Klammeräffchen

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Auf jeden Fall, Stormi war mir inzwischen ein bisschen zu stürmisch geworden. Das schrieb ich ihr auch so. Namenswitze, vor allem solche, brachten einem zwar meistens nur ein Augenrollen ein, aber, das war mir egal.
Auch Stormi kommentierte das mit einem augenrollendem Smiley und einem sarkastischen ‚Hahaha'. Ich schrieb eine herausgestreckte Zunge zurück. Wenn sie mir so auf die Pelle rückte, musste sie auch mit den Konsequenzen leben.
Naja. Auf jeden Fall sagte ich trotzdem zu. Stormi nahm es einfach für selbstverständlich hin, dass ich mit ihr vorglühte und ich sagte nicht ab.
Solange ich nichts trank und wieder über jemandem herfiel, konnte doch nichts schiefgehen. Hatte ich mir nicht genau das gewünscht, wieder ein bisschen unter Leute zu gehen? Jetzt hatte ich es.
Jetzt musste ich es auch ausnutzen. Im schlimmsten Fall wusste ich danach meine Ruhe wieder zu schätzen.
„Lucy! Kommst du mal kurz?", hörte ich da schon meine Oma rufen. Es klang bestimmt nicht wie eine Frage, sondern wie eine Aufforderung und das „kurz" war eigentlich auch blanker Hohn. Bestimmt wollte sie mir jetzt wieder irgendeine Aufgabe aufs Auge drücken, auch, wenn es nur ein Spaziergang mit Bella war. Die sollte nämlich regelmäßig „ausgeführt" werden, damit ihr nicht die Decke auf den Kopf fiel. Sie hatte uns ein Zeitlimit gesetzt, nach zehn Minuten sollten wir wieder zurück sein, weil sie Angst hatte, wir könnten uns Gott weiß wo herumtreiben.
Wahrscheinlich übernahm diese Aufgabe deshalb meistens meine Mom, weil die am zuverlässigsten war. Oder, wie ich es nannte, am meisten unter Yolandas Fuchtel stand.

Also beeilte ich mich, nach unten zu gehen. Nicht, weil ich auch zu einem debilen Schaf geworden war, sondern, weil ihre Stimme einem durch Mark und Bein ging und man sie deshalb schnell zum Schweigen, damit des Gebrüll aufhörte, wie, bei einem Baby.
Es war schon unfair. Die mit den lautesten Organen setzten sich durch. Tja, so war es halt.
Doch meine Aufgabe war vergleichsweise harmlos. Ich sollte ein paar Teller abtrocknen, weil sie gerade „echt Stress hatte", wie sie mir glaubhaft versichern wollte. Ja, den machte sie sich aber selber. Keiner hatte sie dazu gezwungen, das Familienoberhaupt zu sein und alles an sich zu reißen.
Aber sie hatte es irgendwie geschafft.
Stormi stürzte sich am nächsten Tag in der Schule erst recht auf mich. Sie war total aufgekratzt. Wenn ich das gewusst hätte, dass ich sie so überglücklich machen konnte, indem ich einfach mit ihr feiern ging...
Okay, dann hätte ich nicht schon früher getan. Aber es wäre trotzdem schön zu wissen gewesen.
Sie wollte auch unbedingt mit mir zusammen in der Stadt ein Geschenk mit mir kaufen. Das war mir ganz recht, denn ich hatte keine Ahnung, was ich ihm kaufen wollte. Ich kannte ihn ja kaum! Ich wusste nur, dass er gerne Minecraft spielte und in der Technik-AG war, aber, daraus konnte ich keine Geschenkideen ziehen. Oder sollte ich ihm ein paar alte Verlängerungskabel schenken?
Aber, seit wann klammerte Stormi so? Unsere gegenseitige Distanziertheit war... ja, bisher eben gegenseitig gewesen.

Aber, dass sie plötzlich so wild darauf war, Zeit mit mir zu verbringen, das kam mir irgendwie... merkwürdig vor. Aber vielleicht war ich auch mittlerweile so vereinsamt, dass ehrlich gemeinte Zuneigung mich verunsicherte und ich ihr misstraute. Ein trauriger Gedanke.
Auf jeden Fall sagte ich Stormi zu, dass ich mit ihr zusammen ein Geschenk besorgen wollte. Ansonsten hätte ich wahrscheinlich einfach zwanzig Euro in einen Umschlag gepackt. Obwohl, ich war ja nicht Krösus. Eher zehn. Oder geguckt, ob ich irgendwo noch einen alten Gutschein von einem meiner Geburtstage herumliegen hatte, die ich nie eingelöst hatte. Außerdem kannte Stormi Dustin ein bisschen besser. Ja, das war eine gute Idee.
„Sollen wir heute schon losgehen?", fragte Stormi. „Es sind ja nur noch 'n paar Tage und ich hab' heute kein Training oder sonst was. Außerdem hab' ich schon ein paar Ideen!"
Sie lächelte vielsagend. Bestimmt wollte sie ihn Pornokram oder so einen Blödsinn schenken und über seine Verlegenheit beim Auspacken lachen.
Ich überlegte kurz. Sprach etwas dagegen? Nein, vielleicht konnte ich so endlich in Erfahrung bringen, was mit ihr los war. Und vor hatte ich auch nichts, wie immer. Heute wollte nur meine Oma zum Friseur, aber eine Widerstandssitzung konnte Anwar auch ohne mich abhalten.
Also nickte ich. „Ja, bei mir würd's gehen. Da bin ich ja mal gespannt!"
Eigentlich hasste ich diese Floskel. Aber, es stimmte, ich war wirklich gespannt. Zwar weniger auf das Geschenk als auf den Nachmittag mit Stormi, aber, das musste sie ja nicht wissen. Nach der Schule war ich heilfroh, dass meine Oma sich zügig verabschiedete, denn die würde mir noch einen Strich durch die Rechnung machen.

Sie mahnte uns zwar, uns zu benehmen und keinen Blödsinn zu machen, küsste Bella auf den Mund und tätschelte uns anderen die Schultern, aber, das nahm ich nicht so ernst. Ich musste nur pünktlich wieder da sein, dann hatte ich nichts zu befürchten. Obwohl, warum eigentlich? Ich wollte vor meiner Oma nicht kuschen. Dann durfte ich mich nicht länger ein Mitglied des Widerstandes schimpfen.
„Dann mal los!", johlte Anwar, verband sein Handy mit den Lautsprechern und machte ein Lied von DJ Düse an, volle Dröhnung. Ich war mir sicher, dass meine Oma noch nicht weit genug weg war, um nichts zu hören.
Oh Mann, Schlager war ja noch furchtbarer, als laute Befehle meiner Oma! Aber das sagte ich ihm nicht, er hätte mich eh nicht gehört. Ich nutzte lieber den aufkommenden Tumult, um mich aus dem Staub zu machen.
„Ich bin bei Stormi!"
Meine Mom fragte mich, ob ich das wiederholen konnte und bat Anwar verzweifelt, das Geplärr abzustellen. Doch, nein, das konnte ich nicht. Nachher würde sie mich noch aufhalten.
„Bin bei Stormi!", nuschelte ich nochmal so, dass sie garantiert kein Wort verstanden hatte. Ich hatte so geredet, wie Bella, nachdem sie abends ihre Tabletten genommen hatte.
Und schon hatte ich die Tür hinter mir zugezogen.
War vielleicht nicht sehr nett, aber, Freiheit und Gerechtigkeit bekam man nunmal nicht unter einen Hut. Und ich machte da lieber Abstriche bei der Gerechtigkeit.
Als ich bei Stormi klingelte, machte ausnahmsweise sofort jemand auf. Und da dämmerte mir schon, dass irgendetwas anders war als sonst.

Hey Leutz
Cliffhanger 😂❤️ beim mittlerweile 5ten weihnachtskapi 🎄🙈 ja ich musste zählen haha 😂 aber ist ja net so schlimm Hauptsache ihr habt nen schönen chilligen 2ten Weihnachtstag 🧡🎉🎄
Eure Mila 🦄💓🎄

Smells like Teen SpiritWo Geschichten leben. Entdecke jetzt