Nachdem ich mich einigermaßen beruhigt und ich mithilfe meiner Regenerationskraft meine von dem ganzen Weinen geschwollenen Augen normal aussehen hab lassen, begebe ich mich wieder in das Wohnzimmer. Caspar schaut mich prüfend an, während ich still den Tisch decke und mich anschließend an diesen setze. Er stellt das Essen auf den Tisch, während wir immer noch schweigen. Er beobachtet mich durchgehend. „Valerie. Ich weiß, dass dich das hart trifft. Und es ist okay." Ich spanne meinen Kiefer an und schöpfe mir die Spaghetti auf meinen Teller. „Mir geht's gut", murmle ich, ehe ich anfange zu essen.
Caspar seufzt und fängt ebenfalls zu essen. „Sie waren deine zwei besten Freunde, ich-"
„Mir geht's gut, Caspar! Ich mein's ernst", sage ich etwas harsch. Caspar bleibt still, da er versteht, dass ich im Moment nicht reden möchte. Auch möchte ich ihm zeigen, dass ich eine starke Person bin. Es wäre furchtbar peinlich als einen sehr guten Homunkulus zu gelten und währenddessen heulend der Herrin gegenübertreten.
Während des Essens sagen Caspar und ich kein einziges Wort mehr. Auch das Abräumen erfolgt sehr schweigsam. Nach diesem verschwinde ich in meinem Zimmer und setze mich dort an das Fenster, während ich zusehe, wie die Sonne langsam untergeht. Ich kann nicht beschreiben, wie schlecht es mir im Moment geht. Ich hätte niemals gedacht, dass ich bei meiner Rückkehr erfahren werde, dass mir zwei sehr nahestehende Personen tot sind. Es ist als würde mich ein riesiger Brocken erdrücken und ich könnte rein gar nichts dagegen machen. James und Silvia waren die einzigen meines Stammes, außer Caspar natürlich, die ich wirklich mochte und denen ich vertraute. Natürlich gibt es hier und da jemanden, mit dem ich mich gut verstehe, aber das mit Silvia und James war etwas viel Intensiveres und Innigeres. Und dass sie mich hier so alleine gelassen haben, macht mich verdammt wütend. Ich bin nicht wirklich wütend auf sie, sondern auf diese abscheulichen Ghule. Sie haben mir meine besten Freunde genommen und das will ich ihnen heimzahlen. Das steigert meinen Hass gegenüber diesen Kreaturen noch mehr. Ich habe nun noch mehr das Bedürfnis meine Mission zu beenden und einen Ghul nach dem anderen umzubringen. Aber sobald mir bewusst wird, dass auch mein Freund und meine restlichen Mitbewohner unter ihnen sein könnten, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter.
Bevor ich aber mal wieder in eine weitere Gedankenkrise gelange, höre ich auf drüber nachzudenken und denke wieder an meine zwei toten Freunde. Vielleicht ist das ja auch Schicksal. Schließlich habe ich den Schülern des Internats vier Personen genommen. Das Schicksal hat sich wahrscheinlich gedacht, dass es mir ebenfalls zwei nehmen wird. „Das nennt sich wohl Karma", sage ich zu mir selbst.
Plötzlich klopft jemand an der Tür. Ich weiß, dass es Caspar ist, es kann ja auch niemand anderes sein. Ich antworte nicht, sondern bleibe still, woraufhin sich die Tür öffnet. „Valerie." Seine klare Stimme hallt von den Wänden meines dunkelblau gestrichenen Zimmers wider. „Morgen früh treffen wir die Herrin. Wir dürfen nicht zu spät kommen. Hast du mich verstanden?" Ich nicke, was Caspar auch sieht, auch wenn ich ihm immer noch den Rücken zugewandt habe. Eine Weile noch bleibt er in meinem Zimmer stehen, ich spüre seinen besorgten Blick, nach einer Weile aber verlässt er dieses und lässt mich in der Dunkelheit und der Trauer alleine. Soll ich Tae anrufen? Ja, das wäre schön, es wäre schön seine Stimme zu hören, aber was soll ich ihm denn sagen? Dass zwei meiner Homunkuli Freunde von Ghulen getötet wurden? Nein, ich möchte ihn da nicht reinziehen. Vielleicht erzähle ich es ihm, wenn ich morgen Abend wieder im Internat bin, aber nicht jetzt. Sonst denkt er sich noch, dass es nötig wäre hier aufzukreuzen und seiner Freundin beizustehen. Und das wäre wirklich das Allerletzte. Falls sie wirklich Ghule sein sollten, würde das bloß zu Komplikationen führen. Das begehrte Telefonat mit meinem Freund muss ich also leider auslassen. Einfache Nachrichten sollten reichen. Und mit solch einer Nachricht von ihm, in der steht, dass er mir eine gute Nacht wünscht, gehe ich auch schon in Gedanken an Silvia und James schlafen.
DU LIEST GERADE
Fake Mission [BTS FF]
FanfictionValerie wird beauftragt ein Internat zu beschatten und sich als jemanden auszugeben, der nicht ihrem wahren Charakter entspricht. Dass sie dabei ihre sieben Mitbewohner, die sie belügt, ins Herz schließt war allerdings nicht geplant und auch nicht d...