Kapitel 78

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„Na, hast du gut geschlafen?“ Wurde Alice, strahlend von Conner begrüßt, als sie in die Küche kam, in der es schon lecker nach frischem Kaffee roch.
„Tief und fest. Warum hast du mich denn nicht geweckt?“
Conner kam auf Alice zu, legte seine Hände an ihre Wangen und gab ihr einen sanften Kuss. „Genau deswegen. Du hast so friedlich geschlafen, da habe ich es einfach nicht übers Herz gebracht, dich zu wecken.“
Alice seufzte. Konnte es bitte immer so sein. „Aber wir wollten doch heute nach Dingle. Da kann ich doch nicht den ganzen Tag verschlafen.“
Conner musste, über diese Aussage, lachen. „Es ist noch früh. Also haben wir alle Zeit der Welt. Erst wird gefrühstückt.“ Mit diesen Worten, rückte Conner einen Stuhl zurecht und drückte Alice sanft auf diesen.
„Erzählst du mir noch, warum du gestern so still warst während dem Nachtessen. Bedrückt dich irgendwas?“
Conners besorgter Blick, traf Alice, als sie von ihrem Teller auf sah. „Alles ist bestens, Conner. Mach dir keine Sorge. Ich genoss es einfach, mit lieben Menschen zusammen zu sitzen und euren Gesprächen zu lauschen. Das Gefühl von Familie, hatte ich viel zu lange nicht, weshalb ich jeden Moment genieße, der mir dieses Familiengefühl zurück gibt.“
Conner war überwältigt, wie offen Alice gerade kundtat, wie es gestern in ihr aussah. War sie doch sonst eher etwas verschlossen und musste aus der Reserve gelockt werden. Conner fasste über den Tisch hinweg nach Alice Hand und drückte eine Kuss darauf. Auch heute Morgen hatte er wieder das Gefühl, dass dieser Glanz in Alice Augen lag, den er nicht beschreiben konnte. Seit Silvester war er da.
Hatte Conner zuvor noch nie etwas davon gehört, dass man sich mehrmals in die selbe Person verlieben kann, so wusste er es spätestens jetzt. Denn es gab immer wieder Momente, da verliebte er sich neu in Alice. Oder noch mehr. Auch wenn er dachte, das dies kaum mehr möglich war. Conners ganzes Herz war voll von der Liebe für sie. Ein wahnsinniges Gefühl. Das er ihr diese Liebe endlich offen zeigen konnte, war noch um einiges schöner.

Etwas später, waren sie gestärkt, auf dem Weg ins Städtchen Dingle. Es war, von Rose her, ein gutes Stück zu Fuß. Doch hatten sie sich gemeinsam dafür entschieden, nicht mit dem Auto zu gehen. Es war ein viel zu herrlicher Morgen.
Der Weg, führte am Meer entlang, auf dem draußen bereits einige Boote zu sehen waren. Für Fischer, war es zu spät. Wohl irgendwelche Boote für Touristen, die zu den Skellig Islands fuhren.
„Denkst du, heute wäre ein guter Tag, um mit einem der Boote raus zu fahren, damit wir vielleicht doch noch den Delphin sehen können, bevor wir wieder heim müssen?“, fragte Alice in die Stille hinein.
„Das Wetter wäre sicher perfekt. Ich weiß jedoch nicht, ob die im Winter raus fahren. Aber wir schauen dann einfach mal, wenn wir beim Hafen sind. In Ordnung?“
Alice Strahlen, mit welchem sie zu Conner hoch sah, war Antwort genug. Seine Überraschung, würde sie bestimmt ausflippen lassen.
„Ich hoffe, dass sie fahren. Denn ich würde gerne mal einen Delphin sehen und streicheln. Die haben irgendwie so etwas mystisches an sich.“ In Alice Stimme war Sehnsucht zu hören und beinahe wäre es aus Conner raus geplatzt, dass heute ihr Wunsche in Erfüllung ging. Stattdessen legte er seinen Arm um Alice und zog sie an sich. „Du wirst sicher mal einen Delphin sehen und streicheln.“ Conner gab ihr einen Kuss aufs Haar.
Das Städtchen wirkte etwas verschlafen.
„Im Winter, scheint hier nicht viel los zu sein.“, bemerkte Alice.
„Nein. Doch ab Mai, kann sich Dingle, vor Touristen, kaum mehr retten. Da brummt der Bär.“
„Ja, das ist eigentlich überall so.“ Alice mochte die Zeit, zwischen der Hauptsaison. Alles war etwas ruhiger und Irland konnte wieder ein paar Gänge runter fahren und durchatmen.
Dingle gefiel Alice auf Anhieb. Es war ein sehr schönes Städtchen, mit viel Charme. Wenn man den Weg zur Kirche hoch lief und auf der anderen Seite wieder runter, hatte man einen weiten Blick, über die grünen Hügel und irgendwann auch wieder über das Meer. Oder viel mehr den Hafen. Auf diesem Weg, entdeckte Alice auch einen Pub, der sie total faszinierte. Neben dem, dass er riesig aussah, war er von außen, sehr schön gehalten. Er hatte eine schneeweiße Fassade, als sei sie eben gerade frisch gestrichen worden. Die Fensterbänke waren grün und die oberen Fenster, waren ebenfalls mit grün umrandet. Auf einer kunstvollen Holzplatte, stand in schwungvollen Buchstaben 'The Dingle Pub'. Rechts und links davon, war je ein großes grünes Kleeblatt, in die kleine weiß Kleeblätter gemalt waren. Bei näherem Hinsehen, sah Alice, dass es nicht bloß ein Pub war, sondern gleichzeitig auch noch ein Restaurant und ein B&B.
„Beeindruckend nicht?“ Alice nickte.
„Unser Pub, könnte auch mal einen neuen Anstrich vertragen. Der sieht seit Jahren gleich aus. Und die Sache mit dem B&B, könnte man sich auch mal überlegen.“, redete Alice mehr mit sich.
„Dann mach doch mal den Vorschlag. Der Pub ist schließlich auch dein Erbe.“
„Veränderungen in Ballyconneely?“ Alice lachte auf. Conner stimmte mit ein. Der Gedanke daran war schon witzig, wenn man das Dorf kannte.
„Willst du rein?“
„Nein.“ Schüttelte Alice den Kopf.
„Dann komm. Gehen wir zurück zum Hafen.“ Conner nahm Alice wieder bei der Hand und schlenderte mit ihr die Straße runter. „Wusstest du eigentlich, dass mein erster Job in Ballyconneely, bei Marv auf dem Boot war?“
„Echt? Das hast du mir noch gar nicht erzählt.“ Erstaunt, sah Alice zu Conner.
„Ich bin da, mehr oder weniger hinein gestolpert. Gleich, als ich zur frühen Morgenstunde, in Ballyconneely angekommen bin.“ Conners Blick, wurde irgendwie sehnsüchtig, als er so in den Erinnerungen schwelgte und die Schiffe der Fischer im Hafen liegen sah.
„Vermisst du es?“
„Manchmal schon. Es hatte etwas beruhigendes. So weit draußen auf dem Meer. Nur du und das Wasser. Um dich herum, ist es still und man hat mal Zeit, seinen Gedanken nach zu hängen, ohne den Zeitdruck der heutigen Zeit.“ Conner sah zu Alice, die sich an seinen Arm gekuschelt und ihren Blick ebenfalls in die Ferne gerichtet hatte. „Du hast dich doch gestern gefragt, weshalb ich mich von dieser Landschaft hier lösen konnte und es mich nicht mehr zurück zog?“ Alice löste ihren Blick von der Ferne und wandte ihn Conner zu. „Es ist die Ruhe und die Gelassenheit in Ballyconneely. So schön es hier ist. Und so gern ich hier her zurück komme. So ticken die Uhren hier schon ganz anders. Schneller. Hektischer. Genau, wie die Touristenströme die hier her kommen und wieder gehen.“
„Da hast du wohl recht. In Ballyconneely, scheint man noch mehr Zeit zu haben. Das habe ich sofort wieder bemerkt, als ich zurück kam. In all den Jahren, in denen ich weg war, hat sich so gut wie nichts verändert. Und du kannst dir nicht vorstellen, wie gut mir das, gerade in der Zeit, tat.“
„Vielleicht nicht im Ganzen. Aber ein kleines Bisschen.“ Conner strich Alice eine Haarsträhne aus dem Gesicht
„Wie bist du dann zu deinem Job im Pub gekommen?“
„Eigentlich auch mehr durch Zufall.“ Conner musste lachen, als er daran dachte. „Wir saßen alle im Pub, nachdem wir am Nachmittag noch einmal draußen waren. Es war Sommer. Und aus irgendeinem Grund, die Hölle los. Savannah und John, hatten mehr als alle Hände voll zu tun. Irgendwann, habe ich mir ein Tablet, gefüllt mit Guinness, geschnappt und habe es verteilt, wo es hin gehörte. Von diesem Augenblick an, war ich für den Rest des Abends eingebunden. Und da ich mich recht geschickt und als brauchbar erwies, hatte ich gleich mal einen weiteren Job.“
„Du hattest am Anfang beide Jobs?“, fragte Alice erstaunt.
„Bis es mir zu viel wurde und Marv mich so oder so nicht mehr brauchte. John hingegen, war mehr als froh, dass ich danach auch häufiger einspringen und anpacken konnte. So konnten sie dann auch mal Ferien machen.“
Alice war stehen geblieben und sah Conner einfach nur an.
„Was?“, wollte Conner wissen.
„Nichts. Außer, dass du ein Glücksgriff warst und bis. So oder so.“
Conner fasste Alice um die Hüften. „Es war mein Glück, dass ich dort gelandet bin, wohin du zurück gekommen bist.“ Er küsste sanft Alice Stirn und verharrte kurz, um dann seine Stirn an die selbe Stelle zu legen. „Bist du bereit für eine kleine Überraschung, Leannan?“
Alice löste sich von Conner und sah ihn mit grossen Augen an. „Eine Überraschung?“ Auf Conners Nicken, schlang sie überschwänglich ihre Arme um seinen Hals.
Conner drückte Alice fest an sich. „Du weißt doch noch gar nicht, was es ist.“ Lachte er.
„Das spielt keine Rolle. Die Geste zählt. Es ist schon ewig her, dass jemand eine Überraschung für mich hatte und es grundsätzlich wichtig war, mir eine Freude zu machen.“
„Dann wird es wohl endlich mal wieder Zeit dafür.“ Conner gab Alice einen Kuss und zog sie, hinter sich her, damit sie weiter kamen.

Beim Kernpunkt des Hafens, entdeckte Alice die bronzene Statue eines Delphins. „Mach mal ein Foto, Conner.“ Eilte sie darauf zu und positionierte sich.
Schmunzelnd kam Conner näher und betrachtete seine Leannan, wie sie voller Lebensenergie war und gerade so richtig aufblühte. „Das ist übrigens meine Überraschung für dich“, sagte er, als genügend Fotos gemacht waren.
„Was genau? Die Fotos?“
Lachend schüttelte Conner den Kopf. „Das du Fungie kennenlernst. Wir werden gleich mit dem Boot raus fahren.“
„Dein Ernst? Aber es sieht nicht aus, als würden sie fahren.“
Conner zuckte unwissend mit den Schultern. „Ich hab da so meine Verbindungen. Als du letztes Mal so enttäuscht warst, habe ich einen alten Freund angerufen und ihn gefragt, ob es machbar wäre, bei schönem Wetter raus zu fahren. Er hat zu gesagt.“ Kaum hatte das letzte Wort, Conners Mund verlassen, fiel Alice ihm so überschwänglich um den Hals, so dass er gerade noch so, das Gleichgewicht halten konnte. Wie ein Äffchen, klammerte sich Alice an Conner fest. Löste sich dann jedoch soweit, dass sie ihn ansehen konnte. „Du bist der Beste!“
Spürte Conner ihre Lippen auf den seinen und wie sie ihm einen langen, leidenschaftlichen Kuss schenkte. Dies war ihre Art, ihm zu sagen, wie sehr sie ihn gern hatte. Ja vielleicht sogar liebte.
„Bereit?“ Löste sich Conner, nach Atem ringend von Alice.
„Aber unbedingt.“ Alice spürte sogleich wieder Boden unter ihren Füssen, worauf sie nach Conners Hand griff, um sie fest mit ihrer zu umschließen.  

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