Kapitel 45

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Ganze zwei Tage, war Conner schon weg von Ballyconneely. Seit drei Tagen, hatte er Alice nicht mehr gesehen. Was Conner vorkam, wie eine Ewigkeit. Wie gerne, würde er die Zeit zurückdrehen, um ihr Gespräch auf dem Feenhügel in eine andere Richtung zu lenke. Damit er die Chance hatte, anders zu reagieren. Conner war sich nun ziemlich sicher, dass Alice nicht einfach nur schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht haben musste, sondern Gewalt im Spiel war. Es machte ihn wütend, wenn Männer Frauen wie ihr Eigentum behandeln und sie demütigten und schlugen. Conner hoffte zwar, dass er komplett falsch lag. Doch so wie Alice auf seinen Ausraster reagierte, konnte er nicht so sehr daneben liegen. Alles in Conner zog sich schmerzhaft zusammen, wenn er nur daran dachte, dass jemand Alice weh tat. Sie gar misshandelt hatte. Es war grausam, menschenunwürdig und hatte nichts mehr mit Liebe zu tun.
Conner atmete tief durch und schwenkte den Whiskey in seinem Glas. Er saß in einem kleinen Hotel, etwas außerhalb von Dublin. Geschäftlich. Nach Alice Rausschmiss, bat er John um ein paar Tage Auszeit. Dieser bot ihm an, es mit ein paar Terminen zu verbinden. Dankend nahm Conner diese Abwechslung an. Es brachte ihm bloß nicht die erwünschte Ruhe oder was auch immer Conner erwartete. Im Gegenteil. Es war zum verrückt werden. In jeder freien Minute, in der er Zeit zum denken hatte, waren Conners Gedanken bei Alice. Wie sollte er bloß zwei weitere Tage überstehen, ohne zu wissen wie es Alice ging. Sie antwortete nicht auf seine Nachrichten. Auf eine Weise verständlich, wenn er sie wirklich an ihre Vergangenheit erinnert hatte. Auf der anderen Seite, konnte Conner auch nicht hellsehen. Es war immer wieder eine Gratwanderung, mit Alice umzugehen. Jeden Tag von Neuem. Dennoch war es jede Stunde und jede Minute wert. Alice war es wert. Wenn das alles nicht, war es zumindest die Liebe wert. Aus dieser Liebe heraus, wollte Conner Alice auch die Zeit geben, die sie einmal mehr brauchte. Conner hoffte, dass sie ihr dabei half, wieder klarer zu denken. Wenn da bloß nicht diese Sehnsucht wäre, die ihn beinahe um den Verstand brachten und Conner den Schlaf raubte. Er konnte und wollte Alice nicht kampflos aufgeben und ihr damit etwa noch bestätigen, dass sie recht hatte mit ihrer Annahme, Conner würde irgendwann einen Rückzieher machen. Tat er nicht. Wenn es ihn auch jeden Nerv und die letzte Energie kosten würde, war aufgeben nicht nur die letzte, es war gar keine Option. Weshalb er jetzt auch etwas völlig bescheuertes machen würde.
In einem Zug, leerte Conner den Whiskey seine Kehle runter. Geräuschvoll landete das leere Glas auf dem Tressen der Hotelbar.

Alice hatte sich auf einen gemütlichen Abend eingestellt. Sie startete den ersten Versuch, einen Abend in ihrem Haus, auf dem Feenhügel zu verbringen. Seit sie von Brian weg war, war sie nie mehr alleine irgendwo. Schon gar nicht über Nacht. Am Anfang, hatte sie regelrechte Panik Attacken, wenn sie alleine war. So sehr, fühlte sie sich verfolgt und beobachtet. Wenn sie auch nicht mehr so viel von dem besagten Tag wusste, Alice nannte ihn, ihren 'Glückstag', so konnte sie doch eines nicht vergessen. Dies waren Brians letzten Worte, bevor er sie einfach liegen ließ und ihrem Schicksal überlassen hatte. Dieses Gefühl, verfolgt zu werden, ließ erst nach, als Alice über dem grossen Teich, in Dublin gelandet war. Weg, war es jedoch auch in Irland nie.
Heute Abend, stand also ein weiterer Schritt, in ein relativ normales Leben an. Ein Leben, in dem Alice alleine zurecht kam. Ohne Panik und Verfolgungswahn.
Nach einem leckeren Nachtessen, nahm Alice ein ausgiebiges Bad, welches ihre bereits flattrigen Nerven beruhigen sollte. Kaum brach die Dunkelheit über dem Feenhügel herein, wurde Alice nervös. Schreckte bei jedem Geräusch zusammen. Zu allem übel, blies ausgerechnet an diesem Abend der Wind über die Hügel.
Nun saß Alice mit einem warmen Tee und einem Buch vor dem warmen, knisternden Kamin. Jedoch auch nur eine Zeile aus dem Buch zu lesen, war ein Ding der Unmöglichkeit.
Alice Kopf brachte sie beinahe um den Verstand. Es wummert darin, als würde jemand eine wilde Party, mit fetten Drum und Bass Beats feiern. So heftig, dass Alice zwischenzeitlich, auch immer wieder Schwindel verspürte. Diese höllischen Kopfschmerzen, plagten sie immer mal wieder, seit ihrem Schädelhirntrauma, bei dem sie mehr als nur einen Schutzengel hatte. Oft kamen sie, wenn eine Wetterveränderung bevor stand. Oder bei Stress, jeglicher Art. Auch seelischer.
Genau dieser, neben dem Stress aus Panik und Angst, machte Alice bereits seit drei Tagen zu schaffen. Seit sie Conner aus dem Haus warf.
Seit dem kreisten ihre Gedanken unaufhörlich um ihn. Sein Lachen, seine Witze, ja einfach alles, was sie so an ihm schätzte, mochte und brauchte, fehlten Alice seit dem. Seit dem Tag, der alles ins Wanken brachte und veränderte. Dieser eine, verdammte Augenblick. Der Bruchteil einer Sekunde, ein Herzschlag, ein Zucken der Augen. Und alles war vorbei. Alice wollte es nicht. Sie hasste sich sogar dafür, was sie getan hatte. Denn ihr Herz wusste, kaum hatte Alice die Tür vor Conner zu geschlagen, dass er ihr niemals etwas tun würde. Das sie ihn, mit ihrer negativen Einstellung, sich gegenüber, in den Wahnsinn getrieben hatte. Schlussendlich war es jedoch besser so. Lieber jetzt, als noch später. So zumindest, redete es sich Alice ein. Herz und Kopf, waren nicht der selben Meinung, weshalb ein fortlaufender Kampf im Gange war.
Dazu kamen ihre Gehirnwindungen, die sich unaufhörlich wie ein Karussell, im Kreis drehten. Das für und wider abwägten und keinen Anschein machten, irgendwann einmal wieder an halten zu wollen. Sie trieben Alice beinahe, in den Wahnsinn, was die Kopfschmerzen nicht unbedingt begünstigte. Genau wie jetzt.
Mit aller Kraft, presste Alice die Handflächen, gegen ihre Schläfen. In der Hoffnung, ihren Kopf so entspannen zu können. Bis ein lautes Klopfen, sie aus diesem Zustand raus holte.

Irish Heart - Sprache des HerzensWo Geschichten leben. Entdecke jetzt