Kapitel 11

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Die Fachsimpelei über den Fischfang war vergessen, als Conner Alice entdeckte. Da stand sie, in ihrer ganzen Schönheit, die heute noch mehr zu leuchten schien. Eine perfekt sitzende, helle Jeans, umschmeichelte die zarte Figur von Alice vorteilhaft. Dazu die weiße Bluse, die locker in dieser steckte und bei der sie die obersten Knöpfe offen gelassen hatte. Die wilden, Kupferbraunen Locken, hatte Alice etwas gebändigt, in dem sie ein paar Strähnen, locker nach hinten gesteckt hatte. Warum wussten Frauen instinktiv, wie sie Männer um den Verstand bringen konnten? Augenblicklich wurde Conner von Alice Augen in den Bann gezogen, als sie mit John vor ihm stand. Bei ihrem ersten Zusammentreffen, war es zu schummrig im Pub, um mehr sehen zu können, als dass ihre Augen braun waren. Dabei waren sie so viel mehr. Sie hatten die Farbe von Bernstein, mit einem goldenen Schimmer. Was sie magisch, geheimnisvoll und unergründlich wirken ließ.
„Mein Freund.“ Johns Berührung an seiner Schulter, unterbrach diese magische Verbindung. „Machen wir es endlich mal offiziell. Conner, meine kleine Schwester, Alice. Sie wird uns heute Abend etwas zur Hand gehen. Also sei nett zu ihr und scheuche sie nicht zu sehr umher. Sie braucht Zeit, um sich wieder ein zu arbeiten. Genau wie du damals.“
„Alice hat bereits Bier gezapft, als du wahrscheinlich noch nicht einmal welches Trinken durftest.“ Mischte sich Pete, lachend in das Gespräch mit ein.
„Ich habe doch gar nichts gesagt.“ Riss sich Conner endgültig von Alice Augen los, indem er lachend und abwehrend die Arme hob. „Na dann, starten wir einen Neuanfang. Für meinen Aussetzer letztens, möchte ich mich aber zuerst noch entschuldigen.“
„Ist akzeptiert.“ Umfasste Alice Conners Hand, die er ihr entgegen hielt. Augenblicklich durchfuhr eine Art Blitz ihren Körper, der sich als ein warmes Kribbeln, in Alice Körper ausbreitete und sich in jeden noch so kleinen Winkel zu schleichen schien. Ob Conner dies auch gespürt hatte. Sein Blick, mit dem er Alice festhielt, war intensiv und andauernd.
„Freut mich dich kennenzulernen, Alice Callahan.“ Conners Griff um Alice Hand, wurde für den Bruchteil einer Sekunde etwas fester, da in dem Moment, als sich ihre beider Hände berührten, ein Gefühl durch seinen Körper raste, welches Conner nicht kannte, geschweige denn einordnen konnte. Sein Magen zog sich eigenartig zusammen, das Herz schlug einen Zacken schneller, die Hände wurden feucht und die Kehle trocken. Was zum Teufel war das?
Als hätten sie einen Stromschlag abbekommen, lösten sie ihre Hände voneinander. Was blieb waren die unergründlichen Blicke, mit denen Alice und Conner sich ansahen.
'Himmel Alice, reiß dich zusammen. Du bist kein Teenager mehr, der bei jedem gutaussehenden Typen schwach wird.', herrschte sich Alice an.
„Na dann, auf eine gute Zusammenarbeit.“ Alice schenkte Conner eines ihrer süßesten, jedoch aufgesetzten Lächeln, wandte sich von ihm ab und verschwand mit einem Tablet in den Leuten. Sie musste für einen Moment so viel Abstand zwischen sich und Conner bringen, wie es ihr hier im Pub möglich war. Diese Berührung von Conners Hand wühlte Alice Inneres so heftig auf, wie ein Sturm das Meer aufwühlte und dieses dann den Strand.

Was für ein zauberhaftes Lächeln, auch wenn es nicht Alice Augen erreichte, was Conner nachdenklich stimmte. Wie hypnotisiert, sah er ihr hinterher, wie sie verschwand, als wäre der Teufel hinter ihr her.
Pete musterte Conner und folgte dann seinem Blick. Er kannte ihn, seit er in Ballyconneely ankam und hatte seit dem, auch schon so manche hübsche Frau hier rein kommen sehen. Doch dieses Szenario, welches gerade zwischen Conner und Alice ablief, war neu. Genauso, wie Conners Gesichtsausdruck, mit dem er Alice nachsah. Den hatte Pete ebenfalls noch nie gesehen. Conner war ein sehr offener Mensch. Doch was das Thema Frauen anging, gab er sehr wenig von sich preis. Pete war sich deshalb auch nicht sicher, ob Conner wirklich immer jede der Frauen, mit denen er flirtete und den Pub verließ, wirklich mit nachhause nahm, um das zu tun, was einige dachten. Die die Conner gut genug kannten, wussten dass diese Seite von ihm nicht ganz stimmig war, mit seinem wahren selbst.
„Alice ist eine wahre Augenweide geworden. Sie hatte bereits als Kind, etwas Geheimnisvolles an sich. Ach, sie konnte einen schon immer mit ihrem Charme, gekonnt um den Finger wickeln. Und irgendwann, verdrehte sie damit den Männern reihum den Kopf.“ Pete wurde ganz melancholisch. Es war ein Jammer, was der Tod von Graham und Maria, mit diesem wundervollen Wesen angestellt hatte.
Conner konnte sich jedes von Petes Worten, lebhaft vorstellen.
„Hey Jungs, nicht sabbern. Das ist meine Schwester.“ Savannah gab beiden einen freundschaftlichen Klapps auf den Hinterkopf. Conner sah sie dann jedoch ernst an. „Pass auf was du tust. Ich werde dich im Auge behalten, McCallum.“
„Was denn? Ich tue doch gar nichts.“ Erneut fühlte sich Conner ertappt und vor den Kopf gestoßen, von einem seiner besten Freunde. Das war ihm bis jetzt noch nie passiert. Wenn es um Alice ging, schienen John und Savannah zur beschützenden Bestie zu werden.
„Ich habe gesehen, wie du Alice mit deinem Blick förmlich ausgezogen hast.“
„Sie sieht ja auch unglaublich aus. Welcher Mann, der halbwegs bei Verstand ist und Augen im Kopf hat, würde ihr nicht nachsehen. Ist das ein Verbrechen?“
Savannahs Augen wurden schmal. Wenn sie diesen Blick aufsetzte, brauchte sie keine zusätzlichen Worte. Dann war alles gesagt.
„Schon gut. John hat mir bereits mehr als klar gemacht, dass Alice tabu ist.“ Conner schüttelte den Kopf. „Höflich sein, aber nicht zu höflich, schon klar. Ich will es mir ja nicht mit euch verspielen.“
Savannah sah Conner weiterhin durchdringend an. War da etwa Enttäuschung zu sehen?
„Was noch, Savannah? Glaubst du mir nicht?“ Conners Stimme klang wütend. „Ich bin echt enttäuscht, was für ein Bild ihr beide von mir habt. Meine zwei besten Freunde, von denen ich manchmal das Gefühl habe, dass sie mich besser kennen, als ich mich selber. Ich frag mich gerade, wie diese Freundschaft weitergehen soll, wenn ihr mir so sehr misstraut und ich in euren Augen scheinbar auf einmal ein anderer bin.“ Mit diesen Worten, die getränkt waren von Enttäuschung, ließ Conner Savannah stehen.
„Da hast du einen sehr empfindlichen Nerv getroffen, meine Liebe.“ Kommentierte Pete Conners Abgang. „Das du Conner gerade mehr als unrecht getan hast, ist dir hoffentlich bewusst.“
Savannah nickte und hätte sich ohrfeigen können, kaum hatten Conners Worte ihr Bewusstsein erreicht. „Alice weckt in mir einen noch nie dagewesenen Beschützerinstinkt. Ich möchte sie doch nur vor erneutem Leid und Schmerzen beschützen.“
„Und dann willst du sie ausgerechnet vor Conner beschützen?“ Pete zog fragend seine Augenbrauen in die Stirn. „Du weißt, er würde alles für dich und deine Familie tun. Was bestimmt auch Alice mit einbezieht, lässt du die beiden einfach mal aufeinander zugehen und eine Ebene finden. Dies scheint bei Alice etwas länger zu dauern, als bei euch und uns allen anderen.“ Um Petes Mund, legte sich ein Schmunzeln. Beinahe ganz Ballyconneely, war dem natürlichen und nicht aufgesetzten oder aufdringlichen Charme von Conner, vom ersten Augenblick an verfallen. „Doch wenn du Conner und auch Alice, nicht einfach machen lässt, wird das nie was. Und dann, so muss ich ihm recht geben, wird es schwierig werden mit eurer Freundschaft, die doch so viel mehr ist.“
Savannahs Blick war nachdenklich auf die Eingangstür gerichtet, aus der Conner gerade verschwunden war. „Halte hier kurz die Stellung. Ich muss was klären“, sagte sie im Vorbeigehen zu John.

Lange nach Conner suchen, musste Savannah nicht. Er stand unweit der Eingangstür an die Wand gelehnt und sah in den Himmel, der sich von den herrlichsten Farben, nun langsam in das Dunkel der Nacht verwandelte.
„Hey.“ Strich sie ihm über den Arm, dessen Hand tief in seiner Hosentasche steckte. Mit nur einem kurzen Blick, würdigte Conner Savannahs Anwesenheit. Darin konnte Savannah jedoch genügend Emotionen sehen, dass ihr ihre Worte noch mehr leid taten. „Ich wollte dich mit meinen Worten nicht verletzen.“
„Das hast du aber. Du kennst mich seit fünf Jahren, Savannah. Niemand weiß besser als du und John, dass ich kein Unmensch bin. Und auch wenn ich noch nicht die Richtige gefunden habe, behandle ich Frauen mit Respekt und auf Augenhöhe. Es ist nicht meine Schuld, dass mich noch keine wollte, so wie ich nun mal einfach bin und ich ebenfalls bei keiner das Gefühl hatte, am richtigen Ort zu sein.“ Lange Zeit, machte Conner die Tatsache zu schaffen, dass keine Frau, ihn als Gesamtpaket wollte. „Nun stolpert dieses süße, undurchschaubare Wesen über meinen Weg und haut mich um wie keine davor. Ohne etwas dafür zu tun. Und dann ist sie eure Schwester.“ Conner konnte Savannahs Blick nicht ganz deuten, weshalb er besser einfach gleich weitersprach. „Keine Sorge, ich werde gar nicht erst versuchen herauszufinden, ob dies deshalb ist, weil sie die Eine sein könnte.“ Auch wenn Conner es unglaublich gerne tun würde. Diese Spannung zwischen ihnen beiden, musste einen Grund haben. Er wollte es sich jedoch nicht mit seinen Freunden verspielen. Sie waren seine Familie. Weshalb Conner sich jedoch eines schwor. Alice von nun an zu beschützen, sollte es nötig sein und für sie da zu sein, falls sie es zulassen sollte.
„Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe. Ich weiß doch, dass du die Güte in Person bist. Es ist nur, dass wir uns einfach Sorgen um Alice machen, weil sie in den letzten Jahren viel durchmachen musste. Deshalb wollen wir sie vor weiterem Leid bewahren.“
Conner atmete tief durch. „Das verstehe ich. Hätte ich eine kleine Schwester, ich würde sie wahrscheinlich in ein Kloster stecken, damit ihr nichts Böses widerfährt.“
„Das würde dir ähnlich sehen.“ Savannah entwich ein Lachen. Wurde dann jedoch auch gleich wieder ernst. „Sei einfach behutsam mit Alice. Auch wenn sie dich auf einer Ebene anspricht, die über Freundschaft hinaus geht. Sie ist eine zerbrechliche Seele.“ Immer noch konnte Savannah Enttäuschung in Conners Blick sehen. „Nicht mehr wütend sein. Bitte.“
„Ich bin nicht wütend. Sondern enttäuscht von der Meinung, die du und John von mir habt. Ich würde für euch alle durchs Feuer gehen und bin seit fünf Jahren immer da, wenn ihr mich braucht. Weshalb es mir weh tut, dass du denkst, ich könnte Alice Leid zu fügen. Absichtlich oder unabsichtlich.“ Conner atmete kurz tief durch und ließ seinen Blick zum Himmel schweifen, um ihn darauf wieder auf Savannah zu richten. Seine beste Freundin. Weshalb ihre Worte ihn noch tiefer getroffen hatten. Genau aus diesem Grund, widerstrebte Conner dieses Image immer mehr, welches er gegen außen hatte. Nicht auf alle Menschen um ihn herum. Dennoch scheinbar auf mehr, als er dachte. Es widerspiegelte so gar nicht sein Inneres. Seine Wünsche und Sehnsüchte. Deshalb schwor sich Conner, hier und heute, etwas daran zu ändern. „Das alles funktioniert weiterhin nur, wenn ihr mir auch in Bezug auf Alice vertraut. Sie gehört von nun an ebenfalls zu dieser verrückten Familie, die ich über alles liebe. Weshalb ich auch für sie da sein werde, wenn Alice es denn zulässt und will. Auch wenn sie es versucht zu verhindern, konnte ich durch ihre Augen, ihre zerbrechliche Seele sehen.“
Warum erstaunten Conners Worte, Savannah in keiner Weise? Wie konnte sie ihm nur die selben Absichten unterstellen, was Alice angeht, wie bei anderen Frauen? „Was bin ich für eine schlechte Freundin.“ Schlang Savannah ihre Arme um Conners Hals und drückte ihn fest an sich. „Gib nicht nur auf Alice und ihr Wesen acht. Sondern auch auf dein Herz.“, flüsterte sie. Drückte Conner einen Kuss auf die Wange und ließ ihn alleine.
Sein Herz. Das war bereits daran, den wahrscheinlich größten Fehler seines Lebens zu machen.

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