Zweiundneunzig

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Zora stand vor ihrem Kleiderschrank, ihr Koffer lag auf dem Bett. Sie musste zum Glück nur für zwei Wochen packen, dann würde sie für das Schützenfest wieder ein Wochenende nach Hause kommen. Außerdem hatte Harald ihr versichert, dass sie 'diesen ganzen Modezirkus' lassen könnte, während er auf ihr Outfit gewiesen hatte. Somit musste Zora nicht Amok laufen im Versuch auf die schnelle eine Garderobe mit bürotauglichen Outfits zusammenzustellen. Die einzige Anforderung, die er gestellt hatte, war festes Schuhwerk gewesen, was im Labor durchaus einleuchtete.

Trotzdem packte sie noch zwei schickere Outfits ein, immerhin wollte sie nicht noch einmal so unvorbereitet dastehen, wie vor Ruperts Party. Nach einer knappen halben Stunde hatte sie fertig gepackt und ging ins Bett. Sie konnte jedoch nicht einschlafen, so häufig sie auch versuchte ihre Augen endgültig zu schließen. Sie war einfach zu aufgeregt und von nervöser Vorfreude erfüllt. Mit Jane telefoniert hatte sie heute nicht mehr, diese hatte den ganzen Tag gearbeitet. Es gab wohl größere Unstimmigkeiten mit einem Kunden, aber davon konnte Jane ihr ja morgen mehr erzählen; und Zora sollte ja wohl einen Tag überleben, ohne mit Jane zu sprechen. Zudem hatten sie sich ja immerhin Nachrichten geschrieben, dennoch war sie versucht Jane anzurufen, auch wenn diese vermutlich immer noch an ihrem Schreibtisch saß.

Sie ließ es bleiben, schließlich wollte sie nicht zu aufdringlich rüber kommen, auch wenn sie das einiges an Disziplin kostete. Letztendlich schlief sie nur wenige Stunden, bevor ihr Wecker klingelt, da sie sich schon früh am morgen nach Düsseldorf aufmachte. Bereits um kurz nach acht war sie bei dem Apartment angekommen. Es lag wirklich super zentral, war klein, aber durchaus wohnlich. Doch Zora schenkte der Einrichtung keine weitere Beachtung, stellte lediglich ihr Gepäck ab und warf einen prüfenden Blick in den Badezimmerspiegel, bevor sie wieder aufbrach. Sie begab sich direkt zum nächsten Bäcker, wo sie eine Auswahl an Brötchen kaufte, um dann auf direktem Weg zu Jane zu fahren.


Als sie im Bus saß kamen ihr kurz Zweifel, wie angemessen es war am Sonntagmorgen unaufgefordert zu Frühstück aufzukreuzen; diese verdrängte sie jedoch, schließlich war sie jetzt schon auf dem Weg und so ziemlich jeder Mensch freute sich, wenn er morgens Brötchen gebracht bekam, vor allem, wenn man am Vorabend bis spät in die Nacht gearbeitet hatte. Jane reagierte dann auch perfekt getimet kurz bevor Zora angekommen war auf deren 'Guten Morgen'-Nachricht und war demnach zumindest schon einmal wach. Ohne sich die Zeit zu geben die Aktion noch kurz vor Schluss abzublasen, klingelte sie umgehend bei Jane, als sie vor der Haustür stand. Nach einigen quälend langen Augenblicken rauschte es in der Gegensprechanlage. „Hallo?", erklang eine noch eindeutig ziemlich verschlafene Jane.

Allein der klang dieser Stimme zauberte Zora ein Lächeln ins Gesicht und ließ alle Zweifel an diesem unangekündigtem Besuch verblassen. „Guten Morgen. Ich nehme an du hast noch nicht gefrühstückt?"

Als Jane ihr dann wenig später die Wohnungstür öffnete sah man ihr an, dass sie gerade erst aus dem Bett gestiegen war und zudem vermutlich nicht mehr Schlaf bekommen hatte, als Zora. „Guten Morgen.", begrüßte sie Zora ziemlich perplex. „Morgen.", erwiderte diese grinsend. „Ich war mal so frei, dir Brötchen vorbei zu bringen und mich zum Frühstück einzuladen.", dabei hielt sie die besagten Brötchen in die Höhe. Das glückselige Lächeln auf Janes Gesicht war die beste Antwort, die sie hätte bekommen können. Vielleicht nur noch getoppt von dem kurzen, aber bestimmten Kuss, den Jane ihr dann gab, bevor sie sich abwandte. „Komm rein. Ich ziehe mir nur eben etwas warmes über." Zora blickte ihr hinterher, als sie in ihrem Schlafzimmer verschwand. Jane trug lediglich ein weites, cremefarbenes Nachthemd und ihre Füße waren nackt, die Fußnägel perlmuttfarben lackiert. In dem Aufzug sah sie deutlich jünger aus, weicher, vor allem da ihre Wimpern ohne Wimperntusche entscheidend heller waren, was ihr irgendwie einen Teil der professionellen Aura nahm, die sie sonst ständig umgab. Es ließ sie privater wirken.

Zora ging geradewegs in die Küche, begann den Frühstückstresen für zwei Personen zu decken und ließ den Kaffee durchlaufen.

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt