„Sag mal Conner, wie lange haben uns Savannah und John, Zeit zur Verfügung gestellt?“ Sie waren nun bereits eine Woche hier draußen in diesem Cottage, welches ohne Luxus auskam und dennoch seinen Charme hatte. Die Tage waren mehrheitlich freundlich, weshalb Alice und Conner viel Zeit in der Natur verbrachten. Lange Spaziergänge der Küste entlang machten. Doolin einen Besuch abstatteten und einen ausgelassenen Abend im Pub verbrachten. Alles Dinge, die nicht spektakulär waren und zu ihrem normalen Beziehungsleben dazu gehörten. Nun jedoch für Alice und Conner erst wieder zur gemeinsamen Normalität werden musste. Waren die Tage schön und sonnig, wurden die Nächte deutlich kälter. Hier draußen, wo Wind und Wetter über das Cottage fegte, spürte man den nahenden Winter noch mehr.
„Sie haben nichts gesagt. Nur, dass wir uns die Zeit nehmen sollen. Es klang so, als hätten sie nur darauf gewartet.“ Diese eine kurze Woche, fühlte sich nach so viel mehr an. Sie hatten endlich Zeit, sich einmal in Ruhe über alles zu unterhalten. Was wichtig war, damit die Wunden heilten und sie Reaktionen oder Stimmungen des anderen, besser verstehen und einschätzen konnten. Es war noch nicht wieder ganz so, wie vor Brians Auftauchen, zwischen Conner und Alice. Sie waren jedoch auf dem besten Weg dorthin. Ohne darüber zu sprechen, ahnten beide, dass es wahrscheinlich nur noch dieser eine letzte Schritt in ihrer Intimität war, der das fehlende Puzzlestück war. Weiter als sich gegenseitig durch intensive Streicheleinheiten zum Orgasmus zu bringen, waren sie immer noch nicht. Was jedoch mehr war, als Conner für möglich hielt.
„Wieso fragst du? Willst du nachhause?“ Conner sah Alice fragend an, als er sich zu ihr umdrehte.
„Nein, möchte ich nicht. Deshalb frage ich.“ Alice schlang ihre Arme um Conners Taille, ließ ihre Hände in seinen Gesässtaschen verschwinden und sah mit einem Lächeln auf den Lippen, zu ihm hoch. „Es ist schön hier, mit dir. Noch nicht ganz so intensiv, wie in unserem Urlaub auf den Malediven. Dafür fehlt einfach noch etwas, damit unsere Beziehung wieder das ist, was sie war. So ganz genau einordnen was es ist, konnte ich noch nicht. Aber ich habe ein gutes Gefühl, dass wir das auch noch hinbekommen. So lange wir genügend Zeit haben.“
„Ich bin froh, dass wir überhaupt schon wieder so weit sind.“ Conner legte seine Hände an Alice Wangen und umschloss ihre Lippen mit seinen. „Und was die Zeit angeht. Die nehmen wir uns einfach. Nach diesen fünf harten und langen Monaten, steht es uns zu, würde ich sagen.“
Alice nickte und schmiegte sich in Conners Arme. Ihr Blick schweifte in die Ferne. „Erinnerst du dich an das erste Mal, als wir gemeinsam auf den Cliffs standen?“ Sie hatten es endlich geschafft, die Wanderung zu den Cliffs of Moher zu machen. Hier standen sie nun, etwas abseits des Touristenstroms, der mit jeder Minute zu nahm. Hier aus der Ferne, konnten sie es sehen, wie sich die Wege um den Turm füllten. Weshalb sich Alice und Conner noch etwas Zeit ließen, den Rest der Strecke, bis dorthin, unter die Füße zu nehmen. Sie waren gut in der Zeit, um ihr Vorhaben, weiter nach Liscannor zu wandern, in die Tat umzusetzen. Da das Wetter gut aussah, machten sie sich früh morgens auf den Weg. Die Strecke hatte es in sich. Ging den Klippen entlang, steil aufwärts und führte meist nur über einen Trampelpfad. Kleine Flüsse wurden teilweise mit Schifferplatten überlegt, damit es die Überquerung erleichterte. Die meiste Strecke des Weges war matschig. Ein Wanderweg der sich den Begebenheiten anpasste und nicht andersrum. So, wie es in Irland nun mal war. Alice war die ganze Zeit froh, um Conners sichere Hand, die ihre fest umschlossen hielt und kaum für eine Sekunde los ließ. Das zeitige Aufstehen, hatte sich gelohnt. Alice und Conner blieben immer mal wieder stehen, um dabei zu zusehen, wie der Tag vollständig erwachte und dabei die Natur in ihre schönsten Pracht zeigte. Man konnte es durchaus romantisch nennen, mit dem Mann, den man liebte, dies zu erleben. Sie beide brauchten genau solche Momente, um den Rest des Jahres damit zu füllen, damit die fünf Monate ihrer noch jungen Liebe, nicht alles überschattete. Dieser Morgen, war perfekt dafür und ließ beide beinahe vergessen, was war.
„Wie könnte ich nicht. Ich stand schon damals mit der Frau meines Leben hier und hatte wundervolle Tage voller Liebe, hinter mir. Ich durfte dir endlich sagen, dass ich dich liebe.“ Conner konnte noch immer dieses Gefühl, welches damals seinen Körper durchflutete spüren. Es war dem ähnlich, was er jetzt in dem Moment spürte. „Jetzt wieder mit dir hier zu stehen, macht mich glücklich und dankbar.“ Dieser Morgen mit Alice, auch wenn der Weg teilweise anstrengend war, hätte nicht perfekter sein können. Die Sonne war noch nicht aufgetaucht, als sie sich auf den Weg machten. Was ihnen unterwegs einen wundervollen Sonnenaufgang bescherte. Conner würde es sofort als romantisch beschreiben, da sie beide während dem, in einem himmlischen Kuss versanken. Wahrscheinlich hatte Alice recht und sie würden auch noch das letzte Stück Distanz zwischen ihnen, hier an der Küste von Doolin, schließen können. Conner hoffte, dass sie einige Schritte weiter waren, wenn sie nach Ballyconneely zurück kehrten. Wie damals, als sie von ihrem ersten Liebesurlaub heim kamen und den Alltag viel besser meisterten, als davor. Die dunklen Wolken der Vergangenheit, zogen danach einfach zu schnell wieder auf. Doch daran, wollte Conner jetzt nicht denken.
Alice schenkte ihm darauf ein strahlendes Lächeln. Ihn so glücklich zu sehen, war alles, was sie wollte. Neben ihrer gewohnten, gemeinsamen Normalität. Alice legte ihre Arme um Conners Hals und zog ihn zu sich runter. Der Kuss der folgte, ließ sie beide, alles um sich herum ausblenden und vergessen, wo sie standen. Alice hatte es vorhin nicht einfach so dahin gesagt, dass sie es im Gefühl hatte, dass sie sich wieder genau so nah waren, nach dieser gemeinsam Zeit. Denn mit jedem Kuss und jeder dazu gehörenden Berührung, verspürte sie den Drang in sich, Conner dieses letzte Stück wieder näher zu kommen. So nah, wie sie sich waren, bevor Brian alles zerstört hatte und die schönste Nebensache zwischen zwei Liebenden, einmal mehr zur Hölle machte. „Kannst du es auch spüren, dass wir nicht mehr weit entfernt, vom letzten Schritt sind?“, flüsterte Alice, als sie ihre Lungen wieder atmen ließen und den Kuss beendeten.
Das konnte Conner. Mehr als deutlich. Er überließ es jedoch Alice, diesen als erstes zu gehen. „Wenn du bereit dazu bist, werden wir ihn gehen.“
Dieser Mann war einfach ein Geschenk. Alice verstärkte ihren Griff und drückte sich fester an Conner. „Ich liebe dich.“
Conner ließ sich seufzend in Alice Liebe sinken, mit der sie ihn gerade wieder überschüttete. Dabei war sie es sich wahrscheinlich nicht einmal bewusst.„Ich denke, wir nehmen am besten wieder den Weg zurück nach Doolin. Der ist kürzer.“ Hinter den Aran Inseln, die vor den Cliffs of Moher lagen, türmten sich bereits schwarze Wolken auf. So schnell konnte das Wetter in Irland ändern. Conner hatte gedacht, dass der Regen warten würde, damit sie nach Liscannor weiter konnten. Die Touristen um sie herum, schenkten dem Schauspiel über dem Meer, keine Beachtung. Zu weit weg, schienen ihnen wohl die Wolken noch. Conner und Alice, wussten es jedoch besser.
Diese nickte zur Bestätigung und legte ihre Hand in Conners Handfläche. Augenblicklich spürte sie die Stärke darum.
Sie waren noch nicht einmal die halbe Strecke gegangen, hatten jedoch die Touristen bereits hinter sich gelassen, als ein frischer Wind aufkam. Dies bedeutete, dass es wohl nicht mehr lange dauern würde, bis der Regen sie erreichte. Conner hatte beim Hinweg einen Unterschlupf gesehen, der die Hirte benutzten, wenn sie das Wetter überraschte. Zur Not, würden sie dort unterkommen können, sollten sie es nicht bis zum Cottage schafften.
Die ersten dicken Tropfen, die vom Himmel fielen, ließen Alice und Conner schneller gehen. Was kein leichtes Unterfangen war, auf diesem unebenen Weg.
„Conner warte, nicht so schnell.“ Alice stolperte und verlor das Gleichgewicht.
„Ich hab dich.“ Er konnte sie gerade noch rechtzeitig auffangen, bevor Alice den Boden erreichte. Fest, drückte er sie an sich. „Geht es?“
Alice nickte. „Wir schaffen es nicht trocken bis zum Cottage. Weshalb wir uns auch nicht beeilen müssen.“
„Bis zum Cottage nicht. Aber bald sollte ein Unterstand kommen. Den habe ich heute Morgen gesehen. Es ist immer gut, wenn man sich solche Dinge merkt, wenn man wandert.“
„Mein Überlebenskünstler.“ Lächelte Alice und strich durch Conners Haare, die bereits feucht waren, von den Regentropfen, die immer mehr und stärker wurden.
Conner entwich ein Lachen. Alice konnte selbst eine solche Situation, prickeln lassen. „Lass uns gehen, damit wir nicht ganz durchgeweicht werden.“
Tatsächlich war es nicht mehr weit, bis der Unterschlupf in der Ferne auftauchte. Es war viel mehr eine kleine Hütte. Wahrscheinlich um irgendwas zu lagern.
Dennoch waren Alice und Conner bereits klatschnass, als sie diese erreichten. Conner schob den Riegel zur Seite und ließ Alice als erstes rein. Die Höhe reichte gerade so zum stehen. Die Steinmauern und das Reetdach, hielten das Innere trockner und ließen die Feuchte weniger rein, als wenn alles aus Holz wäre. In der einen Ecke, hatte es eine kleine Feuerstelle, neben der ein Bündel Holz lag und in der anderen, hatte es etwas Stroh oder Heu am Boden.
„Was für ein Sauwetter.“ Schüttelte sich Alice. Sie hatte sich den weiteren Verlauf des Tages, anders vorgestellt. Doch irgendwie, hatte das auch was. Wenn erst ein kleines Feuer brennen würde, konnte es hier sicher kuschelig werden, bis sich der Regen etwas gelegt hatte und sie weiter nach Doolin konnten. Ein Abenteuer schadete ihnen beiden nicht. Im Gegenteil.
„Ich mach mal Feuer. Da hinten hat es Decken. Wir müssen aus den Kleidern raus, damit wir uns nicht erkälten.“ Machte sich Conner sogleich an die Arbeit. Seine Gedanken, die gerade durch seinen Kopf rasten, verdrängte er. Vor einem halben Jahr noch, hätten sie die Gelegenheit genutzt, um sich der schönsten Hauptsache in ihrer Beziehung, zu widmen. Wie schön es doch wäre, dies heute auch wieder tun zu können. Es würde auf jeden Fall dazu beitragen, dass sie warm hätten. Conner kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. Es waren die komplett falschen Gedanken, in der jetzigen Situation.
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Irish Heart - Sprache des Herzens
RomanceDie unberührten Küsten, sanften grünen Hügel, der Himmel, der die Erde zu berühren scheint, lang vergessene Gerüche und das raue Meer, Irlands. Dies ist Alice Callahans Heimat. Ihre Wurzeln. All das, hatte sie, nach dem Tod ihrer Eltern verlassen...