Fünfundachtzig

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Diese Lippen waren so unglaublich weich; und sie wussten, was sie taten. Zora schlang ihre Arme um Janes Hüften, während deren Hände um ihr Gesicht lagen. Zora hatte eigentlich nicht vorgehabt sich so in Rage zu reden, das war auch ziemlich atypisch für sie, es war einfach so passiert; aber wenn Jane sie dann allerdings immer mit einem Kuss ruhig stellte könnte sie das sicherlich in Zukunft noch einmal wiederholen. Zunächst war der Kuss zurückhaltend, fast schüchtern, ganz so als wollte Jane nach diesem Überfall erst noch um eine Form von Einverständnis bitten. Doch als Zora dem nachkam, indem sie den Kuss erwiderte, wenn auch nur dadurch, dass sie ihre Lippen locker ließ und den Mund ein kleines Stück weit öffnete, wurde Jane bestimmter. Zora stand schon bald mit dem Rücken zur Wand , während Janes Zunge drängend über ihre Lippen fuhr und sie gab sich dem hin. Zuerst nur zaghaft und dann mit mehr und mehr Mut begann sie einen Teil der Kontrolle zurück zu gewinnen. Hatten ihre Hände bisher nur auf Janes Hüften gelegen, wanderten sie jetzt an deren Oberkörper hinauf und zogen diese noch näher an sich.

Es war ein Strudel der Verzweiflung, der schier unüberwindbaren Differenzen und unausgesprochenen Worte, ein Versuch sich Mitzuteilen und über die Selbstzweifel, die Angst, die Verwirrung hinweg zu kommunizieren. Zora war noch nie auch nur ansatzweise so geküsst worden. Bisher hatte sie sich immer klaustrophobisch, beinahe hilflos und angegriffen gefühlt, wenn sich jemand in vermeintlicher Leidenschaft und Begierde an sie gedrängt hatte. Hatte die meist angetrunkenen Herren auf Partys erst in drei Fällen gewähren lassen, das auch nur zu Versuchszwecken, bzw. aus Mangel an Alternativen und es hinterher jedes Mal sofort zutiefst bereut. Doch jetzt fühlte sie sich ehrlich begehrt, in der Leidenschaft gefangen. Sie beherrschte die Situation und war doch völlig ausgeliefert. Wusste rein rational, wie abwegig und aussichtslos das alles war und ging dennoch voll im Moment auf. Jane beendete den Kuss schließlich, indem sie ihre Lippen von Zoras und löste. Zora hob ihre gesenkten Augenlider langsam wieder und blickte in Janes funkelnden grünen Augen. Sie standen immer noch unglaublich nah voreinander, ihre Körper berührten sich frontal auf ganzer Linie. „Ich wollte dich nicht beeindrucken, oder verführen, aber ich bin froh, dass es geklappt hat.", hauchte Jane ihr ins Ohr und grinste sie dann schief an. Auch Zoras Mundwinkel hoben sich. „Das heißt du hast meine Bewerbungsunterlagen ernsthaft geprüft?", „2,2er-Schnitt, Deutsch und Mathe LK. Dein bestes Fach ist Geschichte.", antwortete Jane ohne mit der Wimper zu zucken. „Gut.", befand Zora schmunzelnd. „Dann trinkst du deinen Kaffee noch mit mir?", fragte Jane mit übertrieben hochgezogenen Augenbrauen. „Hm.", wägte Zora mit einem Neigen des Kopfes ab. Jane grinste „Na komm.", und wollte Zora wieder mit sich in Richtung Küche ziehen. Doch Zora hielt sie auf, zog sie wieder einen Schritt zu sich zurück und stellte sich übermütig auf ihre Zehenspitzen, um Janes Lippen noch einmal mit ihren zu streifen.

Das war der erste Kuss, den Zora initiiert hatte. Mit einem fast schon dümmlichen Grinsen im Gesicht griff sie nach Janes Hand und gemeinsam gingen sie wieder in die Küche. Dort berichtete Zora dann noch einmal in Ruhe und ohne bissigen Unterton von dem Bewerbungsgespräch. „Dann habe ich dich ja bald ganz in der Nähe.", sagte Jane, begleitet von einem fast schon verschwörerischen Blick, als Zora ihr von dem Apartment und dem Termin, an dem sie beginnen würde erzählte. „Noch habe ich nicht unterschrieben.", kommentierte Zora neckend. „Vielleicht falle ich ja auch am Dienstag durch meine mündliche Prüfung.", „Gaanz bestimmt.", bestätigte Jane lachend und ging somit auf den Sarkasmus ein. „Ich dachte ich habe so viel Potential und bin so intelligent?", fragte Zora provozierend forsch. „Da sage ich nichts mehr zu, da bekomme ich nur Ärger.", wandte Jane sich aus der Affäre und drückte Zora noch einen Kuss auf. Danach trank Zora ihren letzten Schluck Kaffee, stellte die Tasse in die Spüle und fuhr fort: „Was machen wir denn jetzt noch? Ich meine wo du deine Termine schon abgesagt hast müssen wir den Nachmittag doch nutzen."

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt