Erst, als die Luft rein war, ging Anwar langsam und zögerlich zur Tür. Bella versuchte, sich die Zöpfe hektisch zu lösen, scheinbar waren nicht mal die erlaubt und ging Ans hinterher, die inzwischen begann, gegen die Terassentür zu hämmern.
Ganz schön riskant, wie wollten die denn sicher gehen, dass die Kleine sich nicht verplapperte? Aber wahrscheinlich war sie auch zu ihrem anderen Enkelkind nicht liebevoller.
Scheinbar war das einfach nicht ihr Stil.
Ich hörte, wie die Haustür aufgeschlossen wurde und Anwar irgendwas sagte. Man hörte ein Stimmengewirr, scheinbar war Oma nicht alleine.
Dann, endlich, kamen sie rein. Ich merkte förmlich, wie der letzte Rest gute und entspannte Stimmung schwand.
Bella hatte sich inzwischen die strampelnde und zeternde Ans unter den Arm geklemmt, der dieser zugegebenermaßen etwas seltsame Griff überhaupt nicht behagte.
Aber trotzdem blieb sie ruhig, denn wenn das nur halb so unbequem war, wie es aussah, hätte ich mir das als Kleinkind erst recht nicht gefallen lassen und hätte sie so lange mit meinen Fäusten und meinen Stimmbändern bearbeitet, biss sie mich loslassen müsste. Sogar Ans nahm Rücksicht auf Bella und behandelte sie wie ein rohes Ei!
Das musste man sich mal reintun!
Ich war schockiert, aber, andererseits, inzwischen wunderte mich gar nichts mehr.
Ich lehnte mich zurück und versuchte, mich von Yolandas nahender Präsenz nicht runterziehen zu lassen. Denn sie war doch nur so mächtig, weil aus irgendeinem Grund alle Angst, oder wenigstens Respekt vor ihr hatten.
Das lag an ihrem selbstbewussten, dominanten Auftreten. Sie umgab eine Aura, das konnte man schwer beschreiben, aber ihre Aura sorgte dafür, dass jeder vor ihr kuschte.
Oh Mann, Aura. Wieder so ein Kourtney-Wort.
Hey, warum schämte ich mich dafür? Richtig: weil Reign sowas als Eso-Gequatsche abtuen würde.
Hey, seit wann interessierte es mich so sehr, was Reign von mir dachte? Hatte ich ihn nicht heute noch als emotionalen Grobmotoriker erlebt, dem ein Trikot wichtiger waren als meine Gefühle?
Ich wusste nicht, warum, aber er machte mich völlig kirre. Er machte mich kirre, weil... ich ihn liebte.
Im selben Moment, in dem Oma mit meiner Mom im Schlepptau eintrat, traf mich diese Erkenntnis. Aus heiterem Himmel, denn gerade war von ihm überhaupt nicht die Rede gewesen. Aber, trotzdem.
Endlich gestand ich es mir ein, den Gedanken, den ich bis jetzt zu unterdrücken versucht hatte. Erst fand ich ihn total daneben und prollig, dann ganz nett, aber äußerlich nicht gerade anziehend, und jetzt...
Einfach nur wow. Ich musste ständig an ihn denken.
So auch jetzt, als meine Oma ausholte und sich erzürnte: „Lucy, was soll das bitte? Erst schleichst du dich durchs Fenster raus, haust vor mir ab und dann lässt du deine Mom einfach stehen ohne ein Wort, die hat dich überall gesucht... sorry, aber, du musst deine Grenzen kennen!"
Ja. So wie Bella und Anwar. Alles spielte nach ihren Regeln, sie setzte die Grenzen. Ich verkniff mir jede Bemerkung.
Meine Mom sah wirklich bemitleidenswert aus. Ihre Augen waren rot und geschwollen und ihre Körperhaltung war so, dass man sich wunderte, dass sie überhaupt alleine stehen konnte.
