herrn in nicht-geschäftlicher Hinsicht interessiert, oder er an ihr, oder beides. Wie der Fall auch lag ihr gefiel der Gedanke von Jane, mit einem reichen Geschäftsmann an ihrer Seite nicht. Was völlig abstrus war, da sie absolut nichts über den besagten Geschäftsmann wusste und es sie vor allem auch rein gar nicht anging, was Jane in ihrem Privatleben anstellte. Vielleicht gefiel ihr einfach die Vorstellung von einer allein stehenden, emanzipierten, erfolgreichen Karrierefrau, die keinen Gönner brauchte und alles selbst regelte. Diese Gedanken verdrängend kam sie stattdessen auf das ursprüngliche Gespräch zurück. „Ich glaube dein Leben ist auch ohne diesen Herrn Loh spannender als Stefanies."

Sie saßen noch für fast zwei Stunden auf der Terrasse, wobei sie sich weiter über die Sinnigkeit und Unsinnigkeit von Partys austauschten, aber auch zeitweise einfach nur schweigend die Ruhe der Nacht genossen. Zora versuchte den Ausblick auf die Lichter des nächtlichen Düsseldorf, vor der Kulisse des schwarzen Nachthimmels mit einer dünnen, abnehmenden Mondsichel bestmöglich in sich aufzusaugen. Sie fühlte sich geehrt auch nur auf dieser Terrasse sitzen zu dürfen, ganz zu schweigen davon, wer da so entspannt neben ihr saß. Als sie gestern Abend das erste Mal die Penthouse-Wohnung betreten hatte, war sie vorübergehend sprachlos gewesen. Die Größe, die Lage, die luxuriöse Ausstattung, all das war so weit von Zoras alltäglicher Realität entfernt, dass ein Teil von ihr sich immer noch Kneifen wollte, um aus diesem viel zu schönen Traum aufzuwachen. Aber sie wachte nicht auf, sondern saß Schulter an Schulter, leicht beschwipst neben Jane Neuhäuser auf einer Teakholzbank, eingewickelt in eine Kaschmirdecke unter dem Sternenhimmel.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt