Kapitel 39

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Conner war schon den ganzen Morgen rastlos. Die Nacht war nicht nur kurz, sondern auch mehr als unruhig und wenig erholsam. Er hatte geträumt. Der Traum hatte es jedoch in sich.
Als sie über ihm war, forderte sie einen Kuss, der ihnen beiden den Atem nahm. Bevor sie ihre Lippen weiter nach unten gleiten ließ.
Conner spürte noch immer jede Berührung, die ihm Alice im Traum schenkte. Alles fühlte sich so real an. Das Geschmiere auf seinem Lacken bezeugte das Selbe. Was würde Conner dafür tun, Alice einmal, nur ein einziges Mal, so spüren zu können. Konnte er wirklich mit dieser Vereinbarung leben, wenn er doch eigentlich viel mehr wollte? Und wenn ja, wie lange? Irgendwann, würde es mächtig knallen. Entweder zum Guten oder zum Schlechten. Conner raufte sich seufzend durch die Haare. „Was ist los, Conner?“ Nahm es John wunder, der ihn nun schon eine Weile beobachtet hatte, wie er die Biergläser zu den Whiskygläsern stellte und umgekehrt. Johns Stimme, drang nur unwirklich an Conners Ohr. Er dachte gerade daran, dass er sich ein Leben, egal auf welche Art auch immer, ohne Alice, nicht mehr vorstellen konnte und auch nicht wollte. Also musste er da durch, bis Alice...

„Sag mal, was hat meine Schwester gestern, bloß mit dir angestellt, dass du so durch den Wind bist?“
Endlich riss Johns Stimme, Conner aus dem Tiefen seiner wirren und trüben Gedanken. „Was?“ Vor Schreck, ließ er gleich mehrere Gläser fallen, die klirrend auf dem Boden aufschlugen. „Was zur Hölle...musst du mich so erschrecken?“
John zog die Augenbrauen hoch. „Ich rede doch schon die ganze Zeit mit dir. Was kann ich dafür, dass du Meilenweit von hier entfernt bist.“ Er verschwand in der Küche und kam mit einer Schaufel und einem Wischer, wieder nach vorne, wo Conner über den Scherben hockte.
„So, und jetzt erzählst du mir, was los ist. Und zwar alles.“ John drückte ihm das Zeugs zum Kehren in die Finger, während er anfing, die Gläser an ihren richtigen Platz zu stellen.
Conner sah ihm einen Moment dabei zu. Das durfte jetzt nicht wahr sein. Heute war echt nicht sein Tag. Was musste er auch so einen Mist träumen.
„Ich höre.“ John konnte hartnäckig sein.
Conner schnaubte genervt.
„Komm schon, du hast noch nie so etwas wie das hier gemacht.“ John zeigte, schmunzelnd, auf die Gläser.
Conner entlockte es ebenfalls ein Lachen. „Ich werde das nicht überleben."
„Und was genau?“
„Deine Schwester.“ Ihre Blicke trafen sich, als John erstaunt zu Conner runter sah. Er kannte seinen Freund echt schon lange und sie hatten bereits so einige Gespräche, was Frauen und den ganzen Kramm anging. Aber verzweifelt oder wie man das auch immer nennen sollte, war er noch nie. „Ich denke, für dieses Gespräch, sollten wir uns setzen und es, nicht mal so eben, zwischen Putzen führen. Geh schon mal raus, ich bin gleich bei dir."
Conner nickte nur. Er brauchte jetzt wirklich ein Gespräch mit seinem besten Freund. Wenn es auch nicht einfach war, mit ihm über seine kleine Schwester zu sprechen. Dennoch ließ Conner die Scherben, Scherben sein und setzte sich draußen, hinter dem Pub an den Tisch, welchen sie sich für Pausen hingestellt hatten.
„Na dann, lass hören.“ John stellte zwei Gläser Whisky auf den Tisch und setzte sich Conner gegenüber.
