Wenige Tage nachdem Tae und ich uns ausgiebig über ihr Sein als Ghule unterhalten haben, steht erneut ein Treffen mit der Herrin an. Was sie dieses Mal von mir will, ist mir ein Rätsel und ich werde es auch nicht rausfinden, bis ich sie antreffen werde. Ein wenig aufgeregt bin ich dennoch, da das letzte Treffen erst einige Wochen her ist und ich sie normalerweise erst immer nach einigen Monaten wiedersehe. Auch Caspar weiß nicht, was mich erwarten wird. Vor allem habe ich dieses Mal Angst vor dem Treffen, weil ich nicht weiß, was ich ihr und Caspar sagen soll. Ich kann ihnen nicht verraten, dass meine Mitbewohner und alle aus dem Internat Ghule sind, bin aber bisher nicht draufgekommen, wie ich mein Problem lösen könnte. Ich befinde mich weiterhin in einer wahrhaftigen Zwickmühle und weiß nicht, was ich machen soll. Ich habe lediglich beschlossen, Caspar und der Herrin vorerst nichts von dem Raumplan zu erzählen; nicht bevor ich selber weiß, was er zu bedeuten hat. Denn dieser ist äußerst wichtig - das habe ich im Gefühl. Er hat mich neugierig gemacht und ich möchte unbedingt rausfinden, was es mit diesem auf sich hat.
„Schon wieder der Wald, in dem sich mich beinahe verprügelt hat?", frage ich, als wie der Route von letztem Mal fahren und Caspar in den bekannten Wald abbiegt. Sein grüner Wagen rollte über den weichen und dreckigen Waldboden. Er schnauft auf und sagt: „Das hast du aber auch verdient." Ich verdrehe meine Augen.
„Dieses Mal wird sie es sicher noch einmal machen. Ich bin noch kein Stück weitergekommen."
„Du warst noch nicht in der Bibliothek, um dir die Bücher noch einmal anzuschauen?"
Ich schüttle den Kopf, ohne mit der Wimper zu zucken.
Wird das ständige Rumlügen nicht irgendwann langweilig, Valerie?
„Nein, ich habe so einen nächtlichen Ausflug eher vermieden. Bis jetzt gab es auch noch keinen anderen perfekten Moment, in dem ich unauffällig hätte an diese Bücher rankommen können", meine ich seufzend, ehe Caspar auch schon anhält. Zu meinem Glück steht die Herrin bereits da, was bedeutet, dass sie mich dieses Mal eher weniger aus dem Hinterhalt angreifen wird. Mein rothaariger Mentor und ich steigen aus dem Wagen, bevor wir uns auch schon in Homunkuli verwandeln und uns verbeugen. „Seien Sie gegrüßt", sage ich, ehe ich mich auch schon wiederaufrichte. Die Herrin checkt meine Vitalkräfte, wie immer, durchbohrt mich währenddessen mit ihrem eiskalten Blick. Ich schlucke und merke, wie ängstlich ich dieses Mal bin. Ich versuche mir aber nichts anmerken zu lassen. „Hallo, Valerie." Ihr schwarzer Umhang weht ein wenig im Wind. „Ich habe dich wegen zweierlei Dingen hierherbestellt." Gespannt gucke ich sie an. Was ist, wenn sie rausgefunden hat, dass ich sie anlüge und bereits weiß, dass das ganze Internat voller Ghule ist? Augenblicklich rutscht mir bei diesem Gedanken mein Herz in die Hose. Ich versuche mir jedoch nichts anmerken zu lassen. „Zum einen möchte ich wissen, wie es um deinen Zwischenstand steht." Ich blicke kurz auf den Boden, bevor ich auch schon wieder den Kopf hebe und ihr beschämt mitteile, dass sich seit dem letzten Mal nichts geändert hat. Sie sieht mich etwas tadelnd an. „Beim nächsten Mal möchte ich wissen, was es mit diesen Büchern auf sich hat, verstanden?" Ich nicke und bin froh, dass sie trotz dessen ziemlich entspannt reagiert hat. „Meine andere Frage wäre, ob dir in dieser Schule etwas komisch vorgekommen ist." Irritiert schaue ich sie an.
„Wie meinen Sie das?"
„Hast du in der Schule einen Raum gesehen, der na ja ... Dir unauffällig erschienen ist? Etwas, das im Innern dieser Schule seltsam ist?"
Was meint sie?
Ich schüttle den Kopf. „Hast du so etwas wie einen Raum im Keller mit einer Metalltür, in dem ein ovaler Kreis eigeritzt ist, gesehen?"
Ein ovaler Kreis? Warte mal ...
„Nein, nein ... Tut mir leid. Ich werde in nächster Zeit mehr drauf achten." Die Herrin nickt. „Ja, mach das. Denk an die Bücher, wir sehen uns das nächste Mal." Und schon ist sie weg, hinterlässt eine extrem verwirrte Valerie, die das mit dem Raum nicht versteht. Schon wieder hat sie mich wegen des Schulinnern gefragt, aber wieso? Da stimmt doch etwas nicht und ich werde die ganze Fahrt über das Gefühl nicht los, dass es etwas mit dem Raumplan zu tun haben könnte. Und zum ersten Mal seit meiner Ankunft im Internat verspüre ich so etwas wir Misstrauen. Misstrauen gegenüber meiner eigenen Herrin, da ich einen gewissen Verdacht habe, dass es hier nicht mehr nur noch um die Frage, ob sich an dem Souls-Internat Ghule befinden, geht, sondern ... Auch noch um etwas anderes. Etwas, von dem ich keine Ahnung habe ... Noch keine Ahnung habe.
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Fake Mission [BTS FF]
FanfictionValerie wird beauftragt ein Internat zu beschatten und sich als jemanden auszugeben, der nicht ihrem wahren Charakter entspricht. Dass sie dabei ihre sieben Mitbewohner, die sie belügt, ins Herz schließt war allerdings nicht geplant und auch nicht d...