Ich erzähle Tae von Silvia und James. Ich fange damit an ihm überhaupt zu sagen, dass sie tot sind und erkläre ihm dann, wie lange ich sie schon kannte. Selbstverständlich ändere ich ein wenig die Geschichte und sage ihm nicht, dass sie Homunkuli waren. Das würde logischerweise meine ganze Tarnung auffliegen lassen. Ihm zu sagen, dass sie von Ghulen getötet wurden, lasse ich mir aber nicht nehmen. Ich sage ihm, dass sie alleine unterwegs und plötzlich angegriffen wurden. Es mir gestern mein Pseudo-Vater erzählt hat. Währenddessen versuche ich mich zusammenzureißen und nicht zusammenzubrechen, woran ich allerdings kläglich scheitere. Natürlich heule ich durchgehend wie ein Schlosshund und anhand von Taes Gesicht sieht man, dass er das von mir nicht gewohnt ist. Gleichzeitig ist er aber froh, dass ich mit ihm drüber rede und hält mich die ganze Zeit über in den Armen, ohne mich ein einziges Mal loszulassen. Dabei schaut er mich an, bleibt still und hört mir aufmerksam zu. Als ich ihm alles erzählt habe und gefühlt pro Wort zehn Liter geweint habe, schließe ich meine Augen und lehne mich gegen sein Schultern. Währenddessen schluchze ich weiterhin wie ein vierjähriges Kind, das sich den Roller gegen das Schienbein geschlagen hat. Ich habe das Gefühl in einem Albtraum gefangen zu sein und mich immer weiter in diesem zu verlieren. Und das Schlimmste ist, dass ich nicht einmal was dagegen machen kann. Das einzige, was mich tröstet ist Taehyung. Allerdings kann er Silvia und James nicht zurückholen, genauso wenig wie die Herrin es machen kann.
„Vali, es tut mir so unendlich leid. Es tut mir leid, dass du das durchmachen musst. Ich wünschte ich könnte diesen Ghulen den Hals umdrehen und sie eigenhändig umbringen. Aber am allermeisten wünsche ich mir, dich nicht so sehen zu müssen." Tae verteilt sanfte Küsse auf meinem Gesicht, während er spricht. „Ich wünschte, du würdest aufhören zu weinen. Es macht mich so traurig dich so zu sehen. Es zerreißt mir mein Herz, wenn ich dran denke, was für einen Schmerz du gerade spürst. Ich will ihn dir abnehmen, glaub mir, das will." Ich genieße Taes Küsse, während mein Zittern allmählich nachlässt. „Dass du hier bei mir bist und mein erbärmliches Geheule erträgst, reicht mir schon", gebe ich hervor und wische mir über mein tränenüberströmtes Gesicht. Tae dreht mein Gesicht zu sich und schüttelt seinen Kopf. Er hat einen ernsten Blick aufgesetzt. „Dein Geheule ist nicht erbärmlich. Sag das nicht." Ich lächle kurz, ehe ich meinen Blick abwende und auf unsere Hände schaue. Tae lässt das nicht zu und hebt mich am Kinn hoch, damit ich ihn weiterhin anschaue. Etwas unangenehm ist es mir schon, da ich mir ziemlich gut vorstellen kann, wie schrecklich ich aussehen muss. Mit meinen zerzausten Haaren, den geschwollen roten Augen und dem schwachen Ausdruck im Gesicht sehe ich ganz sicher nicht so schön aus, wie an unserem Date im Kino. „Ich bin für dich da. Nicht nur jetzt, sondern immer, verstehst du?" Ich nicke langsam. „Ich bin mir sicher, dass sie nun an einem schönen Ort sind, von dem sie auf dich herab schauen und dich beschützen. Sie sind irgendwo, wo es keine Ghule gibt. Niemand, der ihnen wehtun könnte. Und ich bin mir mehr als sicher, dass sie bis zu ihrem letzten Atemzug an dich gedacht haben und wussten, was für ein toller Mensch du bist. Sie waren sicherlich froh, dich als ihre beste Freundin zu haben und dich gekannt zu haben. Denn ich bin es auf jeden Fall. Ich weiß, was für ein wundervoller und vor allem starker Mensch bist. Deswegen weiß ich, dass du das durchstehen wirst." Ich nicke erneut und schließe erneut meine Augen, während ich mich wieder gegen den Grauhaarigen lehne, seine Worte in meinem Kopf wiederhole und den Fakt ignoriere, dass er immer noch denkt, ich sei ein Mensch. Mehr als nicken kann ich nicht, denn ich muss dran denken, dass Homunkuli anders als Menschen weder in den Himmel noch in die Hölle kommen. Da wir künstlich erschaffene Menschen sind, sterben unsere Seelen mit uns. So etwas wie ein Paradies oder ein Nirvana gibt es für uns nicht. Nach unserem Tod gibt es nur eins: das große Nichts. Aber Tae hat recht; wenn ich wüsste, dass sie tatsächlich in den Himmel gekommen wären, wäre ich sicherlich ein Stück glücklicher. Aber die Tatsache, dass Silvia und James genau das nicht sind, sondern komplett verschwunden, macht mich verrückt. Aber vor allem traurig und lässt meine Fassade als starken Homunkulus in Staub zerfallen. Denn im Moment fühle ich mich als alles andere, aber nicht als starken Homunkulus, der einen nach dem anderen ausschalten könnte - mehr wie ein Schwächling, der zerbrechlich wie Porzellan ist und heulend in den Armen seines Freundes liegt.
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Fake Mission [BTS FF]
FanfictionValerie wird beauftragt ein Internat zu beschatten und sich als jemanden auszugeben, der nicht ihrem wahren Charakter entspricht. Dass sie dabei ihre sieben Mitbewohner, die sie belügt, ins Herz schließt war allerdings nicht geplant und auch nicht d...