„Es ist noch nicht mal Mittag.“ Gab Conner, mit Blick auf die Gläser, zu bedenken. „Du siehst aber aus, als ob du einen nötig hättest.“ Grinste John daraufhin.
„Da reicht wohl einer nicht.“ Schwenkte Conner, Gedankenverloren seine Glas in seinen Händen hin und her.
„So schlimm, ist doch meine Schwester auch wieder nicht.“ Lachte John auf. Irgendwie, musste man ja diese Situation ein bisschen auflockern.
„Nein. Im Gegenteil. Alice ist...sie ist...hinreißend.“ Das Lächeln, welches über Conners Gesicht huschte, immer wenn er an Alice dachte, konnte er natürlich vor John nicht verbergen.
„Es ist also schlimmer, als ich dachte.“, fragend sah Conner zu John. „Conner...Mann...du bist verliebt. Aber sowas von offensichtlich.“
„Das darf ich aber nicht.“ Conner vergrub sein Gesicht hinter seinen Händen.
Es war nichts Neues für ihn und er wusste es ja eigentlich schon, doch die Worte, die seinen Zustand beschrieben, jetzt ausgesprochen zu hören, machte das Ganze auch nicht besser.
„Das verstehe ich nicht?“
„Ich habe es Alice versprochen.“
John verschluckte sich beinahe an seinem Whisky. „Sag nicht, dass das wahr ist? Und erzähl mir jetzt endlich, was passiert ist. Ihr wart doch gestern, zusammen unterwegs.“
Conner nickte und erzählte John, von seinem Tag mit Alice. Dem Abend im Pub, denn immer wieder brenzligen Situationen, von den Küssen, die er immer noch auf seinen Lippen spürte. Ja ok, dies behielt er für sich. Und schließlich, von ihrer Vereinbarung. Küssen, kein Sex und auf keinen Fall verlieben.
„Scheisse, was habe ich da getan?“ Conner leerte seinen Whisky, in einem Zug hinunter und stand auf.
„Ja, das frage ich mich allerdings auch. Seid ihr bescheuert? Das kann doch niemals gut gehen.“
„Ich weiß.“ Gab Conner kleinlaut zu.
„Weshalb dann der ganze Scheiss, Conner?“ John verstand es nicht. Wenn man sich liebte, sollte es doch nichts Schöneres geben, als es der Welt mit zu teilen.
„Vielleicht...weil ich dachte, dass es erträglicher ist, sie zwischendurch küssen zu dürfen und Alice dadurch näher zu sein, als sich immer und immer wieder gegen diesen inneren Drang, wehren zu müssen.“
„Ist es immer noch deswegen, dass Alice einen besten Freund und keinen für eine Beziehung braucht?“ Conner nickte. „Ich weiß nicht wie es in Alice Innern aussieht. Grundsätzlich und in Bezug auf dich. Aber was ich weiß ist, dass sie die Schnauze voll von Männern und Beziehungen hat. Das sie dich nun so nah an sich heran lässt, muss was zu bedeuten haben. Was, weiß nur sie. Falls überhaupt. Und du bist der Einzige, der es herausfinden kann.“ John versuchte Conner auf irgendeine Art zu helfen. Es war jedoch schwierig, wenn es um ein so zauberhaftes und gleichzeitig so tief verletztes Wesen ging, wie es Alice eines war. „Und wie lange willst du das durchziehen?“
Conner zuckte nur mit den Schultern. „Bis Alice...ich...keine Ahnung...Ist es denn so abwegig, dass Alice das selbe empfinden könnte?“
„Nein. Dafür, müssen aber noch ein paar Mauern eingerissen werden. Aber du bist der Beste, den sich Alice dafür hätte wünschen könnte, wenn sie es den tun würde.“ John klopfte Conner auf die Schulter, der mittlerweile aufgestanden war und an der Wand lehnte.
„Wahrscheinlicher ist es, dass sie sich gar keinen gewünscht hat.“
„Spielt das eine Rolle? Du bist jetzt nun mal da. Und so wie ich das sehe, ist meine kleine Schwester, so abgeneigt auch wieder nicht. Oder habe ich deine Erzählungen falsch interpretiert?“
Conner atmete tief durch. „Das ist es ja, was mich auch so wahnsinnig macht. Alice ist wie ein Flummi. Mal so, mal so. Und sie zu fassen zu bekommen, ist schon mal ein Ding der Unmöglichkeit.“
„Du hast es aber geschafft.“ Conner sah John skeptisch an. „Du siehst es echt nicht, was? Der Brief, zum Beispiel. Niemand von uns, kam an Alice heran, was diesen Brief betrifft. Und dann hat sie ihn einfach so, mit dir gelesen. Sie lässt sich auf solche Vereinbarungen ein, obschon sie sich geschworen hat, niemals mehr etwas mit Männern, an zu fangen. Also, auf sie ein zu lassen. Wenn das mal nicht was ist. Du und Alice, dass...keine Ahnung...irgendetwas ist da...“ John endete abrupt in seinem Satz.
„Alice, Schwesterchen.“
Conners Blick wandte sich zur Seite und traf auf zwei bernsteinfarbene Augen, die zu leuchten begannen. Oder hatte er sich das bloß eingebildet?
„Na ihr Zwei. Macht ihr Pause?“ Alice Blick war dabei auf die zwei leeren Whisky Gläser gerichtet. Sie konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Auf Conner zu treffen, war jetzt nicht gerade Alice Plan gewesen, nachdem sie sich nun einigermaßen von ihrem Traum erholt hatte. Aber was hatte sie anderes erwartet, hier im Pub? Oder wollte sie vielleicht gerade das? Deshalb war sie doch eigentlich, in Wahrheit, da.
„Muss auch mal sein.“ Grinste John und umarmte Alice. „Na Ali, können wir dir irgendwie behilflich sein?“
„Ich weiß, du hast viel zu tun, aber ich bräuchte unbedingt die Hilfe eines starken Mannes.“ Alice wollte eigentlich Conner um Hilfe bitten. Doch nach ihrem Traum und der Tatsache, dass ihr gerade wieder heiß wurde, wenn sie Conner dort so stehen sah, hatte sie sich spontan dagegen entschieden.
John hob eine Augenbraue und sah zuerst zu Conner, dann wieder zu Alice. „Macht dir der Garten zu schaffen?“
„Mmmm...“
„Ich habe dir gesagt, dass du den ganzen Mist roden sollst, um dann alles neu an zu pflanzen.“
Alice rollte mit den Augen. „Du verstehst es einfach nicht und das musst du auch nicht. Ich brauche nur jemanden, der mir hilft. Also, machst du es?“
„Und was ist mit dem Pub?“
„Conner ist ja da.“ Alice Blick war beinahe entschuldigend, weil diese Aussage, so unglaublich plump und kalt rüber kam.
„Ja eben, Conner ist da. Er wird dir sicher gerne helfen. Außerdem, hat er mehr Mukkis, als ich.“ John wusste ganz genau, dass Alice, Conner nur aus dem Weg gehen wollte. Doch damit, kam sie nicht durch. „Ich lass euch mal alleine. Dann könnt ihr das klären.“ Mit einem verschmitzten Grinsen, nahm John die Gläser, den Whiskey und ließ die Zwei einfach so stehen. Bevor irgendeiner von beiden, etwas hätte dagegen einwenden können.
„Du willst nicht, dass ich dir helfe?“ Alice zuckte mit den Schultern. „Warum?“ Conner versuchte an Alice Haltung irgendwas zu lesen
„Ich weiß es nicht.“ Während Alice das sagte, ging sie zu Conner rüber. Lehnte ihre Stirn an seine Brust und legte die Hände an seine Seiten.
Conner atmete erleichtert auf. Was ihm einen fragenden Blick von Alice einbrachte. „Ich dachte schon, das Spiel mit aus dem Weg gehen, würde wieder von vorne beginnen.“
Statt zu antworten, legte Alice ihre Hände an Conners Wangen und zog ihn zu sich runter. Auch wenn sie wusste, dass sie es bereuen würde.
Kaum berührten ihre Lippen die seinen, die fast genau so schmeckten, wie in ihrem Traum, brodelte ihr Blut, wie in einem Vulkan, kurz vor dem Ausbruch. Als wären seine Nähe, sein Duft und seine Lippen, nicht schon Folter genug gewesen, legte Conner auch noch seine Arme um Alice Taille und zog sie so näher an sich heran. Und ja, sie bereute es. Aber es war, gleichzeitig auch so unglaublich toll. Nicht so wie gestern. Nein, es war - ja, wie war es? Als hätten sie beide nur darauf gewartet, dass sie dies wieder tun konnten? Genau so war es.

John, der es sich einfach nicht nehmen ließ, zu sehen, was sie tun würden, nachdem er sie einfach so hatte stehen lassen, fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Gleichzeitig überkam ihn eine Gänsehaut. Dieses Knistern, als Alice auf Conner zu ging. Man konnte es einfach spüren, dass da mehr war.
Doch so offensichtlich alles war, zumindest für Außenstehende, so uneben würde der Weg noch werden, wenn Alice nicht noch mit dem Rest ihrer Vergangenheit raus rücken würde. Den ganzen Schlamassel, der sie dazu brachte, Mauern um sich auf zu bauen, die wohl eher aus Stahl, als Beton waren. Doch da, mussten sie jetzt zusammen durch, wollten beide mehr von dem, was sie bereits hatten. John war sich ziemlich sicher, dass sie es schaffen würden.
Noch einmal betrachtete er die Beiden, die sich, mittlerweile von einander gelöst hatten, und verschwand im Innern des Pubs.

Ihre Blicke, hatten sich in einander verhakt. Lächelnd, ließ Conner seine Hände an Alice Rücken rauf wandern, bis sie bei ihren Wangen angelangt waren. Ohne Drang, zog er ihr Gesicht, zu seinem, um noch einmal ihre Lippen zu berühren. „Und jetzt erzähl mir doch mal, was du für ein Problem mit deinem Garten hast.“
„Viele...“ Noch immer wie hypnotisiert, stand Alice da und hatte ihre Hände in Conners Hüften gekrallt, um nicht den Halt zu verlieren.
„Und die wären?“
„Ich...ehm...du...vielleicht...“ Stammelte Alice vor sich hin. ˋHallo, Erde an Alice. Zurück kommen. Hirn einschalten. Sprache wieder findenˋ, schrie ihr Unterbewusstsein. Alice schloss kurz die Augen. Löste sich dann von Conner, um wieder denken zu können. „Schwierig zu erklären. Das müsstest du dir schon selber ansehen kommen.“
„Das heißt, ich soll dir helfen?“
„Ja...wenn...“ Würde sie heute vielleicht auch noch einen, einigermaßen sinnvollen Satz, zustande bekommen?
„Also doch nicht John?“
Verdammt nein. War er so schwer von Begriff? Doch anstatt ihm dies zu sagen, schüttelte Alice nur den Kopf.
Dieser, fing an zu grinsen. „Du dumme Nuss.“ Zog Conner Alice in eine feste Umarmung. Knuddeln, um vom Verlangen ab zu lenken. Half nur minimal, aber dafür, war es um so schöner, Alice Lachen zu hören. „Ich gehe kurz zu John. Dann können wir los. Ok?“
„Das wäre super.“
Conner grinste. „Nicht weggehen.“ Er ließ es sich nicht nehmen, Alice noch einmal einen Kuss zu geben.
„Niemals“, nuschelte sie in den Kuss hinein.

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