Second opinion

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Natürlich ging jemand ran. Und ich war mir nicht mal sicher, ob die Stimme sich überhaupt verschlafen anhörte. Stormi blieb auch an Schultagen bis in die Puppen auf und suchtete irgendwelche Serien, wie sie mir früher immer ganz stolz erzählte.
Wahrscheinlich, damit ich mir mit meiner spießigen Zubettgehzeit von 21:30 erbärmlich vorkam. Stattdessen fühlte ich mich ihr nur überlegen, weil ich im Gegensatz zu ihr mein Leben im Griff hatte und nicht die halbe Nacht Verblödungssendungen guckte, um dann im Französischunterricht pausenlos zu gähnen und mir Ärger einzuhandeln.
Tja, das war einmal. Mittlerweile ging Stormi zumindest wenn Training war früh ins Bett, da konnte man sehen, wie ernst es ihr war. Sie hatte ihr Leben im Griff, ich nicht. Sie hatte Struktur und Disziplin, ich vegetierte nur vor mich hin.
Egal, wie verzweifelt ich versuchte, mir einzureden, dass ich es mir selbst so ausgesucht hatte.
Tja, meine Grübeleien konnte ich einfach nicht abstellen. Aber sie waren selbstkritischer als früher. Früher hatte ich nur auf die anderen herabgesehen.
„Hi, Lucy? Was gibts um diese Uhrzeit noch? Ich wollte jetzt ins Bett!"
Sie klang nicht mal sauer. Womit hatte ich Stormi nur verdient?
Trotzdem war es schwieriger, sich ihr zu öffnen als ich mir das vorgestellt hatte. Das lag nicht an ihr, sondern an der Story und meiner Telefonblockade.
„Ich...also, ich, ähn..." Okay, was Telefonieren anging stellte sich die neue Lucy genauso dämlich an wie die alte.
„Ja?" Oh Mann, sie musste mich für ziemlich bescheuert halten wenn sie sowas nicht wunderte.
„Ich hab was herausgefunden, was meine Eltern nicht wissen müssen, äh, dürfen und ich darf es keinem erzählen..."
„Du bist schwanger!"
„Was? Nein?" Sie hatte mich komplett rausgehauen. Ich musste den roten Faden wieder finden. Schwanger, ich? So ein Schwachsinn! Höchstens in der Hüpfburg war ich jemandem so nahe gekommen, dass das hätte möglich sein können. Obwohl, wer wusste was ich bei diesem Fest alles angestellt hatte...
Egal, das war Blödsinn.
„Nein, es ist was mit Anwar. Er... er dealt."
Erst da fiel mir ein, wie sehr Stormi Anwar vergöttert hatte. Würde ich sie jetzt auf schmerzhafte Art und Weise ihrer Illusion berauben, so wie es mir passiert war.
„Bitte was?" Sie kaute irgendetwas. Scheinbar war es mit ihrer Disziplin doch nicht weit her. Das beruhigte mich.
„Ja, er hat's mir gesagt. Genauer gesagt... Penelope stand bei uns vor der Tür..."
„Nein! Du verarschst mich!" Das blanke Entsetzen klang in Stormis Worten mit. „Anwar vertickt Stoff an Penelope... nein, als ob! So ein Quatsch... Alter... und warum hat er das dir gesagt? Ich komm nicht mehr klar..."
Sie stammelte ungläubige Worte, während ich ihr die ganze Geschichte erzählte.
„Du weißt schon, dass du gerade mein Weltbild zerstört hast, oder? Alter... Anwar dealt! Der hat doch ein Kind und alles!"
Ja, und was für eines. Doch das verkniff ich mir.
„Und, was soll ich jetzt machen?" Ich klang weinerlich. „Und, bist du gar nicht sauer auf ihn? Immerhin ist Penelope deine Cousine..."
„Nö, warum sollte ich sauer auf ihn sein? Klar, dealen ist scheiße, aber P ist echt kein Unschuldslamm! Abgesehen davon, dass ich mir das immer noch nicht vorstellen kann... weißt du, was P für ne Scheiße baut? Kourtney ist sowas von verzweifelt, die kann nicht mehr, deshalb musste die zwischenzeitlich bei Scott einziehen! Die hat beide Eltern beklaut, um neues Zeug zu kaufen und hat den Entzug abgebrochen! Außerdem...", Stormis Stimme bebte vor Wut."Wegen der musste ihre Schwester mit Fußball aufhören! Frag mich nicht, was für einen Sinn das hat und wie Scott tickt, aber isso. Ich mochte die jetzt nicht, aber, egal, ist schon scheiße wenn eh schon alle gehen und dann noch der Kapitän weg muss. Und... ach, egal, aber wo ich hinauswill: Anwar hat das bestimmt nicht aus Jux gemacht, vielleicht war er verzweifelt. Und P hat nur Schaden angerichtet. Das kann man nicht auf Anwar wälzen, die hat sich ihr Leben ganz alleine versaut! Die hat angefangen zu kiffen, um ihre Mutter zu ärgern und damit sie Aufmerksamkeit bekommt, weil Mason da seine Ausbildung begonnen hat. Sowas ist doch einfach nur gestört! Die hat sie nicht mehr alle und da kann Anwar nichts für. Wenn du mich fragst ist das angeboren!"
Wow, sie gab mir wirklich zu denken. Ich war kein Fähnchen im Wind, dass seine Meinung jederzeit änderte aber ich dachte darüber nach, dass ich Penelope zu sehr in die Opferrolle gedrängt und Anwar dämonisiert hatte.
Vielleicht war er wirklich verzweifelt oder wurde ebenfalls gezwungen. Ich kannte ihn doch, er war kein böser Mensch! Und wenn Penelope ihre hyperperfekten, glutenfreien Muttee nur eins reinwürgen wollte und sich dabei das Leben versaut hatte...
Ach, ich wusste nicht, wem ich noch glauben sollte! Beide Seiten hatte ihre Vor-und Nachteile. Bei dieser Geschichte gab es kein Gut und Böse.
Aber dass Stormi so wütend auf ihre Cousine war, das wunderte mich wirklich.
„Hey, was soll ich denn jetzt machen, wenn du an meiner Stelle wärst?", fragte ich nochmal.
Schweigen am anderen Ende der Leitung.
„Na, mit Anwar reden..."
„Aber wie? Und soll ich es meiner Mom sagen oder nicht?"
Erneutes Schweigen. „Hmm, nicht, dass sie ihn rausschmeißt. Ich mein, wenn das mit Mila echt stimmt..."
Wieso sollte es nicht stimmen? Ich hatte ihr gerade die ganze Geschichte erzählt!
Und da wurde mir bewusst: es war ein Fehler, sie einzuweihen. Beziehungsweise, kein Fehler aber auch keine Hilfe.
Sie war einfach viel zu parteiisch und ließ auf Anwar nichts kommen. Welchen Grund hatte ein gutverdienender Familienvater, an Spätpubertierende Drogen zu verkaufen?
Genau, keine. Geldgier.
Mir reichte es.
„Lucy, alles klar? Du bist so kurz angebunden."
„Ja, alles okay", antwortete ich fahrig. „Ich rede die Tage mal mit ihm."
„Ich kann dabei sein, wenn du willst!", bot sie an. „Aber andere würde ich erst mal rauslassen. Das kann seinen Ruf auch ziemlich krass schädigen und wir wissen ja noch nicht mal seine Gründe."
Auf die Gründe war ich ja mal gespannt. Oh Mann, im Grunde hatte sie Recht, ein Gespräch war alternativlos und alleine traute ich mich ja doch nicht.
Also willigte ich ein.
Und weil ich noch den halben Abend über das Problem nachdachte, überhörte ich prompt den Wecker. Oder vergaß, ihn zu stellen.
Egal, auf jeden Fall begann der nächste Tag hektisch.

Hey Leutz
Ein Laberkapi 🤔 damit man ne andere Sicht auf die Dinge bekommt 😅 und wie findet ihr Stormis Sichtweise? 🤔 und wie fandet ihr es, dass nichts groß passiert ist? 😕 hautz mal in die kommis 😊
Dann bis morgen und haltet die Ohren steif 🤩😂🤙🏼
Eure Mila 🦄💓

Smells like Teen SpiritWo Geschichten leben. Entdecke jetzt