Achtzig

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Als der Abspann lief lachte Liv leise auf. „Ach, dass waren noch Zeiten, als Robsten noch aktuell war." Zora schluckte. Das war ihr einziger Gedanke, während des gesamten Films gewesen. Das Kristen Steward mittlerweile mit ihrer Assistentin ausging, oder es zumindest getan hatte. Die Geschichte war so groß durch die Medien gegangen, dass selbst sie es mitbekommen hatte, auch wenn sie sonst eigentlich nichts so up to Date mit den Promis war. Nicht so Liv, die kam in dieser Beziehung dann doch nach ihrer Mutter und war immer auf dem Laufenden. „Naja, die Beziehung war ja von vorn herein zum Scheitern verurteilt, wenn man so in der Öffentlichkeit steht, kann das ja nicht gut gehen. Aber schon verdammt lustig, dass die Protagonistin von so einem ultra-christlich motivierten Franchise, eine Lesbe ist. Das nennt sich dann wohl Karma."

Und auch das war Liv; sie konnte zwar durchaus viel zu viel Begeisterung für klischeegeladene Filme und Serien mit fragwürdiger Handlung aufbringen, war sich dabei jedoch immer der Hintergründe bewusst.

„Ultra-christlich?", echote Zora verwirrt. Liv bedachte sie mit einem tadelnden Blick. „Stephanie Meyer ist Mormonin. Komm schon, das sollte man wissen. Sieht man doch auch ganz klar in der Story. Kein Sex vor der Ehe. Dieses ellenlange Rumgeeier, bis die sich überhaupt mal küssen. Sie haben sich beide füreinader aufgespart, dazu dass sich quasi Bellas gesamte Existenz nur um Edward dreht. Das trieft doch alles nur so vor christlich-fundamentalistischen Wertvorstellungen."

Ganz im Gegensatz zu Zora, wie es schien. „Oh... Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht.", „Haben wohl die wenigsten. Da ist nur relevant, ob du Team Edward oder Team Jacob bist. Naja Kristen ist das scheinbar auch egal. Die dreht ihre coolen Indiefilme und lässt die Welt rätselraten, ob und wen sie gerade datet." Liv stand auf um den DVD-Player auszuschalten und fuhr dabei fort: „Wobei die echt daten kann, wen sie will. Hast du die neue Chanel-Kampagne gesehen? Der totale Wahnsinn, da werde ja selbst ich schwach."

Dieser Kommentar blieb bei Zora für den Rest des Abends hängen, denn auch wenn Liv vermutlich kaum eine Sekunde darüber nachgedacht hatte gab ihr die Aussage Hoffnung. Sie hatte die besagte Kampagne, als sie nach Hause gekommen war online gesucht und Liv hatte recht gehabt, die Bilder waren wirklich der Wahnsinn. Livs daher gesagter Spruch war natürlich nicht ernst gemeint gewesen, dennoch gab er Zora das Gefühl, dass ihre beste Freundin sie vielleicht akzeptieren würde, wenn sie denn lesbisch wäre.

Der Wecker klingelte um 06:30 Uhr. Heute stand das Gespräch mit Herrn Niggenbölling an. Nach dem Frühstück und zwei Tassen Kaffee schlüpfte sie in ihr Outfit: weißes Oberteil, schwarzer Blazer und ihre Pumps. Ihre Mutter fuhr sie zum Bahnhof, der Zug ging um 08:32 Uhr. Bevor Zora das Haus verließ checkte sie noch ihr Portemonnaie, nach den Fahrkarten und der BahnCard, womit sie gedanklich ganz schnell wieder bei Jane und dem vergangenen Samstagabend war. Das konnte sie nun jetzt gerade wirklich nicht gebrauchen. Sie musste sich konzentrieren und sich so verkaufen, dass sie eine Bereicherung für das Unternehmen darstellte. Somit verdrängte sie jegliche Gedanken an BahnCards und Waldspaziergänge so weit wie möglich.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt