Fünfundfünfzig

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Irgendetwas an diesem Mädchen brachte Jane dazu sämtliche Verhaltensweisen, die sonst für sie so typisch waren, über Board zu werfen. Egal, was es war, jedenfalls hatte sie Zora gerade spontan zu Ruperts Party eingeladen. Technisch gesehen war das auch vollkommen in Ordnung, schließlich stand in der offiziellen Einladung 'gerne mit Begleitung', dennoch hatte sie ursprünglich geplant alleine hinzugehen. Wen sollte sie schon groß mitnehmen? Wenn überhaupt vielleicht noch Lina. Diesen Gedanken hatte sie jedoch sofort wieder verworfen. Sie brauchte definitiv keine überambitionierte Wingwoman dabei zu haben. Zora hingegen würde mit Sicherheit nicht in der Hinsicht aktiv werden. Im Gegenteil, sie diente vielleicht sogar als Puffer. Doch im Wesentlichen wollte Jane sie einfach nur gerne dabei haben. Das würde ein schöner, amüsanter Abend werden, ganz unabhängig davon, was sich mit Rupert ergab, oder eben auch nicht ergab. Außerdem benötigte sie vermutlich wirklich Verstärkung. Ihr war ja von Vornherein klar gewesen, dass das keine kleine, intime Grillparty werden würde, aber sie hatte die Ausmaße der Veranstaltung dennoch völlig falsch eingeschätzt. Laut dem Bürgermeister kam wirklich alles, was in Düsseldorf Rang und Namen hatte. Somit war es doch wirklich angebracht in so reizender und charmanter Begleitung zu erscheinen.

Nachdem Zora eine grobe Einarbeitung in das Zeichenprogramm erhalten hatte, waren sie vom Büro aus zu Jane nach Hause gefahren. Sie hatten sogar mehr geschafft, als Jane ursprünglich erwartet hatte, da Zora schon an der Uni einen Einblick in das Programm erhalten hatte und zudem schnell begriff. Mittlerweile war es aber schon fast halb sechs und sie wollten ja noch halbwegs pünktlich auf der besagten Party erscheinen. Das Mittagessen hatten sie schon ausfallen lassen, in Erwartung des Essens gleich. Sie warf ihren Schlüsselbund in die dafür vorgesehene Schale auf dem Schrank im Flur und ließ die Tür ins Schloss fallen. „So, ich ziehen mich eben um. Wenn wir so um sieben losfahren wäre das gut. Du willst dich sicher sowieso erst noch zu Hause abmelden.", damit machte sie sich auf in ihr Zimmer. „Ehm, was ziehst du denn an?", fragte Zora da zögernd aus dem Hintergrund. Jane hielt inne und drehte sich um. „Das werde ich gleich sehen, wieso?" Zora wirkte leicht unentschlossen und erklärte sich dann. „Naja, ich habe nicht wirklich für eine schicke Party gepackt."

Jane war gar nicht in den Sinn gekommen, dass Zora noch etwas zum Anziehen bräuchte, was daran lag, dass Zora vermutlich im Schlafanzug dort auflaufen könnte und in ihren Augen immer noch besser aussähe, als diese ganzen aufgetakelten, sensationsgeilen Tussis. Doch nun steckte Zora in einem blauen, dünnen Strickkleid von Jane, in dem ihre Figur umwerfend aussah. Sie hatten in etwa die gleiche Größe, sodass das relativ eng anliegende Kleid dank Stretchanteil perfekt saß. Zora sah besser aus, als Jane es je getan hatte in diesem Kleid. Vermutlich auch besser, als sie es überhaupt je getan hatte.

Zora trug zwar eine Schuhgröße kleiner, als Jane, aber wie es der Zufall wollte hatte sie noch ein Paar, perfekt zum Kleid passende Pumps im Schrank stehen, die ihr immer schon zu klein gewesen waren und sie dementsprechend auch erst einmal getragen hatte. Da zahlte es sich doch tatsächlich einmal aus, dass sie sich beim Kauf - typisch Frau – eingeredet hatte, dass die Schuhe passen würde, lediglich da ihre Größe nicht mehr da war und sie unmöglich auf dieses wunderschöne Paar Schuhe hatte verzichten können. Zora drehte unterdessen die achte Pirouette vor dem Spiegel und fragte so ziemlich zum zehnten Mal: „Ganz sicher, dass du mir das Kleid leihen willst? Was wenn ich es ruiniere? Oder in die Schuhe eine Macke mache?", „Ja, ich bin mir ganz sicher. Und die Schuhe kannst du hinterher gerne behalten, dir passen sie wenigstens wirklich." Zora strahlte sie an. „Danke!", damit verschwand sie im Bad, um sich fertig zu machen. Jane entschied sich für eine schlichte Hochbundhose und eine weiße Bluse, mit aufwendigem Kragen. Dazu ihre geliebten schwarzen Pumps mit roter Sohle, und der dazu passende Lippenstift. „Ich rufe jetzt ein Taxi, okay?", rief sie in Richtung Bad. „Okay, ich bin fertig.", kam es zurück. Kurz daraus kam Zora aus dem Bad, schlüpfte in die Pumps und zog sich eine Lederjacke über.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt