Die nächsten Tage und Nächte, waren durch Fieber, welches schwankend war, Schüttelfrost und Hustenanfällen durchzogen. Nichts schien zu helfen, um das Fieber und den Husten, auch nur ansatzweise, in den Griff zu bekommen.
Savannah, unterstützt von Conner, waren rund um die Uhr bei Alice. Tag und Nacht. Sie hatte gerade wieder die Wickel gewechselt, als Conner mit dem Tee kam. „Sie ist schon wieder eingeschlafen.“ Wandte sie sich an ihn.
„Savannah, ganz ehrlich, das Ganze gefällt mir, langsam aber sich, überhaupt nicht mehr.“ Conner stellte den Tee auf den Tisch. „Es gibt keine Anzeichen der Besserung und Alice ist kaum mehr ansprechbar. Sie braucht einen Arzt oder noch besser wäre, wir würden sie...“
„Nein. Nicht ins Krankenhaus. Und Dr. McClary war doch auch schon da.“
„Das reichte, scheinbar nicht. Willst du weiterhin das Leben deiner Schwester in Gefahr bringen?“ Conner konnte nicht verstehen, dass nicht endlich mal gehandelt wurde.
„Du weißt, dass ich das niemals würde.“ Savannah, mit ihren Nerven völlig am Ende, setzte sich in den Sessel neben dem Kamin und vergrub ihr Gesicht hinter ihren Händen.
„Tut mir leid. Natürlich weiß ich das.“ Behutsam, legte Conner seinen Arm um Savannah und zog sie an sich. „Warum kein Krankenhaus?“
„Die mag sie nicht. Mehr, kann ich dir dazu nicht sagen. Das ist Alice Aufgabe. Tut mir leid.“ Savannah wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sah zu Conner hoch.
„Schon in Ordnung. Aber ich denke, es muss sein.“
Savannah nickte nur. „Ich werde Dr. McClary morgen anrufen, dass er sich Alice noch einmal ansehen kommt.“
„Gut.“ Conner war aufgestanden und kniete sich vor den Kamin, um das Feuer wieder mehr zum Brennen zubringen.
Bevor Savannah das Zimmer verließ, drehte sie sich noch einmal zu ihm um. „Weshalb bist du immer noch da?“
Conner sah Savannah fragend an. „Weil du das nicht alleine schaffst.“
„Ich stell die Frage anders. Warum tust du das für Alice? Ich meine, ihr ward bis jetzt, nicht wirklich das, was man Freunde nennen kann.“ Savannah legte den Kopf schräg und sah Conner zu, wie er im Feuer herum stocherte. Er wirkte verspannt. Jeder einzelne Muskel seines Körpers, schien angespannt zu sein. „Erkläre es mir, Conner. Ich verstehe es nicht.“
Seufzend, setzte sich Conner hin und lehnte an die Seite des Kamins. „Ganz ehrlich?“ Savannah nickte. „Ich verstehe es selber nicht.“ Conners Blick, wanderte zu Alice, die unruhig schlief.
„Ich habe also recht.“ Savannah konnte es nicht fassen. Conners Blick sagte so viel mehr, als es Worte gekonnt hätten.
„Mit was?“ Conner sah wieder zu Savannah.
„Du magst Alice.“ Ein sanftes Nicken war alles, was von Conner kam. „Trotz allem?“
„Scheint so, ja.“ Conner raufte sich die Haare. „Dabei habe ich versucht, es zu verhindern und zu verdrängen. Es geht einfach nicht.“ Tränen sammelten sich in seinen Augen. Conners Herz verzehrte sich nach dieser störrischen Frau. Er wollte sie mit jeder Faser seines Körpers lieben und verehren. Verwöhnen und einfach für Alice da sein. Das fühlte er noch nie für eine Frau. Woher dies einfach so kam, wusste Conner auch nicht.
„Komm mal her.“ Savannah kniete sich zu Conner runter und nahm diesen, der wie ein Häufchen Elend am Boden saß, in den Arm.
Auch für ihn, waren die letzten Tage und Nächte nicht einfach und gerade jetzt, da er mal kurz inne halten und sich entspannen konnte, spürte er wie alles, erneut aus ihm heraus brach. Er weinte hemmungslos in Savannahs Armen.
„Es tut mir leid.“ Schluchzte Conner, nach einer Weile und wischte sich mit dem Ärmel seines Pullovers, übers Gesicht.
„Du musst dich doch nicht entschuldigen. Wir haben alle, harte Tage hinter uns. Vor allem du, gönnst dir ja kaum eine ruhige Minute für dich. Was ist mit dir los?“
Conner zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. „Wenn ich das wüsste. Ich weiß nur, dass Alice etwas tief in mir berührt. Etwas, was noch niemand berührt hat. Ich weiß nicht was es ist und weshalb das so ist. Ich kann das alles nicht erklären. Außer, dass es mich verrückt macht.“
„Dann solltest du vielleicht erst recht, etwas Abstand zwischen euch bringen.“
Conner war aufgestanden und sah aus dem Fenster, in die klare, dunkle Nacht hinaus. „Das kann ich nicht. Es ist zu schwer. Dagegen ist bleiben, leicht wie atmen.“
Savannah musste lächeln. Jetzt ergab plötzlich alles einen Sinn. Conners Blicke, seine Reaktion auf Alice Abwehr, sein Verlangen, sie mit einem Kuss zum Schweigen zu bringen und alles was Savannah, in den letzten Tagen und Wochen, in Conners Augen sah, jedoch nicht einzuordnen wusste. „Oje, Conner. Das wird dir jetzt wahrscheinlich nicht gefallen, aber ich denke, dich hat es voll erwischt.“
„Ich weiß. Verdammte Scheisse!“ Conner knallte seine geballten Fäuste gegen die Wand. Alice zuckte stöhnend zusammen. Sofort saß Conner an ihrem Bett und strich ihr behutsam übers Haar. „Schscht Alice. Alles ist gut. Schlaf weiter.“
Mit einem fragenden Blick, setzte sich Savannah Conner gegenüber.
„Verstehst du denn nicht. Alice ist eure Schwester.“ Als Savannah nichts sagte, sondern ihn weiterhin fragend an sah, fuhr Conner fort. „Man könnte fast schon sagen, dass sie das Kind des ganzen Dorfes ist. Wenn ich Scheisse baue, dann...“
Savannah musste schmunzeln. „Kommst du es mit uns zu tun, da hast du recht. Und was die Tatsache betrifft, dass Alice unsere Schwester ist. Na und?“ Conners Stirn krauste sich. „Niemand kann was für seine Gefühle, Conner.“
„Ich habe John versprochen, die Finger von Alice zulassen.“ Kam es kleinkaut von Conner. Daraufhin, fing er sich einen heftigen Stoß in den Oberarm ein. „Aua! Wofür war das denn?“
„Dafür, dass du so einen Mist versprichst.“
Jetzt verstand Conner gar nichts mehr. „Du hast mir nicht weniger deutlich klar gemacht, dass ich mich von Alice fernhalten soll. Du erinnerst dich?“
„Ja, das tue ich. Und dafür entschuldige ich mich. Ich meinte damals bloß, dass du sie nicht, wie jede andere, deiner x beliebigen Bekanntschaften, behandeln sollst. Alice, ist was ganz Besonderes.“
Conner lächelte und nahm Alice Hand in seine. „Ich weiß. Auch wenn sie mir diese Seite noch nicht wirklich zuteil werden ließ.“
„Sie war schon immer die Kratzbürste der Familie. Und dennoch ist sie der liebenswürdigste Mensch, den ich kenne. Sie hat dich hier bleiben lassen. Das ist ein Anfang.“
„Vielleicht, ja. Woher dein Sinneswandel, Savannah?“ Conner hoffte, dass Alice Sinneswandel, nicht bloß dem Fieber zu zuschreiben war.
Sie seufzte. „Sagen wir mal so, mir hat jemand ins Gewissen geredet, dass ich Alice nicht vor der Welt beschützen kann und dass ich sie vor dir, nicht beschützen muss.“
„Klingt nach Sean.“ Schmunzelte Conner. „Da hast du dir ein besonderes Exemplar ausgesucht.“
„Ja, ich weiß.“ Savannahs Augen, bekamen einen verliebten Glanz. „Genauso besonders, wie du es bist, Conner. Ich habe dich die letzten Tage beobachtet. Und würde mir Sean heute, noch einmal die selbe Frage stellen, wie am Tanzabend, würde ich sie mit einem grossen, fetten nein beantworten.“
„Was hat er dir für eine Frage gestellt?“ Conner hatte sich, während dessen an die Wand hinter dem Bett gelehnt, ohne Alice Hand los zulassen.
„Sean hat mich gefragt, wenn ich ehrlich zu mir selber wäre, ob ich mir dann jemand besseres für Alice vorstellen oder wünschen könnte, als dich.“ Mit einer liebevoll mütterlichen Geste, wischte Savannah ein paar Tränen von Conners Wangen. „Wenn ich mir jemanden für Alice aussuchen müsste, würde ich dich nehmen.“ Genau in dem Moment, drehte sich Alice, sichtbar quälend auf die Seite, so dass sie dicht an Conner lag. Ohne darüber nach zudenken, beinahe wie ein Reflex, strich er durch Alice Haare und legte seine Hand auf ihren Rücken. „Weshalb? Ich meine...“
„Deswegen.“ Savannah deutete mit einer Kopfbewegung auf seine Hand, die zärtlich über Alice Rücken strich. „Diese kleinen, liebevollen Gesten. Und wie dein Blick dabei sanft wird. Das erwärmt mir mein Herz, welches nur das Beste für Alice will. Ich denke, dass du mir, meine Kleine wieder zurück bringen kannst.“
Auf Savannahs letzten Satz, ging Conner nicht ein. Die Antwort auf seine Fragen darauf, würde er noch früh genug bekommen. Er musste erst einmal ordnen, was die letzten Minuten hier geschah.Dr. McClary, der noch einmal nach Alice sah und sie untersuchte, lieferte sie auch sogleich ins Krankenhaus ein, da die Bronchitis, zu einer schweren Lungenentzündung mutiert war. Dort hielt man sie mit leichten Mitteln, für ein paar Tage, konstant am schlafen, damit sie sich richtig erholen und die Medikamente anschlagen konnten.
Heute war der Tag, an dem sie aufwachen sollte, da sich Alice Werte, stetig verbesserten und die Lungenentzündung, soweit abgeklungen war, dass Alice in ein paar Tagen wieder nachhause konnte. Savannah und Conner waren die ganze Zeit, immer bei ihr. So auch heute.
Alice blinzelte und öffnete langsam die Augen, dabei versuchte sie sich zu erinnern, was geschehen war. Sie erinnerte sich daran, dass Conner sie im Unwetter gefunden hatte und dass er auch bei ihr zuhause war und sich um sie kümmerte. Doch irgendwann, lösten sich die Erinnerungen in Luft auf und übrig blieb ein schwarzes Nichts.
Das Erste, was Alice nun sah, war eine weiße Zimmerdecke. Ihr Blick wanderte weiter an die weißen Wände, bis zu ihrem weißen Bettzeug. War sie im Krankenhaus? Das durfte nicht wahr sein. Wo war Savannah? War alles nur ein viel zu schöner Traum? Irland, Savannah, John, Conner? War sie immer noch in Amerika, wo sie Brian mal wieder verprügelt hatte?
Panik stieg in Alice hoch, ihr Herz fing heftig an zu schlagen und der Atmen kam Stoßweise aus ihren Lungen heraus, so dass es schmerzte. Genau wie ihr Kopf, als Alice versuchte, sich auf zu richten. Von der kurzen, aber heftigen Anstrengung, schon wieder völlig erschöpft, ließ Alice sich zurück in ihr Kissen sinken, schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen. Kurz nickte sie wieder ein. Brians eisiger Blick, ließ Alice jedoch, kurz darauf, wieder panisch aufschrecken. „Nein, bitte nicht. Ich will nicht zurück zu Brian. Savannah.“
Savannah, die nur kurz die Augen schließen wollte, dabei aber eingeschlafen war, schreckte durch Alice panische Stimme auf. Kaum hatte sie ihre Augen geöffnet, stand sie auch schon an Alice Bett. Mit weit aufgerissenen Augen und panischem Blick, saß Alice darin. Ihr Gesicht war kreidebleich und Tränen rollten über ihre Wangen.
„Alice, ich bin hier. Alles ist gut.“ Savannah griff nach der Hand ihrer Schwester. Genau das, wollte sie verhindern. Warum war sie nur eingeschlafen?
Alice entzog sich ihrer Hand. „Nein, nein, bitte nicht! Hilft mir denn niemand?“
„Alice, schscht.“ Savannah fasste Alice sanft an den Schultern und drückte sie in die Kissen zurück. Zur selben Zeit, stürmte Conner, der Kaffee holen gegangen war und Alice Schrei, bis in den Flur gehört hatte, gefolgt von zwei Schwestern, ins Zimmer. Savannah sah auf und machte den Schwestern, durch einen Blick klar, dass sie sich noch im Hintergrund halten sollten. Woraufhin sie das Zimmer verließen.
„Alice, alles ist gut. Komm schon, sieh mich an. Alice.“ Savannah legte ihre Hände an das Gesicht ihrer kleinen Schwester und zwang sie somit dazu, sie an zusehen. Es schien zu wirken.
Alice blinzelte ein paar Mal nervös und wurde dann ruhiger. „Savannah? Du bist da? Es war kein Traum? Ich bin in Irland?“
Savannah lächelte, obschon ihr gerade mehr als zum Heulen zumute war. „Es war kein Traum, Kleines. Du bist zuhause und in Sicherheit. Niemand, wird dir jemals wieder etwas tun.“
Alice Atem normalisierte sich langsam aber sicher wieder. Sie schloss die Augen, atmete tief durch und entspannte sich zusehends. „Ich dachte, ich habe alles nur geträumt.“ Tränen bahnten sich einen Weg aus Alice Augen. Ohne etwas zusagen, setzte sich Savannah zu ihr aufs Bett und zog sie in ihre Arme. Manchmal braucht es keine Worte, da waren Gesten mehr als tausend Worte wert.
„Bring mich hier raus, bitte.“ Alice sah Savannah flehend an.
Conner, der bis jetzt wie erstarrt da stand, regte sich endlich. Er stellte den Kaffee auf den Tisch und verließ eilig das Zimmer. Alice Schreie, hallten dabei immer noch in seinen Ohren wider und breiteten sich, wie eine schwere Eisschicht in seinem Innern aus. Doch am meisten Schmerzen, bereitete ihm Alice Angst in der Stimme und ihr flehender Blick. Es fühlte sich an, als würde ihm jemand ganz langsam sein Herz zerquetschen. Was war ihr bloß zugestoßen, was ihr solche Angst bereitete und sie sich hinter einer dicken Mauer verstecken musste. Er musste etwas für Alice tun.
Conner hatte es doch tatsächlich geschafft, dass Alice noch am selben Tag nachhause entlassen wurde. Wie, war allen ein Rätsel, über welches er auch schwieg.
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Irish Heart - Sprache des Herzens
RomanceDie unberührten Küsten, sanften grünen Hügel, der Himmel, der die Erde zu berühren scheint, lang vergessene Gerüche und das raue Meer, Irlands. Dies ist Alice Callahans Heimat. Ihre Wurzeln. All das, hatte sie, nach dem Tod ihrer Eltern verlassen...