Dreiundvierzig

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Zora war damit beschäftigt ihr Bild von Andy anzupassen. Sie hatte in ihm immer nur die ältere und besser aussehende Version von Peter gesehen. Aber wer ein Maschinenbaustudium in Aachen durchzog musste schon echt etwas auf dem Kasten haben, denn Andy untertrieb mit seine Schilderungen maßlos. Mit ein bisschen was tun kam man da eigentlich durch kaum eine Klausur. „Also ein V+ für dich?", fuhr er fort. Zora nickte. „Cola, Curuba, Zitrone?", „Was ihr da habt, ist mir echt egal.", „Bin sofort wieder da. Nicht abhauen!", damit verschwand er in die Scheune und ließ Zora mit ihrer halb aufgerauchten Zigarette zurück. Wer hätte gedacht, dass Andreas, der einfache Bauernsohn etwas mit seinem Leben anstellte und langfristig aus diesem Kaff rauskommen würde. Zora nahm einen letzten Zug und drückte ihre Zigarette ebenfalls aus. Aber wenn Andy das hinbekam, sollte sie doch auch in der Lage sein ihren Weg zu finden. Sie zog ihr Handy aus der Tasche ihrer Sweatjacke. Jane hatte tatsächlich schon geantwortet:

Sehr schön, dann klappt das ja wie geplant. Weiß du schon, wann du am Mittwoch an der Uni fertig bist? Ich kann dich ja nach der Arbeit aufsammeln. LG

Vielleicht war das ja sogar Zoras Weg, oder zumindest der Anfang davon. Obwohl sie sich wahrscheinlich würde ermahnen müssen, eine Unterscheidung zwischen Jane und dem eigentlichen Beruf des Architekten zu machen. Es wäre sicherlich langfristig ziemlich unsinnig sich einfach nur einzuschreiben, weil sie da eine Architektin kennengelernt hatte, die sie völlig von den Socken gehauen hatte. Nichts desto trotz freute Zora sich wie wahnsinnig auf die drei Tage nächste Woche und tippte sofort ihre Antwort.

Ich bin um 17:00 Uhr durch und kann auch mit Bus und U-Bahn zu dir fahren. Du musst dir da keine Umstände machen, um mich extra abzuholen. Und ich kann mir auch noch in der Stadt die Zeit vertreiben, wenn du länger arbeitest. LG

Zora betrachtete die zwei Häkchen, die anzeigten, dass die Nachricht verschickt worden war. Jane war um 10:32 Uhr zuletzt online gewesen. Das war zwei Minuten her. Vielleicht würde sie ja sofort antworten? Zora erinnerte sich gerade daran, dass sie sich möglicherweise in die Sache reinsteigerte, schließlich hatte Jane an einem Freitagabend mit Sicherheit besseres vor, als ihr zu antworten und sie selbst sollte vermutlich auch im angetrunkenen Zustand keine so wichtigen Nachrichten verschicken, doch da sprang die Anzeige auf 'online' und Sekunden später auf 'schreibt'.

Ach das sind doch keine Umstände. 17:00 Uhr sollte ich schaffen. Du hast doch auch Gepäck dabei, da musst du nun wirklich nicht mit dem Bus fahren. Ich wollte auch noch fragen, ob du irgendwelche Essenswünsche oder Einschränkungen hast.

Zora begann sofort zu tippen.

Danke, mit dem Gepäck hast du vermutlich recht. Aber mit dem Essen musst du wirklich keinen solchen Aufwand betreiben. Ich bin da total pflegeleicht.

Sofort kam die Antwort.

Wenn ich meinem Gast die Restaurantauswahl überlasse kann man das beim besten Willen nicht Aufwand nennen. Selbst Kochen sollte ich sowieso definitiv sein lassen ^^

Zora starrte perplex auf ihr Handydisplay. Zum einen war da der Smiley und was noch viel relevanter war, es gab etwas, das Jane Neuhäuser nicht bis zur Perfektion beherrschte. Das war doch äußerst sympathisch und beruhigend, machte sie menschlicher. „Das scheint aber spannend zu sein." Zora fuhr erschrocken zusammen. „Oh! Ach hi..." Andy war mit ihrem V+ zurück. Schnell tippte sie eine Antwort.

Überrasche mich ;)

„Sorry, ich packs schon weg.", fuhr Zora fort und verstaute ihr Handy wieder. „Ach, ist doch kein Problem." Er öffnete die Flasche mit seinem Feuerzeug und reichte sie ihr. „Hier.", „Danke und doch, mich regt sowas ja selbst total auf. Es gibt nichts unhöflicheres, als in einem Gespräch nur am Handy zu hängen." Andys Mundwinkel zogen sich nach oben und er öffnete sich selbst eine Krombacher Flasche. „Du wirst mir immer sympathischer. Aber dann war das gerade jemand wichtiges?"

fragile (GirlxGirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt