Kapitel 71

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Klatschnass und mit triefenden Haaren. Außer Atem lehnte sie sich an einen der Pfosten der Veranda und schloss kurz die Augen. Erst als sie diese wieder öffnete, bemerkte sie Conner und Rose.
„Conner.“ Alice sah in die Meerblauen Augen, die so gar nichts mit der Farbe, des tobenden Meeres draußen, gleich hatte. Sie waren hell. Dennoch konnte Alice ganz deutlich sehen, dass ein Sturm in ihm tobte.  
In Conner löste der Anblick von Alice, die unterschiedlichsten Gefühle und Emotionen aus. Allem voran die Sorgen um seine große und einzig wahre Liebe. Weshalb auch nicht die Erleichterung überwog, dass Alice wieder da war, sondern das, was alles hätte passieren und ihm diese Liebe, auf einen Schlag hätte nehmen können. „Verdammt Alice, wo warst du?“
„Es tut mir leid.“, flüsterte Alice und sah Conner unsicher an. Er wirkte aufgebracht. Nicht unbedingt wütend. Sie konnte seine Gefühle gerade nicht ein ordnen. Zumindest machten sie Alice nicht Angst. Denn sie wusste, so sehr Conner innerlich aufgewühlt und vielleicht doch ein Stückweit wütend auf ihre kopflose Art war, er würde ihr nie etwas tun.
„Ich habe mir Sorgen gemacht.“ Conner fing an, Alice zu schütteln. „Dein Verstand hat dich scheinbar voll und ganz verlassen. Weißt du, was alles hätte passieren können?“
„Ist es aber nicht.“ Alice war ruhig. Zu ruhig. Ließ Conners Gefühlsausbruch über sich ergehen. Sie hatte es ja nicht anders verdient.
„Ja, weil du wieder einmal mehr Glück als Verstand hattest. Du kennst dich hier doch gar nicht aus und wärst vielleicht nicht bloß mit einer Lungenentzündung davon gekommen.“ Conner war kaum mehr zuhalten. Er sah nicht einmal, dass Alice angefangen hatte zu weinen. „Soll das die Strafe sein, dass ich mich in dich verliebt habe? Ich kann nun mal nichts dafür, dass mich Ballyconneely gefangen hielt. Wohin du dann zurück gekehrt bist und mein Herz im Sturm erobert hast. Ausgesucht, habe ich mir das bestimmt nicht.“
„Conner jetzt reicht es.“ Nachdem Rose das Ganze aus der Entfernung beobachtet hatte und dabei sah, wie Alice immer kleiner wurde, griff sie nun energisch ein.
Als würde Conner aus diesem Sturm an Gefühlen gerissen, ließ er abrupt von Alice ab. „Das wollte ich nicht, Alice. Es tut mir leid.“
Sie zuckte lediglich mit den Schultern. „Jetzt siehst du mal, was es heißt, dass du dich in mich verliebt hast.“
Conner raufte sich die Haare. „Fängst du schon wieder damit an? Es reicht mir langsam aber sicher, dass du mir ein schlechtes Gewissen machst, dass...“ Conner schnaubte wütend. Doch dann, kniff er kurz die Augen zusammen und atmete tief durch. So, dass er seine Wut im Griff halten konnte.
„Mach dir keine Mühe, Conner. Lass deine Wut raus. Irgendwann, wird sie dich sonst auffressen.“
Am liebsten, hätte er Alice jetzt wild und ungezähmt genommen, um seinen Gefühlen so richtig Luft verschaffen zu können. „Wut ist keine Lösung und ich mag sie nicht. Vor allem nicht, wenn sie gegen dich gerichtet ist. Doch du machst mich manchmal echt rasend. In jeglicher Hinsicht. Und heute ganz besonders“, sagte es und ließ Alice stehen. Er war zu aufgewühlt, um sich noch länger in ihrer Gegenwart aufzuhalten. Conner brauchte Luft und musste Abstand zwischen sie beide bringen. So kannte er sich gar nicht und diese Seite gefiel ihm nicht.

Alice rieb sich mit den Händen übers Gesicht und setzte sich auf die Bank. Genau hier hin, wo sie jetzt gerade waren, wollte sie nie kommen. Deshalb hätte sich Conner nicht verlieben dürfen. „Ich habe viel mehr, als seine Wut verdient.“
„Vielleicht ein bisschen Wut, hast du verdient. Mehr nicht.“ Rose setzte sich neben Alice und strich ihr übers Haar. „Liebes. Conner ist nur deshalb so wütend, weil er sich Sorgen um dich gemacht hat. Eigentlich ist er einfach nur froh, dass du wieder da bist.“
„Wieso?“ Alice hob den Kopf.
„Dummchen. Weil er dich nun mal liebt.“ Lächelte Rose.
„Ich habe seine Gefühle nicht verdient. Nachdem, was ich mit ihnen gemacht habe, erst recht nicht.“ Alice sah zu Rose. Jedes Mal war es ihr, als würde Conner sie ansehen. Nur, dass ihre Augen nicht so strahlend blau waren.
„So schnell, ist das nun mal nicht zu ändern. Und jetzt, solltest du zu ihm gehen.“ Alice schüttelte den Kopf. „Ich bin mir ganz sicher, dass Conners Wut, schon wieder verraucht ist. Du solltest dir ganz dringend was anderes anziehen. Dann müsst ihr beide mit einander reden, Alice.“
Alice seufzte. Rose hatte natürlich recht. Dem, musste sie sich nun, wohl oder übel, stellen.

Tief durch atmend, öffnete Alice die Tür und betrat das Appartement. Es war beunruhigend still. Bis sie ein Geräusch aus dem Wohnzimmer vernahm. Langsam ging sie weiter und blieb dann stehen, als sie Conner vor dem Kamin kauern sah. Seine Muskeln, waren bis ans Äußerste angespannt. Seine Kiefer malten aufeinander. Der Sturm tobte immer noch in seinem Innern. Jedoch mit etwas weniger Kraft. Die Sorgen, waren weitestgehend verraucht. Was blieb, war ein Gefühlschaos aus diesen fiesen Gefühlen namens Kränkung, Enttäuschung und Trauer. Wobei das Letzte, sehr stark überwiegte. Es hatte Conner hart getroffen, wie Alice auf seine Liebeserklärung reagiert hatte. Klar war er nicht so naiv und rechnete mit Freudensprüngen, wenn er sich ihr endlich einmal offenbarte. Nach den letzten Wochen und vor allem den Tagen hier in Dingle, hatte Conner jedoch auch nicht mehr mit einer solchen Zurückweisung gerechnet.
Das Geräusch der Tür, ließ Conner innehalten und aufsehen. Er musterte Alice. Sie sah furchtbar aus. Völlig durchnässt und verweint. Conner musste sich zusammenreißen, um nicht gleich wieder, vor Sorgen, aus der Haut zu fahren. „Es tut mir leid, Alice. Ich wollte nicht so wütend werden und den Verstand verlieren. Hab ich dir weh getan?"
Alice schüttelte den Kopf. „Ich werde mich kurz unter die Dusche stellen.“
„Mach das. Eine Lungenentzündung, reicht völlig aus. Möchtest du lieber Tee oder eine warme Schokolade, wenn du damit fertig bist?“ Ein erstaunter Blick von Alice, kam Conner entgegen. Woher nahm dieser Mann nur diese unglaubliche Geduld, um sie zu ertragen? Sie verletzte ihn mit ihren Worten und Conner war immer noch da und besorgt um sie.
„Wir müssen reden, Alice. Auch wenn du anderer Meinung bist oder zumindest warst. Das alles, kann nicht so zwischen uns stehen bleiben.“ Conner hatte keine Ahnung, wie er ihren Blick deuten sollte.
„Schokolade“, sagte Alice schlicht und verschwand im oberen Stock.
Conner kannte ihre Antwort, bevor er sie hörte. Er hatte die letzten Tage, so viel warme Schokolade getrunken, wie schon lange nicht mehr. Alice liebte es, sich nach einem Spaziergang an der kühlen Luft, in eine Decke zu kuscheln und eine Schokolade zu trinken. Dabei konnte sie ihr nicht süß genug sein. Dazu ein Buch lesen oder einen Liebesfilm im Fernsehen ansehen. Für Conner der absolut perfekte Wintertag, mit der Frau, die er liebte.

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