Kapitel 94

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Die Tage danach, nahmen ihren Lauf. Unterschieden sich nicht groß von denen davor. Mit dem kleinen, aber umso wichtigeren Unterschied, dass Alice nun endlich ihre Liebe für Conner spüren konnte und sie in den Momenten der Zweisamkeit, auch auslebte. Lernte mit ihr zu leben und sie gegenüber Conner zu zeigen und auch zu äußern. Mehrheitlich verbrachte Alice die Zeit bei Conner im Leuchtturm. Am Ende der Woche, war sie bereits so weit, dass ihr ganzes Hab und Gut bei Conner war und dort seinen Platz bekommen hatte. Auf Alice machte es den Anschein, dass er schon lange auf diesen Moment gewartet und vorgesorgt hatte.
Somit bekamen Savannah und Sean ihre ungestörte Zweisamkeit zurück. Natürlich protestierten sie zuerst und versicherten Alice, dass ihre Anwesenheit sie nicht gestört hatte. Dennoch war allen Dreien bewusst, dass es Zeit war. Als Savannah den Grund von Alice Auszug mitbekam, war sie, wie sollte es auch anders sein, hellauf begeistert und unterstützte ihren Weggang richtiggehend.
Ob es zu schnell ging, war sich Alice nicht sicher. Sie wusste jedoch, dass es sich gut anfühlte und wie Savannah treffend sagte, wenn es sich gut anfühlt, ist es auch richtig. Alice hatte immer noch den Feenhügel, wenn es ihr im Leuchtturm zu eng wurde. Im Moment, war dem nicht so. Im Gegenteil. Sie konnte gar nicht genug Nähe von Conner bekommen. Als müsse sie irgendwas kompensieren.
Zur Zeit, hatte Alice auch keine Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, wie schnell sich das, seit letzter Woche, zwischen ihr und Conner entwickelt hatte. Denn Alice war bei der Arbeit im Pub. An den Samstagen, brauchte es immer jede helfende Hand, die zur Verfügung stand. So konnte sie zumindest irgendwie, Zeit mit Conner verbringen.
Alice liebte die Arbeit im Pub. Den Geruch, der ihr jedes Mal entgegen drang, wenn sie die Tür zum Pub öffnete. Wenn bereits reges Treiben herrschte, wie jetzt, war er noch viel intensiver. Es erinnerte sie nicht nur an die schönen Momente der Vergangenheit, als ihre Eltern noch lebten. Sondern auch an den Morgen, als sie Conner das erste Mal begegnet war.
Alice musste lächeln, als sie eben diesen hinter der Bar entdeckte. Geschäftig, flink, aufgestellt und immer zu einem Spaß aufgelegt. Als wäre es ein Kinderspiel und der leichteste Job der Welt, legte Conner eine Lockerheit an den Tag, die Alice immer wieder von Neuem bewunderte und sie auch an ihren Vater erinnerte. Ebenso wie die Situation, die Alice dort sah. Pete und Marv saßen vor der Bar und waren in irgendein, scheinbar wichtiges Gespräch verwickelt. Conner, der mit einem Ohr mitzuhören schien, schmunzelte immer wieder.
Nun den Mann dort stehen zu sehen, den sie über alles liebte und dem Alice sogar ihr Herz geschenkt hatte, überrollte sie einmal mehr die tiefe und unbändige Liebe, die sie für Conner empfand, wie eine riesengroße Welle. Dies passierte Alice in den letzten Tagen immer wieder. Aus den scheinbar harmlosesten Situationen heraus.
Ihr Papa hätte Conner gemocht. Weil er anpacken konnte und bodenständig war. Alles Eigenschaften, die er zu schätzen wusste und dies auch kundtat.
Alice blieb noch etwas stehen, nachdem sie ihre Bestellung ausgeteilt hatte und beobachtete Conner. Er trug ein langärmliges, schwarzes Hemd, welches locker in der hellen Jeans steckte und bei dem er, wie immer, die Ärmel bis zu den Ellenbogen zurück gekrempelt hatte. Als Alice ihn einmal darauf ansprach, weshalb er denn nicht einfach ein Hemd mit kurzen Ärmeln anzog, war Conners Antwort, schlicht und einfach, dass es weniger chic aussah. Alice musste damals wie heute schmunzeln, über diese Aussage. Aber so war Conner nun mal. Eigentlich musste sie ihm auch Recht geben. Es passte viel besser zu Conners leicht angehauchten Surfer ähnlichen Style. Mit den Lederbändchen um die Handgelenke und eines um den Hals, rundete er dies noch ab und hätte auch perfekt hinter eine Bar irgendwo an einem Strand gepasst. Heute trug Conner dazu die silberne Kette, mit Anhänger, die sie ihm in Dingle gekauft hatte. Ihr ganz persönlicher Glücksbringer mit irischem Symbol. Conner stand, genau wie sie selber, auf solche Dinge. Das schwarze Lederarmband, mit dem silbernen Dreiecksknoten daran, war das identische, welches auch Alice besaß.
Erst mit der Zeit, fing sie damit an, wieder ihren alten, leicht Hippie und teilweise auch mystisch angehauchten Style wiederzufinden. Dazu gehörte auch eben dieses Armband. Als Conner es zum ersten Mal sah, nannte er es ein Zeichen. Vielleicht hatte er recht. Genau wie Savannah. Es war möglich, hatte das Schicksal seine Finger im Spiel. Der Tod ihrer Eltern, hatte demnach überhaupt nichts mit ihrem persönlichen Schicksal zu tun, sondern war einfach das, was er war, ein unglücklicher Unfall. Ein Schicksalsschlag, der nicht vorgesehen war und Alice von ihrem Weg abbrachte. Weit weg von dem, der eigentlich für sie bestimmt gewesen wäre.
Alice schüttelte kaum merklich den Kopf. Was hatte sie nur wieder für Gedanken? In dem Augenblick, traf sich ihr Blick, mit dem von Conner und auf seinem Gesicht, zeichnete sich ein Strahlen ab. Dabei bildeten sich um seine wachen, klaren Augen, kleine Lachfältchen. Alice mochte sie, da sie seinem Gesicht etwas Lebhaftes verliehen.
„Na schöne Frau. Arbeitest du heute auch noch was oder wirst du weiterhin den gutaussehenden Typen hinter der Bar anhimmeln?“ Zog Conner Alice mit einem lockeren Spruch auf. Sein Lächeln, welches dabei seinen Mund umspielte, hätte Eisberge zum schmelzen gebracht.
Mittlerweile wusste Alice jedoch die Unterschiede zu kennen, zwischen dem Lächeln für die Gäste, für die Menschen, die ihm am Herzen lagen und dem für sie. Es war eine Spur wärmer, weicher und voller Liebe. Etwas zu lange, sahen sie sich dabei an. Bis Alice sich, mit aller Macht von Conners Augen los riss und dem inneren Drang widerstand, ihn hier und jetzt zu küssen.
Darüber, wie sie dies nun handhabten, sprachen sie nicht. Musste man über so etwas reden, wenn man verliebt war und es am liebsten in die Welt hinaus schreien möchte? Wenn man bereits seit längerem, so etwas wie eine Beziehung führte? Alice sollte sich einfach von ihren Gefühlen leiten lassen, wie sie es sonst auch tat.
„Heute wieder total von dir selber überzeugt, was McCallum? Genieße es ruhig so lange du kannst. Denn du weißt ja, Schönheit ist vergänglich.“ Mit einem kecken Blick und einem frechen Grinsen auf den Lippen, ließ Alice ihn mit diesen Worten stehen.
Conner hob die Augenbraue in die Stirn und sah Alice hinter her. Diese Frau war einfach der Wahnsinn und machte ihn, im positiven, wahnsinnig. Ihre ganze Art und nicht zuletzt ihre Aussehen, welches sich in letzter Zeit verändert hatte. Alice trug heute eine helle Jeans, genau wie er selber. Dazu ein Long Shirt in Grautönen, mit einem Loch und Spitzenmuster. Alice liebte diese Shirts, die trotz der Länge, ihrer Figur schmeichelten. Da das Lochmuster Blicke durchließ, trug sie darunter ein schwarzes Träger Top. Das Lederarmband, mit dem Dreiecksknoten, trug Alice, seit sie es irgendwann in ihren Sachen gefunden hatte. Conner konnte sich noch gut an den Moment erinnern, als er es an ihrem Handgelenk entdeckte. Er traute seinen Augen kaum und schrieb es dem Schicksal zu. Natürlich gab es etliche Menschen auf der Welt, die dies trugen. Doch wie wahrscheinlich war es, dass genau Alice und er, das identische Armband besaßen? Nicht sehr groß, würde Conner raten.
Um den Hals trug Alice die feine Silberkette, an der eine uralte, irische Münze hing. Conner hatte sie in einem kleinen Dorf, unweit von Dingle entdeckt und Alice war hin und weg, als er sie ihr zeigte. Gekauft hätte Alice sie wahrscheinlich nicht. Sie war in solchen Dingen sehr zurückhaltend. Weshalb Conner es für Alice übernahm. Für die Freude in ihren Augen, hätte er noch viel mehr bezahlt.
Conner mochte Alice Verwandlung, was ihren Stil anging. Am Anfang war sie zwar keine graue Maus, aber eher kühl und zweckentsprechend gekleidet. Was wohl ein Übrigbleibsel aus ihrer Ehe war. Mit jedem Schritt, den sie aus ihrer Vergangenheit und hinter ihrer Mauer hervor machte, desto mehr kam auch optisch die alte Alice wieder zum Vorschein. In Form ihrer Kleidung, dem Schmuck, den sie all die Jahre in Brians Fängen, nicht mehr trug. Der nicht bloß aus Halsketten und dem Armband bestand. Auch Ringe trug Alice gerne, stellte Conner fest. Am liebsten solche mit Halbedelsteinen darin. Sie trug nun auch viel öfter ihre Haare offen. Conner liebte es, wenn die leichten Wellen, in denen er so gerne seine Finger vergrub, um ihr Gesicht fielen. Ganz besonders mochte er die Farbe von Alice Haaren, die ihr leicht mystisches Wesen unterstrich.
„Sie hat es wieder faustdick hinter den Ohren, unsere Kleine.“ Lachte Marv.
Conner stieg in das Lachen mit ein und verdrehte die Augen. „Sie ist manchmal echt unmöglich.“ Kaum hatte er es gesagt, bekam Conners Blick einen verliebten Glanz. „Aber gleichzeitig so wundervoll.“
Pete warf Marv einen vielsagenden Blick zu. „Die Liebe ist was Wundervolles. Nicht wahr mein Junge?“
Conner nickte, ohne es bewusst wahr zunehmen und sah Alice mit einem Lächeln auf den Lippen hinterher, wie sie in der Küche verschwand. Auf dem Weg dorthin, drückte sie John einen Kuss auf die Wange, der sofort den Grund für diesen überschwänglichen Höhenflug, hinter der Bar entdeckte. Er musste sich ein lautes Lachen verkneifen. Denn Conner sah aus, wie ein verliebter Gockel. „Conner, würdest du noch ein paar Getränke holen?“ Erlöste John seinen besten Freund von dessen inneren Drang, Alice nicht nachzugehen. Dankend sah dieser ihn an und eilte ebenfalls zur Küche.
John, Pete und Marv, quittierten es mit einem schallenden Lachen. Was eine Frau und die Liebe zu dieser, mit einem Mann anstellen konnte, schaffte sonst nichts und niemand.

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