Fünfundvierzig

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In den nächsten Stunden tranken sie Beide dann auch noch ein bisschen mehr. Sie waren wieder rein zu den anderen gegangen, wo es immer ausgelassener wurde. Besonders amüsant wurde es als Steven, Mr. Supercool auf einmal anfing die politische Lage zu kommentieren und seine Interpretation des Sinn des Lebens zum besten gab. Es gab doch wirklich nichts besseres als betrunkene Möchtegern-Philosophen.

Andy wich Zora den ganzen Abend nicht von der Seite und als Zora um halb drei zusammen mit Nat, Liv und Marie, die eine Straße von Zora entfernt wohnte, ein Taxi nahm, fragte er sie nach ihrer Nummer. Zora gab sie ihm. Dann verabschiedete sie sich mit einer Umarmung von ihm. Im Taxi musterte Liv sie prüfend. „Du tauscht mit Andy Nummern aus?" Zora nickte nur. Sie würde das jetzt nicht mit Liv besprechen, vor allem nicht, wenn Marie noch mit im Taxi saß. Liv sah Zora skeptisch mit einer hochgezogenen Augenbraue an, Nat bedachte Zora mit nahezu dem gleichen Blick. Na das konnte ja was werden, wenn ihre beiden besten Freunde jetzt eine Partei bildeten.

Am nächsten Morgen wachte Zora um halb elf auf. Sie fühlte sich erstaunlich gut, für die Menge an Alkohol, die sie dann doch noch getrunken hatte. Es hatte sich wohl wirklich ausgezahlt, vor dem Einschlafen noch eine Flasche Wasser zu trinken, aber das Abschminken hatte sie gestern leider sein lassen. Glücklicherweise trug sie ja kaum Make-up, trotzdem sah sie vermutlich aus wie ein Waschbär. Verschlafen blickte sie auf ihr Handy. Drei Kontakte hatten ihr geschrieben. Jane, Liv und eine nicht gespeicherte Nummer.

Jane schrieb: Ich werde mein Bestes geben. Dann bis Mittwoch. Ich freue mich auf dich :) In Zoras Gesicht schlich sich schlagartig ein Lächeln. In nur vier Tagen würde sie Jane wieder sehen. Liv wollte wissen, ob sie heute Zeit hätte. Zora schrieb ein 'Jip, wann und wo?' zurück. Die dritte Nachricht lautete:

Hey, Andy hier, somit hast du meine Nummer jetzt auch :)

Ich hatte gestern Abend wirklich eine gute Zeit, auch wenn ihr uns ruhig beim Aufräumen hättet helfen können ;) Meine Leute helfen mir gerade beim Müll zusammensuchen, während Peter noch ausgenockt ist. XD Ich würde dich wirklich gerne wieder sehen. Außerdem musst du mir unbedingt berichten, wie dein Praktikum läuft. xxx Andy

Zora blickte unsicher auf den Display und ließ sich dann erst einmal zurück in die Kissen sinken. Klar, Andy war heiß. Wirklich heiß, und er war auch sonst wesentlich sympathischer, als Zora es je für möglich gehalten hätte. Sein sarkastischer, lockerer Humor brachte sie zum Lachen und sie hatte gestern Abend auch eine gute Zeit gehabt. Aber gefiel ihr die Richtung, in die sich das entwickelte? Wollte sie das? Eigentlich stimmte doch alles. Betrachtete man die Fakten war alles optimal. Gott, sie war sowas von viel zu rational. So logisch und objektiv betrachtet, wäre Nat schließlich auch sinnvoll gewesen, trotzdem war nie etwas aus ihnen geworden; und das war auch gut so. Aber nach welchen Kriterien suchte man sich dann einen Freund aus? Sie war ja immer neidisch auf die Intimität und Vertrautheit, den Verbund, den glückliche Pärchen hatten, die Tatsache, dass da jemand war. Doch sobald es um konkrete Typen ging, die sich für sie interessierten, war sie maßlos überfordert. Zora verdrehte über ihren inneren Konflikt die Augen, sie war wirklich unfähig.

Da die Nachricht keine konkrete Frage beinhaltete, entschied Zora, dass es tragbar war mit einer Antwort noch zu warten und zunächst Liv zu Rate zu ziehen. Wozu hatte man denn eine beste Freundin, noch dazu eine mit erheblich mehr Dating-Erfahrung als man selbst. Eine Stunde später klingelte es an der Haustür, Liv war da.

Obwohl Liv das größere Zimmer, von ihnen hatte, trafen sie sich eigentlich meistens bei Zora. Liv beteuerte zwar immer, wie cool ihre Mutter sei, aber eigentlich war es ein offenes Geheimnis, das Raffaela ziemlich anstrengend und nervenaufreibend sein konnte. Somit machten sie es sich lieber in Zoras Wohnküche gemütlich. Ihre Mutter war sowieso gerade beim Pilates, oder was sie auch sonst immer an einem Samstag anstellte. Liv stellte die mitgebrachten Brötchen auf den gedeckten Tisch, während Zora den Wasserkocher anschmiss. „Du musst mir noch erzählen, was genau sich jetzt mit deiner Jane Neuhäuser ergeben hat. Du gehst da nächste Woche hin? Wir haben da noch gar nicht richtig drüber gesprochen. Und was war das mit Andy gestern? Ich wusste gar nicht, dass du ihn näher kennst.", plapperte Liv munter drauf los. Zora drehte sich zu ihrer besten Freundin um. „Meinst du nicht DU solltest mir da erst einmal noch eine andere Sache erzählen?"

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt