Achtundsechzig

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Jetzt schmunzelte diese. „Du bist wirklich zu gut für diese Welt." Nun lächelte auch Zora. Sie freute sich über dieses Kompliment, tat es dann aber doch mit einem locker-witzigen Spruch ab: „Oder ich bin eine verrückte Einzelgängerin, die ihre Nächte mitten im Nirgendwo im Wald verbringt und der jegliches Verständnis für Teenie-Dramen fehlt." Jane lachte nun richtig. „Dem muss ich widersprechen. Alleine schon, weil ich sonst auch in diese Kategorie fallen würde." Auf Zoras fragenden Blick hin fuhr sie fort: „Als ich noch hier gewohnt habe war ich viel in den Wäldern unterwegs, den Kopf frei kriegen. Zwar im wesentlichen tagsüber, aber die Uhrzeit macht da wohl kaum einen Unterschied."

Was sagte man dazu, Jane die Einzelgängerin. Obwohl Zora schon allein daran scheiterte, sich Jane als Teenagerin in einer Schulumgebung vorzustellen. Aber Jane wirkte einfach wie jemand, der immer die Zügel in der Hand hielt und die Richtung vorgab, wobei genau das vermutliche erklärte, dass sie auch mal einen Moment für sich brauchte. Zora grinste. „Dann sagen wir ich bin eine aufgeschlossene Introvertierte.", „Schon besser.", bestätigte Jane. „Außerdem musst du das wirklich genießen so lange du noch hier wohnst. Man nimmt das leicht einfach so für selbstverständlich, aber wenn man dann in der Stadt wohnt, vermisst man es ziemlich. Ich weis nicht, wann ich das letzte mal durch einen Wald gelaufen bin." Sie lies ihren Blick durch die Küche schweifen. „Na jetzt bist du doch hier.", antwortete Zora spontan ohne groß darüber nachzudenken. Jane hielt kurz inne, bevor sie antwortete: „Da hast du auch wieder recht, ich wüsste aber am Ende gar nicht mehr, wie ich auf den Berg hochkomme.", „Den Berg?", echote Zora irritiert. „Naja Berg trifft es wahrscheinlich nicht ganz. Aber es gibt doch diesen Punkt, wenn man hoch in Richtung Lauwald geht, von dem aus man die ganze Stadt überblicken kann.", erklärte Jane, doch Zora zuckte nur mit den Schultern und schüttelte leicht den Kopf, um zum Ausdruck zu bringen, dass sie keine Ahnung hatte, wovon Jane sprach. „Wir bewegen uns aber auch immer soweit wie möglich von jeglicher Zivilisation weg. Je weniger künstliche Lichter, desto mehr sieht man im Teleskop.", „Logisch, das ergibt Sinn. Aber dann warst du noch nie da oben und hast über den Ort geblickt?"

Irgendwie hatten sie dann im weiteren Verlauf des Gesprächs beschlossen, dass es unverzeihlich war, dass Zora diese Erfahrung noch nicht gemacht hatte und Jane auch unbedingt mal wieder raus in die Natur musste. Somit saßen sie nun in Janes Auto, auf dem Weg raus aus dem kleinen Örtchen. Jane hatte Zora die Verantwortung für die Musikauswahl überlassen und nun schallte das letzte Fall Out Boy Album durch das Innere des Fahrzeugs. Es war allerdings Jane gewesen, die die Lautstärke voll aufgedreht hatte. Zora blickte lächelnd aus dem Fenster, dieser Abend schien ja doch noch mehr bereit zu halten, als einen Serienmarathon in ihrem Bett. Jane bog bald von der Straße auf einen Waldweg ab und kam schließlich vor einer Schranke zum stehen. „Vielleicht sollten wir das mit dem 'verrückt' doch nochmal in Betracht ziehen.", sagte Zora, während sie aus dem Auto stieg. Jane zog leicht spöttisch die Augenbrauen nach oben. „Bekommt da jemand kalte Füße, weil er keine Kondition hat?", „Nein, nein. Alles gut." Zora schlug die Beifahrertür zu. Jane zog ebenfalls die Fahrertür zu und schloss das Auto ab. „Dann ist ja gut. Ich garantiere nämlich für nichts, was meinen Orientierungssinn angeht.", „Na dann nichts wie los!", erwiderte Zora. Gemeinsam liefen sie um die Schranke herum und folgten dann dem weiteren Verlauf des Weges die Steigung hinauf.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt