Einundneunzig

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Zora zuckte nur erneut mit den Schultern und starrte auf ihre Hände, die auf dem Tisch lagen. Dem gab es nichts mehr hinzuzufügen. Da legte sich Livs Arm um ihre Schultern. „Hey", ihre beste Freundin schüttelte sie leicht, bis sie zu ihr aufblickte. „Ich freue mich für dich. Was auch immer das noch gibt, oder eben nicht. Du kannst doch nicht ewig als Eisprinzessin alleine bleiben." Sie drückte noch einmal Zoras Schultern. „Und Mann, Jane Neuhäuser! Ich meine man kann klein anfangen, oder sich direkt nach ganz oben orientieren. Ich meine wow. Die Frau ist... Das nennt man dann wohl das Gesamtpaket." Sie sah Zora aufmunternd an. Diese lehnte sich an Liv und spürte, wie ihr eine kleine Träne aus dem Augenwinkel lief. Sie hätte nie gedacht, dass das so einfach ablaufen würde und wie befreiend es sich anfühlte, dass Liv Bescheid wusste. Hier saßen sie nun in einer dunklen Ecke einer schangeligen Bowlingbahn und Zora war, als ob sie zehn Kilo verloren hätte, solch eine Last fiel von ihren Schultern ab. „Schließ mich nur nicht aus.", fuhr Liv fort. „Ich sehe ja, dass es dir jetzt gut geht. Nur melde dich, wenn es dir mies geht. Lass mich teilhaben. Ich bin deine beste Freundin verdammt. Und wenn dir diese Jane wehtut, schieße ich die zum Mond." Zora schmunzelte über Livs deutliche Ausdrucksweise und wusste wirklich nicht, womit sie so eine perfekte beste Freundin verdient hatte. Denn was konnte einem noch passieren, wenn man einen solchen Rückhalt hatte. Sie saßen für eine Weile einfach nur schweigend da, und Zora war froh, dass niemand von ihren Mitschülern ihnen groß Beachtung schenkte.

Zora räusperte sich, um ihre Fassung wieder zu finden. Sie war immer noch erfüllt von Dankbarkeit für die Akzeptanz, die Liv ihr entgegen brachte. Sie wusste gar nicht wohin mit ihren Gefühlen, was im totalen Gegensatz zu ihrem sonst immer völlig gefassten Selbst stand. Aber Liv hatte schon recht: So verzaubert und angetan sie auch von Jane war, so sehr ihr Magen flatterte, wenn sie nur an Jane dachte. Freunde, die bedingungslos zu einem hielten waren mindestens genauso wichtig, wenn nicht gar wichtiger. Ein brüchiges „Danke." war zunächst alles, was Zora zustande brachte.

„Hast du wirklich geglaubt, dass mich das jucken würde?", fragte Liv ein bisschen gekränkt. Zora schüttelte den Kopf, unfähig einen vollständigen Satz zu formulieren. „Gut, das will ich doch wohl auch meinen. Ich will doch wissen, was in deinem Leben passiert, erst recht, wenn eine super-heiße ältere Geschäftsfrau involviert ist. Da kannst du mich nicht völlig im Dunkeln stehen lassen.", fuhr Liv in ihrer gewohnt sensationslüsternen Manier fort und blickte zu Zora. Diese holte einmal tief Luft, um sich zu sammeln, bevor sie antwortete. „Wir waren in Altena, also am Dienstag, haben die Burg Altena besichtigt." Livs Augenbrauen schossen nach oben. „Ihr habt eine Burg besichtigt?", echote sie somit leicht perplex. Zora lächelte in sich hinein. „Ja, wir haben eine Burg besichtigt.", bestätigte sie. „Ich wollte das immer schonmal machen und Jane war der Auffassung, dass ich mit dieser Bildungslücke unmöglich weiter leben könnte. Also hat sie sich den Tag frei genommen und mich nach der Schule abgefangen." In ihrer Stimme schwang definitiv Stolz mit. Sie war Jane so wichtig, dass diese sich derart viele Gedanken machte und eine solche Aktion plante. Liv schüttelte lächelnd den Kopf. „Okay, ihr habt eine Burg besichtigt. Kulturprogramm als erstes Date. Dann scheint es ja zu passen, wenn ihr das beide als spaßige Freizeitbeschäftigung erachtet.", „Naja, wir waren auch schon einfach nur im Kino, es muss nicht immer so hochtrabend sein.", verteidigte Zora sich schmunzelnd. „Äußerst bodenständig.", kommentierte Liv. „Das schiebt ihr dann ein, wenn gerade kein Champagnerempfang ansteht?", schob sie noch lachend hinterher.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt