Der nächste Morgen bricht an, somit ein weiterer Tag im Haus D14. Dieser fängt aber etwas anders an als die anderen, denn nachdem ich von Tae geweckt wurde und ich auf mein Handy geschaut habe, sehe ich, dass auf diesem Caspars Name aufleuchtet. Verwirrt blinzle ich ein paar Mal, ehe ich auf seine SMS drücke, die er mir vor ein paar Stunden geschickt hat. Zu dem Zeitpunkt habe ich bereits geschlafen, da ich nach dem Date mit Tae ziemlich müde war.
„Am Wochenende hole ich dich ab. Du bleibst die zwei Tage hier bei mir. Die Herrin möchte dich sehen."
Ruckartig setze ich mich auf und weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.
„Was ist?" Tae schaut mich komisch an, während er verschlafen ein paar Klamotten aus dem Kleiderschrank zieht und diese neben mich auf sein Bett legt. Ich schüttle meinen Kopf. „Nichts... mein Vater holt mich am nächsten Wochenende ab. Ich werde die zwei Tage zuhause verbringen." Mein Freund setzt sich neben mich und hebt seine Augenbrauen. Er sieht mich erstaunt an. „Wirklich?" Ich nicke, während er mich schmollend ansieht. „Dann sehe ich dich da für ganze zwei Tage nicht." Ich grinse schief und gebe ihm einen Kuss auf die Wange.
„Du wirst es schon aushalten. Schließlich konntest du gestern schon den ganzen Tag mit mir verbringen."
„Das reicht nicht."
Während ich mit Tae rede, kann ich nicht anders und muss die ganze Zeit an meinen Homunkulus Stamm denken und wie ich dort ganze zwei Tage verbringen werde. Ich war schon seit Monaten nicht mehr dort, genauer gesagt seitdem meine Mission begonnen hat. Seitdem war ich lediglich hier am Internat und nirgendwo anders.
Ich konnte meine Freunde nicht sehen und erst recht nicht mein eigenes Zuhause. Seit mich meine Herrin erschaffen hat, habe ich mit meinem Mentor Caspar zusammengelebt und beim Gedanken daran, dass ich in wenigen Tagen dieses Zuhause wieder sehen werde, wird mir ganz warm ums Herz. Ich bin mir sicher Caspar würde die Augen verdrehen, wenn er wüsste, wie sehr ich mich auf mein Zuhause freue und sich denken was für ein Weichei ich geworden bin. Klar, ich als Homunkulus habe keine wirkliche Familie, schließlich werden Homunkuli künstlich erschaffen und haben somit keine biologischen Eltern, aber als ich klein war, wurde ich Caspar zugewiesen, der mein Vorgesetzter wurde. Somit sehe ich ihn als den Mittelpunkt meines Lebens. Homunkuli sind bekanntlich ziemlich kalte Wesen und das ist bei mir eigentlich genauso. Aber seitdem ich ans Internat und so unter Menschen gekommen bin - oder auch Ghule; man weiß es nicht - bin ich tatsächlich etwas verweichlicht. Nicht, dass ich Heimweh hätte, aber so etwas wie Liebe spüren wir Homunkuli im Gegensatz zu den Menschen seltener. Wir alle werden so „erzogen", da wir von Natur aus sehr starke Wesen sind und Liebe, Zuneigung und Mitleid schwach machen. Homunkuli werden von Tag eins darauf trainiert, immer und überall überleben zu können, zu kämpfen und stark zu sein. Wir Homunkuli sind nicht umsonst bekannt als die stärksten Wesen der Erde und so den anderen überlegen.
Und dass mich die Zeit hier am Internat in dem Sinne schwach gemacht hat, dass ich mich in Tae verliebt und ich Freundschaften geschlossen habe, lässt mich beinahe an meiner eigenen Existenz zweifeln. Ich bin mir sicher, dass Caspar bei seiner Erziehung nichts falsch gemacht hat und die Herrin auch nicht, indem sie mich für diese Beschattung ausgewählt hat, da ich wirklich einer der stärksten Homunkuli bin, die es gibt. Ich weiß, dass es verboten ist, so meine Herrin zu hintergehen, aber das ganze ist einfach nur komplex und vor allem schwer für mich. Ich hätte nie gedacht, dass mir diese Mission so schwer fallen wird, unter anderem weil ich Gefühle für Wesen empfinde, die in unserem Homunkulus Stamm eher selten vorkommen. Klar, wir Homunkuli sind nicht alle Einzelgänger, die sich gegenseitig hassen, aber bei uns steht weder Liebe noch Glück im Vordergrund unseres Lebens. Sich gegenseitig zu lieben oder sich anzufreunden ist also nicht verboten, aber sich als Homunkuli in einen Ghul zu verlieben ist definitiv etwas Verbotenes.
„Vali? Du sitzt da mittlerweile schon seit mehreren Minuten. Glaub mir, ich finde es toll, wenn du bei mir bist, aber ich finde du solltest dich mal langsam umziehen und fertig für die Schule machen." Tae reißt mich aus meinem eher tiefgründigen Gedankengang, sodass ich vom Bett aufspringe. „Du hast recht." Ich sprinte in Zimmer, um mich dort fertig zu machen. „Egal, was für Gefühle ich habe, ich werde diese Mission schaffen. Ich weiß zwar noch nicht so genau, wie das ausgehen wird, aber hoffentlich nicht so schlecht, wie ich glaube", murmle ich, während ich mir ein Oberteil überstreife und daran denken muss, dass ich Tae und die anderen verlieren werde, sofern sich herausstellen sollte, dass das Internat voller Ghule sind. Klar, die Herrin wäre stolz auf mich und das sollte ich im Grunde genommen auch sein, da ich schließlich meine Aufgabe meisterhaft erfüllt habe, aber mein Problem ist, dass ich dadurch Personen, die ich gern habe, verletzte, nie wieder sehen und auch umbringen würde. Und bei dem Gedanken daran, würde ich am liebsten meinen Kopf gegen eine Wand schlagen, weil mich diese komplizierte und schwierige Lage, in der ich stecke, einfach nur fertig macht.
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Fake Mission [BTS FF]
FanfictionValerie wird beauftragt ein Internat zu beschatten und sich als jemanden auszugeben, der nicht ihrem wahren Charakter entspricht. Dass sie dabei ihre sieben Mitbewohner, die sie belügt, ins Herz schließt war allerdings nicht geplant und auch nicht d...