„Denk nicht mehr so viel darüber nach, was alles anders gekommen wäre und warum du es nicht früher gesehen hast. Jetzt bist du wieder hier und nur das zählt.“ Savannah konnte es an Alice Gesichtsausdruck sehen, an was sie dachte.
Sie hatte Recht. „Und hier bringt mich auch schnell niemand mehr weg. Mich wirst du wohl nie mehr los.“ Schmunzelte Alice.
„Das will ich auch hoffen.“ Drückte Savannah einen Kuss auf Alice Wange. „Ja und wer weiß, vielleicht werden wir ja bald eine weitere Hochzeit feiern und dann werden wir alle zusammen sein.“
„Bis John heiratet, werden wir wahrscheinlich alt und grau sein. Wenn dies überhaupt mal passieren wird.“ Lachte Alice.
„Ich hab auch nicht von John gesprochen. Sondern von dir.“ Savannah sah ihre kleine Schwester vielsagend an, die ihr einen entsetzten Blick zu warf.
„Du bist komplett verrückt“, sagte Alice entgeistert.
Savannah wusste nicht genau, woher diese Fassungslosigkeit her kam. War es, weil eine weitere Hochzeit außer Frage stand, wobei Alice da wahrscheinlich die Rechnung ohne Conner machen würde. Oder war es viel mehr die bewusste Tatsache, dass es dazu kommen könnte. „Ist es denn so abwegig, noch einmal zu heiraten. Dieses Mal den absoluten Richtigen?“
Das war eine gute Frage. War es das? Alice wusste es nicht. Was sie wusste war, dass sie ihr restliches Leben mit Conner verbringen wollte. Wie und in welcher Form, darüber hatte Alice noch gar nie nachgedacht. Grundsätzlich rückte das Thema Hochzeit, nach dem sie wieder ihre Freiheit hatte, in eine weite, nicht zu erreichende Zukunft. Weil sich Alice das Glück verwehren wollte, sich endlich einmal richtig zu verlieben. Savannahs Blick war fragend, als Alice sie wieder bewusst ansah. „Ich weiß es nicht.“ Gab sie ehrlich zu.
„Hast du denn nie darüber nachgedacht?“
„Du kennst mich, ich war immer die Träumerin und Romantikerin der Familie. Denkst du wirklich, ich hätte nicht darüber nachgedacht?“ Alice hatte immer eine klare Vorstellung von ihrer Traumhochzeit, mit dem Mann ihres Herzens.
„Ich meinte nicht früher, Alice. Sondern jetzt.“
Alice schüttelte den Kopf. „Nach dem ganzen Horror, habe ich überhaupt nicht mehr über Dinge nachgedacht, für die es einen Mann braucht.“
Savannah musste unweigerlich lachen, bei Alice Wortwahl. „Verständlich. Doch die Männerwelt, zumindest einer davon und dazu noch der Beste für dich, hat sich nicht wirklich daran gehalten, wie man sieht.“
Das verliebte Lächeln, zeichnete Herzchen in Alice Augen. „Ich bin noch daran, mich an all das zu gewöhnen, was gerade so auf mich zukommt. Da habe ich keine Zeit, um mir jetzt schon Gedanken übers Heiraten zu machen.“ Versuchte Alice von diesem Thema weg zu kommen. Doch da hatte sie, einmal mehr, Savannahs hartnäckiges Wesen, nicht mit einbezogen.
„Aber so rein theoretisch. Würdest du es noch einmal wagen? Du kannst dir doch eine Zukunft mit Conner vorstellen? Würdest du also ja sagen, wenn er dich fragen würde“, bohrte Savannah nach.
„Das tue ich. Aber es ist alles noch so frisch und neu. Und überhaupt hat Conner noch keine Anstalten gemacht, mich zu fragen. Also komm nicht auf die Idee, ihn auf solche Gedanken zu bringen.“ Savannahs Frage, zog Kreise in Alice Kopf. Was würde sie antworten, wenn Conner ihr auf einmal, ganz unverhofft, diese eine Frage stellen würde?
„Keine Sorge. Conner ist auch ohne Hilfe, gut genug darin, sich solche Gedanken zu machen. Wenn ich ihn mir so ansehe, denke ich dass Conner schon ein paar Schritte weiter voraus ist, was eure gemeinsame Zukunft anbelangt.“ Savannah nahm Alice gedankenverlorenes Nicken, als eine Zustimmung. „Und mach dir mal keine Sorge über den Zeitpunkt. Wenn es passt, dann passt es, egal wie schnell es geht. Die für dich und euch richtige Antwort, fühlst du in deinem Herzen, wenn es soweit sein wird“, sagte Savannah, als hätte sie Alices Gedanken gehört. Ihren erstaunten Blick, ließ sie einfach mal so im Raum stehen.
So saßen sie eine Weile schweigend nebeneinander, nippten am Tee und hingen ihren eignen Gedanken nach.
„An was denkst du?“ Wollte Alice wissen, als Savannah etwas abwesend lächelte. „Ich sehe nur gerade das Bild vor mir, von euch vor dem Ball. Möchtest du dich nicht noch einmal genau so und mehr fühlen. Wie eine Prinzessin?“
Sie konnte es nicht lassen, dachte Alice. „Vielleicht, ja. Aber Conner tut schon so viel…viel zu viel, damit ich mich, immer wieder, wie eine…seine Prinzessin und etwas ganz Besonderes fühle.“
„Man kann dem Menschen, den man liebt, nicht oft genug und zu viel zeigen, wie viel er einem bedeutet und ihm das Gefühl geben, etwas Besonderes zu sein. Und Conner, sprudelt nur so über vor Liebe.“
„Das kannst du laut sagen.“ Lachte Alice auf. „Doch dafür liebe ich ihn.“
Savannah strich über Alice Wange. Es war so schön, dass sie es endlich fühlen und auch annehmen konnte. „Erzähl mir von deiner Traumhochzeit, wie du sie dir früher vorgestellt hast.“ Alice atmete tief durch. „Du brauchst nicht zu schnauben. Es war dein Bedürfnis, das aufzuholen, was wir verpasst haben. Und dazu gehören solche Gespräche und Nerv tötende, ältere Schwestern nun mal dazu.“ Stupste Savannah Alice in die Seite.
„Wie ich damals nun mal war, stellte ich mir meine Hochzeit vor, wie im Märchen.“ Gab sich Alice geschlagen und fing an zu erzählen. „Jedoch nicht, wie in einem Hollywood Film Märchen. Mehr, wie in meinem ganz persönlichen.“
„Eines mit Feen und Elfen?“ Wollte Savannah wissen und legte den Kopf auf Alice Schulter ab. Die Gabe der Erzählung, hatte Alice, wie so vieles, von ihrer Mama geerbt. Savannah liebte es schon immer, wenn sie beide im selben Bett kuschelten und Alice ihr eine Geschichte vorlas oder selber eine erfand. Sie selber hatte den Zugang zu dieser Parallelwelt nie wirklich gefunden. Die Geschichten dazu, liebte Savannah jedoch.
Alice spürte, dass gerade wieder diese Atmosphäre aufkam, wie früher. Sie rutschte auf dem Sofa nach hinten, so dass sie sich anlehnen konnte, zog Savannah an sich und legte die Decke, die dort lag, über sie beide. „Du möchtest also vom Märchen der Hochzeit hören?“ Savannah nickte. „Dann hör gut zu.“ Alice gab ihrer grossen Schwester einen leichten Kuss aufs Haar. „Die Braut trägt ein Traum, von einem weißen Kleid, welches glitzert, wie die Stern in der Nacht. Ansonsten aber eher schlicht gehalten ist. Die Haare, die ebenfalls aussehen, als würden sich die Sterne darin spiegeln, hat sie leicht zusammen genommen. Um sie herum, sitzen nur die Familie und die engsten Freunde. Was durchaus auch bedeuten kann, dass es das halbe Dorf ist. Die Braut schreitet alleine den Gang entlang, welcher mit weißen und rosa Rosenblättern übersäht ist.“ Alice machte eine Pause, um das Bild vor ihrem geistigen Auge, noch etwas deutlicher sehen zu können.
„An was das wohl liegen mag, dass sie dort alleine durchschreiten muss?“ Bemerkte darauf Savannah, die ihre Schwester etwas aufziehen wollte.
„Schscht, sei still. Sonst ist die Geschichte hier zu Ende.“ Tadelte Alice Savannah nur halb ernst gemeint. Diese kicherte, sagte aber nichts mehr. „Obwohl sie, vor lauter Aufregung, am ganzen Körper zitterte wie Espenlaub, geht die Braut, erhobenen Hauptes und mit sicherem Ziel vor Augen, den Gang weiter entlang. Ihren Blick, immer auf den Mann, der vorne auf sie wartete, gerichtet und seine Augen fixierend.“ Alice biss sich kurz auf die Unterlippe. „Das der Bräutigam in seinem eleganten Anzug oder besser gesagt, in seinem Frack einfach nur göttlich aussieht, muss ich wohl nicht erwähnen.“
Oh nein, das musste sie nicht. Savannah wusste ganz genau, dass dieser Mann, von dem Alice hier erzählte, als wäre es irgendeine Geschichte, Conner war. Sie konnte es am Tonfall ihrer Stimme hören.
„Das Strahlen auf dem Gesicht des Bräutigams, stahl der Sonne, die vom blauen Himmel lachte, beinahe die Show. Das Rauschen der Wellen, begleitete die sanften Klänge der Musik, während in der Ferne eine Möwe zu hören ist.“
„Ein irisches Wiegenlied?“, fragte Savannah flüsternd.
„Vielleicht.“ Gab Alice, ebenso leise, zur Antwort. „Doch erst, als die Braut endlich vor ihrem Liebsten steht, sieht sie die Tränen in den wunderschönen Augen des Mannes ihres Herzens. Genau wie bei ihr selber. Tränen, die von kaum fassbarem Glück her rührten.“ Alice schloss ihre Erzählung und spürte auch in ihren Augen Tränen. Diese entsprangen der Sehnsucht, nach genau diesem Märchen. Alice lehnte ihren Kopf an den von Savannah. Sie roch wie Mama, was ihr wieder dieses starke Gefühl von Zuhause sein, gab.
„Dein Märchen wird auch noch kommen, Schatz. Da bin ich mir ganz sicher.“, flüsterte Savannah und schloss Alice in ihre Arme. Sie hoffte es so sehr, dass sie mit eben diesem märchenhaften Tag, endgültig in ihre Zukunft mit Conner gehen konnte. Das er Alice heiraten würde, stand für Savannah außer frage. Genau so, wie die Antwort, die sie Conner geben wird. Wenn es so weit sein wird, würde Savannah alles daran setzen, um Alice Märchen wahr werden zu lassen. Das nahm sie sich fest vor.
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Irish Heart - Sprache des Herzens
RomanceDie unberührten Küsten, sanften grünen Hügel, der Himmel, der die Erde zu berühren scheint, lang vergessene Gerüche und das raue Meer, Irlands. Dies ist Alice Callahans Heimat. Ihre Wurzeln. All das, hatte sie, nach dem Tod ihrer Eltern verlassen...