Neununddreißig

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Als Jane in Linas Straße ankam, war schon kaum noch ein Parkplatz zu finden, was vor allem daran lag, dass die meisten Gäste, ähnlich wie Jane, Ungetüme von platzfressenden SUVs fuhren. Sie parkte schließlich eine Querstraße weiter, griff ihr Gastgeschenk, eine Flasche überteuerten Rotwein und begab sich zum Eingangsbereich des Hauses. Eigentlich wohnten die Beiden nun schon seit sieben Monaten hier, doch Lina hatte erst alles fertig haben wollen, bevor sie groß einlud. Und man musste ihr zugestehen, dass das Haus wirklich toll aussah. Ein Eingangsbereich mit perfekt gepflegtem Vorgarten und die komplette Einrichtung des Hauses war schlicht elegant, dabei jedoch einladend und mit vereinzelten, verspielten, nach Janes Geschmack vielleicht sogar schon kitschigen Elementen. Aber das Gesamtbild stimmte. Das riesige Wohnzimmer, das schon eher als Salon zu bezeichnen war, war mit schicken Ledersofas und der High Society Düsseldorfs gefüllt. An der langen Seite, sowie im durch die gegenüber liegende Glasfront einsehbaren Garten, war ein opulentes Buffet aufgebaut, zudem wurde gegrillt und eine Kellnerin reichte Sektflöten.

Jane stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass sie einen Großteil der Gäste kannte. Im wesentlichen natürlich dadurch, dass ihre Kollegen nahezu alle brav pünktlich erschienen waren. Sie machte Max aus, der nervös ein Sektglas umklammernd auf einem der Sofas saß. Es war nicht schwer vorzustellen, wie er sich fühlte, so in einem Raum voller potentieller zukünftiger Arbeitgeber und Geschäftspartner, während er zu diesem Zeitpunkt noch gänzlich am Fuße der Ernährungspyramide stand. Vom Mitleid getrieben steuerte Jane auf ihn zu und ließ sich neben ihm auf der Couch nieder. Es wäre doch gar nicht so verkehrt ihren Praktikanten auch auf privater Ebene mal ein wenig näher kennenzulernen. Im Verlauf des Abends musste Jane dann feststellen, dass das Gespräch mit Max über dessen Studentenleben, vermutlich sogar eins der deutlich spannenderen gewesen war. Bei fast allen anderen Gästen schien es ausschließlich darum zu gehen, wer wann was gekauft oder verkauft hatte. Zusätzlich ließen sich noch einige Menschen scheiden, während andere heirateten. Der helle Wahnsinn.

Immerhin war das Essen wirklich gut. Jane versuchte sich in ihren zynischen Gedanken zu unterbrechen. Vielleicht sollte sie doch mehr Alkohol trinken? Wohl eher nicht. Eine mit Orangensaft gefüllte Sektflöte in der Hand ging sie in ein Nebenzimmer, in dem mehrere Bücherregale und ein bequem aussehender Ohrensessel standen. Neben dem Sessel stand noch ein kleiner Beistelltisch. Auf eben diesem stellte sie ihr Glas ab und ließ sich gleichzeitig in den Sessel sinken. Ach, es war definitiv schön ihre Füße in den Highheels einmal richtig zu entlasten. Eins stand fest, ein Partylöwe, der seine Wochenenden mit solchen Veranstaltungen füllte, würde aus ihr nie werden. Sicherlich war das ganze ab und an recht unterhaltsam, mehr jedoch auch nicht. Dennoch würde sie nächsten Freitag auf eine ähnliche Veranstaltung gehen, rief sie sich ins Gedächtnis. Obwohl da die Dinge wohl ein wenig anders Lagen, da Rupert Gastgeber war. Was sollte das nur geben. Zumindest mittelfristig musste sie sich entscheiden, ob sie auf seine Werbungen ansprang. Aber bis Freitag war ja noch Zeit. Zunächst einmal würde Zora sie besuchen. Sie würde überhaupt der erste Übernachtungsgast in Janes Wohnung. Das würde Jane ihr jedoch mit Sicherheit nicht auf die Nase binden.

Innerhalb weniger Augenblicke war Janes Hand auf der Suche nach ihrem Handy in ihre Handtasche gewandert. Sie checkte ihre Nachrichten und siehe da, Zora hatte sich gemeldet.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt