Kapitel 6

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Der Gedanke daran, dass sie in ein paar Tagen wieder einmal im Pub die Zapfhähnen bedienen würde, trieb Alice am nächsten Tag in den Pub. Ein Albtraum jagte Alice mal wieder viel zu früh aus dem Bett, weshalb sie die Gelegenheit nutzte, bevor der Trubel los ging, sich in aller Ruhe im Pub umzusehen. Bei ihrer Ankunft, vor einem Monat, war Alice das letzte Mal dort und damals hatte sie keine Augen dafür.
Ein Lächeln, legte sich auf Alice Gesicht, nachdem sie Tür aufgeschlossen hatte und nun im Pub stand. So sehr sie den Trubel immer mochte, genoss Alice auch die Stille darin. Der Pub trug auch dann einen besonderen Zauber in sich. Wenn man die Augen schloss und ganz genau hin hörte, konnte man die Musik, das Lachen und das Anstoßen mit den Gläsern hören. Alice konnte ihren letzten glücklichen und ausgelassenen Moment im Pub und grundsätzlich in ihrem Leben, deutlich vor sich sehen. Es war an ihrem sechzehnten Geburtstag. Sie stand hinter der Bar und hielt freudig strahlend ihr erstes, selbst gezapftes Guinness in der Hand. Ihr Vater, der daneben stand, hätte wohl nicht stolzer sein können. Mit den Worten, das ist mein Mädchen, hob er Alice in die Höhe und wirbelte sie durch die Luft, was ihr ein Lachen entlockte.
Tief atmete Alice durch, öffnete die Augen wieder und ließ ihren Blick schweifen.
Es hatte sich kaum etwas verändert. Hier und da etwas neue Farbe, das wars. Gegenüber der Tür, war die Bar, mit all ihren Zapfhähnen, für die verschiedensten Biere. Es war eine Ewigkeit her, seid Alice das letzte Mal eines getrunken hatte. Dabei hatte sie es immer geliebt. Es gab nichts gemütlicheres, als mit einem halben Pint Guinness im Pub zu sitzen, den alten Geschichten zu lauschen und zwischendurch eine kleine Session zuhören. Das war Irland, wie es Alice nie vergessen hatte. Irland, wie es Alice immer im Herzen tragen würde, weil sie damit aufgewachsen war.
Die Spiegel hinter der Bar waren neu, fiel es Alice auf, als sie ihren neugierigen Rundgang fortsetzte. Auf den Regalen davor, stand der Whisky. Bushmills, Dingle, Kilbeggan und die verschiedensten Sorten aus ganz Irland. Daneben natürlich noch reichlich anderer Alkohol, so auch eine Flasche Baileys. Mit Eis, ein Traum. Alice schüttelte schmunzelnd den Kopf.
Vor der Bar, standen immer noch die alten Barhocker mit den roten Überzügen, die schon etwas abgesessen waren. Links neben der Bar, führte eine Tür nach hinten in die Küche. Eine daneben zu den Toiletten. Dadurch war auch der Pub so aufgeteilt, dass auf der linken Seite, eher gegessen wurde. Die Stühle dort, hatten den Selben, dunkelroten Überzug, wie die Barhocker und Sessel im übrigen Teil des Pubs. Dies war unverkennbar der Einfluss ihrer Mum, dachte Alice, um dem Ganzen etwas Einheit zu vermitteln.
Alice Blick ging weiter durch den Pub. Auf der rechten Seite, war der Teil, für die Gemütlichkeit. Hier saßen alle immer lange zusammen, während den Sessions und auch ohne. Es hatte erhöhte Tische mit Barhockern, sowie niedrige Tische mit Sesseln. In der Mitte, stand ein kleines Podest, auf welchem die Sessions stattfanden. Viel Platz, um zu tanzen, durfte natürlich auch nicht fehlen. Alice Blick schweifte weiter. In der hintersten Ecke stand etwas, was Alice Aufmerksamkeit auf sich zog. Etwas, dessen Klang sie niemals vergessen hatte. Der Gedanke an diesen, versetzte ihrem Herzen einen weiteren Stich.
Alice musste sich mit ihrer Vergangenheit hier und der zusammenhängenden Trauer auseinandersetzen, damit sie abschließen konnte. In mitten dieser prägenden und präsenten Erinnerungen, verstand Alice endlich Claires Worte.
Leicht, so als würde es auseinander fallen, strich Alice über das dunkle Holz. Eine leise Melodie, machte sich in ihrem Kopf breit. Zu oft erklang der helle, warme Ton des Klaviers, wenn sich Alices Mutter an jenes setzte, um ein altes irisches Lied an zustimmen, welches den Pub erfüllte, als dass Alice ihn jemals vergessen konnte. Alice hätte ihr immer stundenlang zuhören können, wie sie spielte und dabei in ihre eigene Welt abtauchte. Das Klavier und mit ihm die lieblichen Klänge verstummten, als Alices Eltern ums Leben kamen. Denn auch Alice selber, hatte sich danach nicht wieder daran gesetzt, um zu spielen. Zu sehr schmerzten die Erinnerungen.
Ob es wohl immer noch so klar und lieblich klang? Gedanken verloren, öffnete Alice den Deckel und ließ ihre Finger über die kühlen Tasten gleiten, ohne ihnen jedoch einen einzigen Ton zu entlocken. In Alice Finger juckte und kribbelte es. Noch einmal, ließ sie ihre Finger über die Tasten gleiten und berührte, hier und da, ein paar Tasten etwas fester. Über Alice ganzen Körper, breitete sich eine Gänsehaut aus und ihr Herz schien kurz zu lachen, als die leisen Töne das Klavier verließen und durch den Raum schwebten. Für den Bruchteil einer Sekunde, sah Alice ihre Mama, wie sie ihr ein Lächeln schenkte, bevor sie gemeinsam ihr beider Lieblingslied spielten.

Irish Heart - Sprache des HerzensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt