Meine Zimmertür ist abgeschlossen und der Raumplan in meinem Besitz. Mit diesem pflanze ich mich auf mein Bett und falte ihn sofort auseinander. Während des Nachhausewegs konnte ich es kaum abwarten, ihn endlich anzuschauen und das Geheimnis um das komische Zeichen zu lüften. Mein Blick gleitet sofort zu dem blassen Zeichen, das auf dem Foto abgeschnitten war. Nun sehe ich es genauer: Es ist ein ovaler, aber sehr blasser Kreis, unten in der Mitte. Neben diesem befindet sich auf der linken Seite ein kleiner Pfeil, der auf diesen zeigt. Verwirrt runzle ich die Stirn und ziehe meine Augenbrauen zusammen. „Was ist das denn?", frage ich, jedoch wird mir im nächsten Moment bewusst, dass ich auch von den anderen Zeichen keinen blassen Schimmer habe, was ihre Bedeutungen angehen. Die Punkte an den Seiten sind mir immer noch ein Rätsel, genauso wenig wie die unterschiedlichen Abstände. Dass die Umrisse die Schule sein sollen, habe ich immerhin schon rausgefunden, aber was der Rest bedeutet; keine Ahnung. Das werde ich aber sicher noch rausfinden.
Ich werde aber aus meinem Gedankengang gerissen, denn ich höre, wie plötzlich jemand an der Tür klopft. Ich schrecke auf, verstecke den Raumplan sofort unter meiner Matratze. „Vali? Warum hast du abgeschlossen?" Schnell stehe ich auf und öffne die Tür. „Ich wollte eigentlich meine Hausaufgaben machen, deswegen habe ich abgeschlossen. Was gibt's?", lüge ich gekonnt. Tae fängt an zu schmollen und verschränkt seine Arme vor der Brust, während wir uns im Türrahmen gegenüberstehen. „Ich wollte eigentlich mit dir kuscheln." Gespielt beleidigt dreht er sich um und will verschwinden, da verdrehe ich meine Augen und ziehe ihn an seinem Ärmel zurück. „Die Hausaufgaben können warten." Bei meinen Worten erhellt sich das Gesicht meines Freundes. Er spaziert fröhlich in mein Zimmer und schmeißt sich auf mein Bett. Sofort schaue ich auf meine Matratze, unter die sich der geklaute Plan befindet. Vielleicht war es doch keine so gute Idee, ihn dort zu verstecken. Aber was für ein Versteck hätte ich denn bitteschön innerhalb von wenigen Sekunden finden können? Die Tür schließe ich hinter ihm und lege mich zu ihm auf mein Bett. Tae hat sich auf den Rücken gelegt und starrt die Decke an, sodass ich meinen Kopf auf seinen Bauch ablege und ebenfalls an die Decke gucke.
Für einige Sekunden bleibt es still und wir genießen die Ruhe, Tae aber unterbricht diese Stille, in dem er tief Luft holt. Ich hebe meinen Kopf und setze mich auf. „Was ist?", frage ich. Er streckt seine Arme nach mir aus, sodass ich mich nun in einer anderen Position zu ihm lege. Er lehnt sich gegen die Wand, damit wir uns einander anschauen können und drückt mich an sich. „Wir haben noch nie so wirklich darüber geredet, wie du es findest, dass wir Ghule sind." Ich krampfe mich ein wenig zusammen und denke an den Moment im Krankenhaus, wo Tae mir genau das gesagt hat. „Natürlich haben wir das. Direkt nachdem ich zweimal in Ohnmacht gefallen bin und ihr mich besuchen gekommen seid." Ich grinse etwas, das Tae erwidert, aber schnell wieder ernst wird.
„So meine ich das nicht."
„Wie dann?"
Er scheint nach den richtigen Worten zu suchen. „Ich hab euch doch gesagt, dass es für mich okay ist. Natürlich habe ich mich zuerst erschrocken, da ich als Mensch praktisch euer Nahrungsmittel bin und ich es erfahren habe, nachdem ich fast von Ghulen getötet worden bin", fange ich an, „aber ich weiß, dass ich euch vertrauen kann und ihr mir niemals etwas antun könntet. Deswegen macht es mir nichts aus. Dennoch bin ich unfassbar froh, dass ihr mir das gesagt habt. Als Ghul kann man schließlich auch mit Menschen befreundet sein."
Im Gegensatz zu euch habe ich es noch nicht über's Herz gebracht, es euch zu beichten, dass ich ein Homunkulus bin. Jedoch hängen viele Dinge an diesem Geheimnis, wie mein Ruf und die Mission, ich kann es euch also nicht sagen.
Tae drückt mir einen Kuss auf die Wange. „Wir wollten es dir schon lange sagen, vor allem nach der Aktion mit Jin, als er ausgeflippt ist, als du dich im Internat während des Pranks so stark verletzt und geblutet hast. Wir wollten dir auch schon sagen, dass Jackson, Kai, Johnny und Yongguk auch Ghule waren. Deswegen auch wurden sie von einem Homunkulus getötet."
Nämlich von mir.
Ich höre aufmerksam zu. „Und es tut mir unendlich leid, dass wir es so lange geheim gehalten haben." Bei diesen Worten schmerzt mein Herz. Nun bin ich diejenige, die sich nach vorne beugt und Tae küsst. „Ihr hatte einen guten Grund dazu. Ich bin nämlich fast die einzige auf diesem Internat, die kein Ghul ist. Außerdem weiß ich, dass euch von Herrn Smith gesagt wurde, dass ihr es niemandem verraten dürft. Da ist es doch selbstverständlich, dass ihr es mir nicht sagt, vor allem, weil ich am Anfang eine Fremde für euch war", sage ich. „Aber, sag mir, warum werden hier überhaupt Menschen auf dem Internat aufgenommen?", frage ich interessiert. Tae sieht so aus, als hätte er bereits auf diese Frage gewartet. „Damit es nicht auffällt. Dieses Internat ist doch ziemlich nah an der Zivilisation, deswegen kann es nicht untergehen und nur von Ghulen bewohnt werden. Es wissen viele von diesem Internat, deswegen tun wir auch so, als wären wir ein normales und nehmen unter anderem auch Menschen auf." Ich schmunzle leicht. „Aber nicht um sie zu essen, oder?" Tae lacht. „Nein, auf keinen Fall. Menschen außerhalb des Internats ja, aber nicht die an unserem Internat." Ich schlucke, während mein Schmunzeln verschwindet. „Wie viele Menschen hast du bereits getötet?" Auch diese Frage hat Tae erwartet, wie es aussieht. Bisher habe ich mich nicht getraut ihn das zu fragen, weil ich Angst vor der Antwort hatte, nicht weil ich noch keinen Kontakt mit dem Töten hatte. Das darf er aber nicht erfahren. Er holt tief Luft, setzt sich auf, nimmt meine Hände in seine und senkt seinen Kopf. „Ich wusste, dass du mich das fragen wirst ...", sagt er, „so einige. Ich weiß es nicht auswendig, ich hoffe das reicht dir als Antwort." Ich nicke.
Ich habe schon mehr als genug Ghule getötet, deswegen sind wir quitt!
„Aber du hast keine Angst vor mir, oder?" Besorgt schaut er mich an und bei seinem Anblick zerbricht mir mein Herz, sodass ich ihn augenblicklich zu mir ziehe und lange küsse. Seine weichen Lippen auf meinen beruhigen mich etwas und ihn hoffentlich auch. Als wir uns voneinander lösen, lächle ich ihn an. „Würde ich dich dann küssen?" Er schüttelt erleichtert seinen Kopf. „Tae, ich liebe dich über alles. Egal, ob du ein Mensch oder Ghul bist. Ich vertraue dir. Das letzte, woran ich zweifeln würde, ist dein Vertrauen und das der anderen. Ich sehe dich immer noch als meinen Freund und die anderen als meine Freunde, dass ihr Ghule seid und eigentlich Kreaturen, die mich töten sollten, interessiert mich nicht. Da kannst du dir sicher sein. Außerdem finde ich es immer wieder cool, wenn du mir deine violett leuchtenden Augen zeigst."
Wenn du wüsstest, was für eine Kreatur ich bin.
Tae nimmt mich in den Arm. „Ich bin so froh, dass du das sagst. Ich liebe dich auch. Ich hatte schon Angst, dass ich dich verlieren würde, nur wegen dieses dummen Geheimnisses."
Ein weiterer Stich in mein Herz.
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Fake Mission [BTS FF]
FanfictionValerie wird beauftragt ein Internat zu beschatten und sich als jemanden auszugeben, der nicht ihrem wahren Charakter entspricht. Dass sie dabei ihre sieben Mitbewohner, die sie belügt, ins Herz schließt war allerdings nicht geplant und auch nicht d...