„Hey, schon wieder hier? Wie war es? Los, ich will alles Details!", wurde sie von ihrer Mutter begrüßt, die immer noch am Küchentisch saß. Zora ließ sich auf einen der Stühle plumpsen. „Ich mache nächste Woche einen Probetag." Ihr Mutter sah sie mit großen Augen an. „So schnell geht das?" Zora nickte und stand wieder auf um sich einen Ginger Ale aus dem Kühlschrank zu nehmen. „Scheinbar schon. Ich darf auch für einen Tag zu einer befreundeten Innenarchitektin von ihr.", „Diese Jane sich ja echt für dich einzusetzen. Wie alt ist die überhaupt? Und welche Rolle hat sie in dem Architekturbüro?" Zora zuckte mit den Schulter. „Du weiß, wie grausam ich im Schätzen bin. Irgendwas um die Dreißig nehme ich mal an. Noch ziemlich jung. Und ihr gehört das Architekturbüro, sie hat es gegründet." Nachdem sie den Informationsbedarf ihrer Mutter halbwegs gedeckt hatte ging sie rauf in ihr Zimmer. Sie war immer noch aufgekratzt. Schwungvoll ließ sie sich aufs Bett fallen und starrte an die Decke, während sie in Gedanken noch einmal den Abend durchging. Jane war wahrlich beeindruckend. Zora hatte noch nie jemanden wie sie getroffen. Sie schien die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, aus eine gute Art. Sie war einfach interessant, faszinierend, hatte etwas erreicht, hatte etwas relevantes zu erzählen. Und damit war ihr Erscheinungsbild ja noch gar nicht erfasst. Diese Mimik und Körpersprache, die aller Welt mitzuteilen schien, was sie wollte und gleichzeitig klarstellte, dass sie es auch bekommen würde. So würde Zora wohl nie sein, daran würde sie wohl kaum heranreichen, aber sie konnte es ja zumindest anstreben. Mit einem Lächeln auf den Lippen rief sie sich Jane vor Augen, wie sie ihr da auf dieser Terrasse gegenüber saß.
Am nächsten Abend hatten sie geplant mit ein paar Leuten aus der Stufe etwas Essen zu gehen. Der ursprüngliche Ansatz war es gewesen, dass sie sich morgen auf der Fete bei Peter wohl alle im großen Stil besaufen würden und somit heute noch einen gesitteten Abend hatten. Das war natürlich Schwachsinn, der Großteil würde sich heute schon abschießen, auch wenn heute noch nicht alle dabei waren, schließlich wurden morgen noch die letzten Klausuren geschrieben. Nat wollte Zora um viertel vor sieben abholen, wobei Zora so eine Vorahnung hatte, dass Liv da auch schon mit von der Partie sein würde; und sie behielt recht. Als sie um zwanzig vor sieben die Tür öffnete standen die Beiden Seite an Seite im Eingang. „Hey, kommt noch eben rein, ich muss noch Luna füttern und meine Sachen zusammen suchen.", begrüßte sie die Zwei. „Hi. Jetzt erzähl uns erstmal, wie es gestern war. Aus deinen kryptischen, super kurzen Nachrichten konnte ich ja nicht wirklich viel schließen.", erwiderte Liv, während Nat die Haustür zuzog. Zora war dabei das Hundefutter aus der Abstellkammer zu holen, während Luna ungeduldig schwanzwedelnd vor ihr stand. „Naja, viel gibt es da nicht zu erzählen. Es war ein lustiger Abend und ich darf mir nächste Woche mal ihr Büro und noch ein Innenarchitekturbüro näher ansehen.", antwortete sie. „Einfach so?", hakte Liv nach. Zora nickte. „Einfach so." Sie wusste nicht wirklich, wie sie Liv und Nat von Jane erzählen sollte. Das ließ sich einfach nicht in Worte fassen, andererseits artete ihre Obsession mit der Frau vielleicht auch ein bisschen aus und sie wurde etwas verrückt. „Aber genug zu mir, ich holen eben meine Handtasche und dann erzählst du mir, wie die Klausur lief.", wechselte sie somit das Thema. Als sie die Treppe wieder herunterkam wiederholte sie: „Also, wie lief die Klausur?" Liv sah ihr prüfend ins Gesicht. „Du trägst ja schon wieder Mascara. Ich bin beeindruckt. Und du trägst die Haare offen. Es besteht ja wirklich noch Hoffnung." Sie verzog die Lippen zu einem leicht spöttischen, aber lieb gemeinten Grinsen. „Und die Klausur war easy. Eine einfache Aufgabenstellung, die sich tatsächlich auf den Lehrplan bezog und in der Zeit gut zu schaffen war.", „Sehr gut.", erwiderte Zora. Dann schaltete sich Nat ein, der bisher nur geschwiegen hatte: „Ich will ja nichts sagen, aber könnt ihr das nicht im Auto besprechen? Wenn wir da als Letzte ankommen, quetschen die uns in irgendeine unbequeme Ecke.", „Zu Befehl!", erwiderte Liv übertrieben ernst und salutierte, um dann aufzulachen. Nat stimmte ein und so verließen sie das Haus.
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fragile (GirlxGirl)
RomanceIhr erstes Aufeinandertreffen ist denkbar belanglos und doch hinterlässt die Abiturientin Zora einen bleibenden Eindruck bei der angesehenen Architektin Jane, der diese bald zwingt ihre fundamentalen Grundsätze zu hinterfragen. Cover by @writersfate