Sechzehn

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Vor ihnen lag über eine halbe Stunde Fahrt, da das Kino erst im nächstgrößeren Ort lag. Nachdem Liv ausgeparkt hatte drehte sie die Radiolautstärke ein wenig runter. „Hast du eigentlich mittlerweile eine Idee, was du nach dem Abi machen möchtest? Und sei ehrlich, ich bin keine nervige Berufsberaterin, oder deine Mutter, sondern deine beste Freundin." Liv lächelte Zora aufmunternd an. „Ich soll ehrlich sein? Voll und ganz ehrlich?! Dann habe ich absolut keine Ahnung. Ich werde mir den Sommer über möglichst viele Unis ansehen, ein Paar Praktika machen. Ich habe sogar schon ein Angebot in einem Architekturbüro in Düsseldorf.", „Echt?", „Du hast mir gar nicht erzählt, dass du dich schon um Praktika beworben hast.", Liv wirkte fast ein wenig beleidigt. „Habe ich auch nicht, dass hat sich so ergeben." Liv blickte, in soweit es ihr während der Fahrt möglich war, irritiert zu Zora herüber. „Einfach so ergeben?", echote sie. Zora begann nach der Visitenkarte zu kramen und hielt sie Liv vor die Nase. „Hier." Dann las sie den Firmennamen vor: „Neuhäuser Architektur. Jane Neuhäuser." Liv machte große Augen. „Wow. Wie bist du denn da ran gekommen? Das ist eines der renommiertesten Architekturbüros in Düsseldorf. Bekannte haben sich von denen das Haus planen lassen. Für das Geld, was die Planung gekostet hat bauen andere ein ganzes Haus." Zora zuckte nur mit den Schultern. „Dieses Jane ist ein Gast aus der Alten Mühle. Die hat hier ihre Eltern besucht und mir ihre Karte gegeben." Liv schüttelte fassungslos den Kopf. „Wie kann man nur so viel Glück haben?"

Am Kino angekommen bekam Liv dann ihre lang ersehnte extra große Portion Popcorn. Zora nahm die kleinen Nachos und dann ging es in den Film. Dieser war eine seichte amerikanische Komödie, weder gut noch schlecht. Anschließend ging es dann noch in eine Cocktailbar.

Am Sonntag schlief Zora genüsslich aus, faulenzte dann auch den Nachmittag über und machte sich dann mit dem Fahrrad auf zu Nat. Seine Familie wollte das erste Mal in diesem Jahr Grillen. Bei Nat angekommen ging Zora geradewegs in die Küche durch. „Hallo Zora. Schön, dass du da bist. Nat ist noch oben.", wurde sie von Nats Mutter begrüßt. „ Hi, danke. Kann ich hier noch was helfen?" Doch Nats Mutter schüttelte den Kopf. „ Nein, geh ruhig hoch. Ich bin hier so gut wie fertig." Vor ihr auf dem Tisch standen zwei Salatschüsseln und mehrere Dips und drei Baguettes. „Okay.", erwiderte Zora nur und verschwand nach oben in Nats Zimmer. Sie gehörte hier praktisch zur Familie und hatte Nats Eltern immer gemocht. Das alte Bauernhaus war urig und gemütlich, die Atmosphäre immer einladend. Auch wenn Nats kleiner Bruder Julian einem teilweise echt auf den Zeiger ging, war sie hier doch immer gerne zu Gast. „Hey. Sag nicht, du bist immer noch am Arbeiten!", begrüßte sie ihren besten Freund. „Hi, du bist aber früh dran. Das sind nur Uniunterlagen." Zora stellte sich neben Nat an den Schreibtisch und begutachtete die Mappen und Zettel, die vor ihr lagen. „Wozu das alles?", „Naja, ich bin ja immer noch unsicher, an welche Uni ich wirklich will, und ob ich überhaupt genommen werde ist nochmal eine ganz andere Frage. Außerdem muss ich mich für die Eignungstests anmelden, und im Blick haben, was jeweils verlangt wird, um mich entsprechend vorzubereiten.", „Aber du hast doch noch nichtmal alle Abiprüfungen geschrieben. Und die nehmen dich doch eh alle, du wirst dir am Ende die Uni frei auswählen können, da bin ich mir sicher.", „Einige Menschen sind halt organisierter als andere.", kam es von Nat frech zurück, wofür er sofort einen bösen Blick erntete. „Na schönen Dank auch.", erwiderte Zora leicht geknickt, schließlich hatte er einen wunden Punkt getroffen. Doch Nat, ganz der Gentleman beschwichtigte sie sofort wieder, indem er seinen bissigen Kommentar entschärfte: „Gut, vielleicht bin ich auch ein klitzekleines Bisschen früh dran. Ich weis dein Vertrauen in mich ja auch wirklich zu schätzen, aber ich bin halt gerne vorbereitet; und was ich jetzt schon fertig habe muss ich später nicht mehr machen." Zora, die Nat nie wirklich böse sein konnte, lenkte ein. „ Na gut du Streber, aber jetzt komm mit raus. Oder willst du nur noch Salat und Brot essen?" Nat schmunzelte. „Ich könne erstmal ein Bier vertragen.", damit schlug er die vor sich liegende Kladde zu. Zora stutzte: „Physik an der Universität Bonn?", las sie fragend vor. Nat zuckte nur mit den Schultern und schob die Kladde in das neben dem Tisch stehende Regal. „Wie gesagt, ich informiere mich." Zora sah ihn leicht fassungslos an. „Aber ich dachte Pharmazie ist fix?"

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt