Einhundertelf

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Nachdem die Shoppigtour überstanden war, blieb ihnen noch mehr Zeit, als Zora ursprünglich kalkuliert hatte. Somit machten sie noch einen spontanen kulturellen Ausflug. Liv hatte binnen weniger Minuten eine Kunstausstellung aufgetan, die sie sehen wollte. Zora stimmten ohne groß zu überlegen zu. Liv hatte schließlich bedeutend mehr Ahnung von der Materie.

Als sie dann allerdings in das beeindruckende Foyer traten und ihre Karten kauften, die sie dank Schülerrabatt quasi umsonst bekamen, fiel der Groschen bei Zora endlich. „Worum ging es bei dieser Ausstellung noch gleich?", „Um krebskranke Kinder, wieso?", antwortete Liv, während sie sich aus ihrem Mantel schälte. Sie standen an der Schlange vor der Garderobe. Zora blickte sich im Raum um und zog ihr Handy hervor. Sie fand den Namen der Galerie auf einem Flyer in Sichtweite. Google bestätigte dann ihre Vermutung. „Jane hat mir von der Ausstellung berichtet. Sie war bei der Eröffnung und total begeistert.", erklärte Zora sich. „Ach, dann ist Jane kunstbegeistert?", „Eher kunstinteressiert. Das war soweit ich sie verstanden habe eher ein soziales Event. Ich habe dir doch von der gigantischen Party erzählt; dem Gastgeber gehört die Galerie hier.", fuhr Zora fort.

Sie waren an der Reihe. Liv gab gerade ihre Tasche ab, weshalb Zora ihr Gesicht nicht sah, aber zumindest aus ihrer Tonlage sprach leichter Unglauben mit einer Portion Anerkennung. „Deine Jane verkehrt ja echt in den richtigen Kreisen. Wer hätte gedacht, dass du mal diejenige von uns Beiden bist, die so einen Statusmenschen datet." Liv boxte Zora freundschaftlich mit dem Ellenbogen in die Seite. „Hey, sie ist kein Statusmensch.", verteidigte Zora sie sofort, wobei sie sich im wesentlichen über das 'deine Jane' freute. Auch wenn es definitiv zur Debatte stand, ob dieser Ausdruck schon so anzuwenden war, gefiel er Zora doch sehr. Liv sah sie unterdessen mit neugieriger Skepsis an, während sie die Treppe zur eigentlichen Ausstellung hin erklommen. Nachdem Zora schwieg, führte Liv ihren Ansatz noch einmal weiter aus: „Nach meinen bisherigen Informationen ist die Gute eine sehr erfolgreiche Geschäftsfrau, wohnt in einem traumhaften Loft, fährt ein sündhaft teures Auto und treibt sich auf exklusiven Partys rum."

Na gut, wenn Liv das so formulierte, klang die Aufzählung schon recht materiell fokussiert und das war natürlich auch irgendwie Teil von Janes Gesamtpaket und Charme, aber darum ging es Zora ehrlich nicht. „Weil deine Familie ja auch am Hungertuch nagt.", konterte Zora lachend. „Das habe ich nie behauptet.", gab Liv umgehend zurück. „Aber du kannst mir auch viel erzählen, so lange niemand Jane kennt." Liv grinste sie verschlagen an. „Dann kannst du dich ja morgen selbst davon überzeugen, wie umwerfend sie ist.", erwiderte Zora und genoss zugegebenermaßen den ziemlich überrumpelten Gesichtsausdruck ihrer besten Freundin. „Morgen?", echote diese dann. „Ja, morgen. Wir wollen Mittagessen, bzw. Brunchen. Mal sehen, wozu wir Zwei morgen wann in der Lage sind." Jetzt war es Zora, die Liv freundschaftlich in die Seite boxte.

Liv machte einen Mini-Freudensprung. „Dann seit ihr zwei jetzt so richtig...? Ich meine als was treffe ich die morgen? Uhh. Ich freue mich so für dich!" Liv rüttelte Zorra aufgeregt am Oberarm, wofür sie von einem der Museumsaufseher prompt einen bösen Blick kassierte. Zora hob beschwichtigend ihre freie Hand an ihren Mund. „Scht... Das wäre doppelt peinlich, wenn wir hier rausfliegen, wo ich Rupert persönlich kenne." Sie warf Liv einen weiteren mahnenden Blick zu, da diese – offensichtlich völlig aus dem Häuschen – weiter nachhaken wollte, wie Zora dazu kam den milliardenschweren Investor zu duzen. Glücklicherweise blieb diese daraufhin ruhig und Zora fuhr fort: „Und nein, wir sind noch nicht so richtig... Zumindest haben wir darüber noch nicht gesprochen, aber Jane fliegt morgen Abend geschäftlich nach München und wir sehen uns vermutlich die ganze nächste Woche nicht. Da wollte wir uns wenigstens morgen nochmal kurz sehen. Außerdem will sie dich kennenlernen und ich will auch, dass du sie kennenlernst. So und jetzt Kunst!" Zora wies auf die Wand mit den ersten Fotos.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt