Kapitel 133

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Alice lag apathisch auf dem Bett. Das Essen auf dem Tisch, hatte sie immer noch nicht angerührt. Sie konnte und wollte einfach nicht mehr essen. Obschon Alice ganz genau wusste, dass sie musste. Um weiterhin, irgendwie noch bei Kräften zu bleiben. Auch wenn diese ihr schon seit Tagen fehlten. Regelrecht wurden ihr ihre ohnehin beschränkt vorhandenen Kräfte ausgesaugt. Alice war nicht mehr im Stande, von selber wieder neue Kräfte für einen weiteren Tag in der Hölle, zu mobilisieren. Schlafen war alles, was sie noch wollte. Diese ständige innere Anspannung in ihrem Körper, laugte sie aus. Das auf der Hut sein, wann Brian sie das nächste Mal für sich nahm. Auf immer grausamere Art und Weise. So, wie er es noch nie getan hatte. Das war wohl die Seite der Rache. Alice wollte und konnte nicht einmal mehr denken. Zumindest nicht daran. Doch das ging nicht. Es hatten sich bereits wieder zu tiefe Narben gebildet, die mit jedem Mal wenn Brian zu ihr kam, mit jeder Berührung, jedem Stoß, tiefer wurden. Es waren nicht nur die neuen Narben, die dazu kamen. Viel mehr waren es die alten Narben, die sich noch tiefer in Alice hinein fraßen.
Alice Kraftlosigkeit, machte Brian zuerst wütend. Er schlug sie und zwang sie auch zum Essen. Doch allmählich wurde es ihm egal. So oder so, hatte Alice das Gefühl, dass Brian von Tag zu Tag gleichgültiger wurde. Am Anfang, wollte er jedes Mal, dass Alice sich frisch machte, bevor er kam. Nun war es ihm egal. Er kam, zog sein Ding durch und ging. Oft unerwartet. Mit der Zeit, auch ohne Zeitplan mehr. Es gab Tage, an denen er mehrmals kam. Mit der Gleichgültigkeit, wuchs auch Brians Brutalität. Er wurde immer unberechenbarer. Alice ahnte, dass sein Rachefeldzug, wohl bald zu Ende sein würde. Das dieses Martyrium vorbei war. Alice würde bald aus dieser Hölle befreit werden. Auf welche Art und Weise dies sein würde, war schwer zu sagen. Dafür, konnte sie Brian zu wenig einschätzen. Eines war jedoch sicher. Aus dieser Hölle, kam man nicht lebend heraus. Dieser Gedanke, versetzte Alice jedes Mal in panische Angst. Außer heute.
Drei unendlich lange Male, vergewaltigte und misshandelte Brian sie heute. Ließ Alice dazwischen kaum Zeit, um zur Ruhe zu kommen. Seine Brutalität kannte keine Grenzen und war schier unerschöpflich. Irgendwas machte Brian nervös und angespannt. Alice konnte es spüren. In solchen Momenten, spürte er sich bereits früher kaum mehr und war unermüdlich. Die Schmerzen, waren kaum zu ertragen. Zumal Alice seit dem Aufwachen welche verspürte. Ihr Bauch und Unterleib, zogen sich immer wieder krampfartig zusammen. Irgendetwas war nicht so, wie die Tage davor und es sein sollte. Alice ganzer Körper, schien heute lichterloh zu brennen, nachdem Brian das dritte Mal von ihr ab ließ. Ob es das wirklich letzte Mal sein würde, war ungewiss. Es konnte sein, dass er gleich wieder im Raum stand und von vorne begann. Alice wusste nicht, ob sie diese unsagbare Gewalt, auch noch ein viertes Mal, kräftemässig ertrug.
„Conner. Hilf mir. Bitte.“, wimmerte sie leise. Die Schmerzen waren so stark, dass es Alice übel wurde. Mit letzter Kraft, damit Brian sie nicht so sah, schleppte sie sich ins Bad und schloss hinter sich ab. Seine Wut, würde wahrscheinlich überschäumen, wenn Brian erfuhr, was nur Alice allein wusste. Das eigentlich süße Geheimnis, welches sie mit Conner teilen wollte, als Brian hier zuhause auflauerte und ihren Liebsten, kaltblütig erschoss. Seit dem, versuchte Alice zumindest dafür stark zu bleiben und Kräfte zu sammeln und mobilisieren, die sie eigentlich nicht zur Verfügung hatte. Das es nicht reichen würde, war ihr klar, seit sie in Brians Fängen war. Dennoch erwies es sich als kämpferischer, als Alice gedacht hätte. Die letzten Tage, die um einiges heftiger waren, als die davor, wurden zu viel. Sie spürte es schon länger.
Alice kniete sich in die Dusche und ließ das Wasser über sich prasseln. Mit schmerzverzerrtem Gesicht, stemmte sie ihre Handflächen auf den kühlen Boden der Dusche, der allmählich die Temperatur des Wassers annahm. Immer wieder, jagte ein stechender und krampfartiger Schmerz durch Alice Bauch und Unterleib. „Conner, hilf mir.“
Mit einem beinahe lautlosen, herzzerreißenden Schrei, ließen diese unglaublichen Schmerzen nach und Alice Körper entspannte sich wieder.
Zitternd, versuchte sie nach einer Weile aufzurichten, um sich zu waschen. Gegen die Wand gelehnt, wusch Alice all den sichtbaren und unsichtbaren Schmutz von und aus sich. Bis das Dusch leer war, wusch und rubbelte sich Alice beinahe wund. Immer mit dem Gewissen, dass es nichts half. Dies tat es nie und würde es auch nicht.
In den warmen Jogginganzug gehüllt, der ihr Brian, frisch gewaschen da gelassen hatte, legte sich Alice zurück auf die Matratze. Tränen flossen schon lange keine mehr, wenn die Gräueltat vorbei war und Brian sie wie ein Stück Dreck liegen ließ. Nun spürte Alice jedoch warme Tränen, die ihre Wangen benetzten und immer mehr wurden. Unaufhaltsam flossen sie aus ihren Augen und hinterließen Spuren auf Alice Seele. Während sich ein Schmerz um ihr Herz legte, der ihre ganze Kraft und den Willen, auch ohne diese weiter zu kämpfen, schwinden ließ. Gleichgültigkeit, legte sich über Alice. Das letzte, was ihr von Conner und seiner tiefen Liebe geblieben war, hatte sie nun ebenfalls verloren. Alice war nicht in der Lage, es zu beschützen. Neben Conner, wurde ihr nun auch das noch genommen. Gerade in dem Augenblick, fühlte es sich so an, als würde das unsichtbare Band, zwischen ihr und Conner, welches Alice immer noch gespürt hatte und ihr Hoffnung gab, zerreißen. Sich auflösen, wie das kleine bisschen Leben sich unter der Dusche auflöste und im Nichts verschwand.
Alice hatte ihn verloren. Ihre einzige und wahre Liebe. Für immer. Weshalb also, sollte sie selber, jetzt noch kämpfen? Alice fühlte sich leer und ausgelaugt. Nur noch eine Hülle ihrer Selbst. Leben, tat sie schon lange nicht mehr. Doch jetzt, war Alice innerlich tot. So, wie Conner und ihr Baby es waren. Nichts hielt Alice mehr daran, weiter zu kämpfen. Sie konnte sich endlich gehen lassen. Zu ihren Liebsten gehen und Conner wieder in die Arme schließen.
„Es tut mir leid Conner. Ich kann nicht mehr.“, flüsterte sie leise, unter den Schluchzern der Tränen. „Ich werde dich immer lieben, mein Schatz. Bald werden wir uns wieder sehen und im Jenseits wieder vereint sein.“ Alice hatte ihren Willen, zu leben, verloren.

´Conner. Hilf mir. Bitte.´ Flehend, sah Alice ihn an. Schweißgebadet, schreckte Conner hoch. Diese merkwürdigen Bilder, Gefühle und Zwiegespräche oder was dies waren, mit Alice, begleiteten Conner auf dem komatösen Zustand heraus, in seine Träume. Zuerst, als er in diesem schwarzen Nichts war, sah er einfach alles, was er an Alice so sehr liebte. Bevor sie für eine Zeit weg war, während Conner sich in diesem merkwürdigen Zustand, zwischen wach sein und schlafen befand. Seine Träume danach, waren wirr. Vermischten sich mit dem, was passiert ist und irgendwas anderem, was Conner nicht einordnen konnte. Es war immer so, als würde er in seinen Träumen, die nicht nur Nachts kamen, bei Alice sein. Zumindest in ihrer Nähe. Erkennen wo dies war, konnte Conner nicht. Was er jedoch umso deutlicher sehen oder wohl eher fühlen konnte war, dass sich Alice Gemütszustand veränderte.
Vorhin sah sie ihn mit ihren Bernsteinfarbenen Augen, flehend an. Am liebsten, hätte Conner Alice in den Arm genommen, um sie vor der Grausamkeit zu beschützen. ´Conner, hilf mir´, drang es wieder, bis in Conners Bewusstsein. Danach dieser herzzerreißende Schrei, der durch Conners ganzen Körper jagte. Sein Herz klopfte wie wild und schmerzte. Ein merkwürdiger Schmerz, den Conner so, noch nie gefühlt hatte. Irgendetwas stimmte nicht. Alice war auf einen Schlag verschwunden. Im selben Augenblick, blitzte etwas grell und schmerzhaft vor Conners Augen auf. Gleichzeitig ertönte eine Art Knall. Das Geräusch, wie wenn ein Stahlseil oder die dicke Saite einer Bassgitarre riss. Genau so, fühlte es sich auch in Conners Innern an. Als ob man ihm einen Teil seines Herzens aus der Brust gerissen hätte. Dann war es Still und dieses grelle Licht verschwunden. Damit auch das Gefühl, Alice immer noch ganz nah bei sich zu spüren und in sich zu tragen.
Conner stand auf und ging auf wackeligen Beinen ins Bad, um sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Er sah scheisse aus, befand er. Doch das, war ihm gerade egal. Es war nicht wichtig.
Durch den Spiegel, konnte Conner schemenhaft Alice erkennen. Sie war blass und hatte tiefe Ringe unter den Augen. Conner erschrak, sah aber weiter hin. Alice Gesichtsausdruck war gleichgültig und ihre Augen, außer der unsagbaren Traurigkeit, leer. Die Narben auf ihrer Seele und ihrem Herzen, waren deutlich zu sehen. Hoffnungslosigkeit, widerspiegelte ihre ganze Erscheinung und konnte Conner sogar spüren. Sie hüllte sein Herz ein, um erbarmungslos und schmerzhaft zu zudrücken. Immer fester, so dass Conner beinahe die Luft zum Atmen weg blieb. Nur noch Stoßweise, entwich Luft aus seinen Lungen. Es war nicht genug. Kälte, schlich sich in Conners Körper und umklammerte ihn. Von Sekunde zu Sekunde, immer fester. Es war ein mehr als beängstigendes, beklemmendes und schmerzhaftes Gefühl. Die Sicht verschwamm. In Conners Ohren und seinem Kopf rauschte und dröhnte es. Unaufhörlich und immer lauter. Die Hände fingen an zu kribbeln, bevor sie taub wurden. Dieses Kribbeln, welches nichts mit dem gleich hatte, wie wenn Conner Alice an sah und die Schmetterlinge zu fliegen begannen, breitete sich in seinem Körper aus. Ihm folgte das Taubheitsgefühl. Es fühlte sich an, als würde dieses Gefühl, langsam alles absterben lassen. Allem voran sein Herz. Conner spürte, wie es langsamer wurde. Die Kraft der Schläge ließ nach. Schlug es zuvor noch wild gegen seine Brust, konnte er es nun kaum mehr wahrnehmen.
Was war das? Was geschah hier mit ihm? Conner wollte es nicht.
´Wehr dich dagegen´, schrie alles in ihm. Ohne Erfolg und Regung. Conner konnte sich dagegen nicht wehren. So sehr er es auch versuchte, es ging nicht. Alles in ihm, stemmte sich dagegen. Wollte raus. Wieder fühlte sich Conner wie ein Gefangener in seinem eigenen Körper. Er umklammerte mit aller Kraft die ihm blieb, das Waschbecken vor sich, bis die Knöchel an seinen Händen, weiß wurden. Das Atmen fiel schwerer und schmerzte. Das schwarze Nichts, breitete sich wieder über Conner aus, hüllte ihn ein und nahm ihm die Sicht. Drohte, ihn mit zu nehmen. Er wollte nicht wieder dorthin zurück. Es war ein unerträglicher Ort. Kalt wie Eis und doch brennend heiß, wie die Hölle. Alice verschwand allmähliche. Wurde ebenfalls vom Nebel des schwarzen Nichts, eingehüllt. Nur ihre Stimme, vernahm Conner noch.
´Es tut mir leid Conner. Ich kann nicht mehr.´ Kaum mehr als ein Wispern, welches klang, wie das Flüstern des Windes in den Bäumen. ´Ich werde dich immer lieben, mein Schatz. Bald werden wir uns wieder sehen und um Jenseits wieder vereint sein.´ Mit einem liebevollen Lächeln im Gesicht, verschwand Alice.
„NEIN. ALICE.“, schrie Conner. Es wurde ihm schwarz vor Augen und er sackte zu Boden.

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