Mit anderen Worten: sie war ein Wrack, zumindest emotional. Und da schrillten in mir alle Alarmglocken. Natürlich konnte man Trennungsschmerz nicht mit einem Gehirnaneurysma vergleichen, aber, mir war klar, dass meine Oma auch die Hilflosigkeit meiner Mom schamlos ausnutzen würde... um sie von sich abhängig zu machen! Bella war damals wirklich nochmal glimpflich davongekommen, aber, wenn ich es mir recht überlegte... verbessert hatte sich ihr Gesundheitszustand seit Jahren nicht mehr. Okay, das konnte auch daran liegen, dass Anwar ihre Pillen zwischendurch geklaut hatte. Oder, dass es halt einfach so war und Nachwirkungen ihrer Krankheit.
Ich kannte mich damit nicht aus und konnte es nicht beurteilen, geschweige denn irgendwelche Fakten für meine These liefern. Aber, das sagte mir einfach mein Gefühl. Mein Gefühl sagte mir einfach was anderes.
Kourtney hätte mir Recht gegeben, die hatte letztens erst irgendwas über Intuition gepostet. Ich hatte es mir nicht durchgelesen, das war mir zu lang. Aber, die ersten Zeilen waren mir in Erinnerung geblieben. Und eins wusste ich: mein Verdacht war nicht ganz unbegründet.
Ich erschauderte. Mir wurde ganz kalt. Ich sah meine Mom an, dieses Häufchen Elend, dass sich auf einen Küchenstuhl plumpsen ließ, während Yolanda mir eine Predigt hielt. Würde ich sie nie wieder anders sehen? Würde sie nie wieder zu ihrem alten Selbst zurück finden? Hatte ich wirklich Angst vor meiner eigenen Oma?
Oder drehte ich jetzt völlig durch und das alles war völlig aus der Luft gegriffen?
„Ich hab' alles nach dir abgesucht, ich hab' keine Ahnung was gedacht, du hättest mir wenigstens mal schreiben können!", heulte meine Mom.
Ich sah schuldbewusst drein. Oh Mann, wo hatten wir uns da nur alle zusammen reinmanövriert?
„Tut... tut mir leid", nuschelte ich.
Mir fiel auf, dass Anwar überhaupt keine Fragen stellte. Das wäre doch durchaus angebracht in so einer Situation, wenn man erst erfährt, dass der Mann der Schwester abgehauen ist und die dann heulend zurückkehrte. Wahrscheinlich traute er sich nur nicht. Von Bella erwartete ich sowas gar nicht mehr. Ich war immer noch beeindruckt, dass sie das Wortspiel mit „sozial" hinbekommen hatte, auch, wenn ich es bestürzend fand, dass sie darüber lachte.
„Unmöglich", murmelte meine Oma. „Dieser Zayn. In so einer Situation müssen wir alle zusammenhalten! Lucy, es geht nicht, dass du dann solche Alleingänge startest! Damit hast du keinem geholfen!"
Ja, es reichte auch langsam mal. „Zusammenhalten" hieß wohl, zu tun, was sie sagte. Ich wollte gar nicht wissen, was sie uns erzählt hätten, wenn ich die ganze Zeit brav hier geblieben wäre.
„Schhh... ganz ruhig, mein Schatz. Ich bin für dich da."
Irgendwie befremdete es mich, wie Oma mit Mom redete. Als wäre sie ein wehrloses Kleinkind.
Ich brauchte in so einer Situation eine Mutter und keinen Pflegefall! Auch, wenn es hart und egoistisch klang.
Ich fragte mich, warum Ans so lange nichts gesagt hatte. Da erst fiel mir auf, dass sie irgendetwas im Mund hatte, laut schmatzend kaute sie die Backerbsen, die in einer Schüssel auf dem Tisch standen.
Dann warf sie sie um. Ob aus Versehen oder mit Absicht, keine Ahnung, aber ihr schelmisches Grinsen war ein Hinweis.Hey Leutz
Laberkapi 😂✌🏼 mal keine Enthüllungen und Co hoffe es stört euch nicht 🙈 so viele handlungsstränge wie soll's weiter gehen? 🤔🙈 hautz in die Kommis 🤗❤️
Eure Mila 🦄💓
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Smells like Teen Spirit
أدب المراهقينHey Leute, hier ne neue Geschi von mir! Eine Fortsetzung von Wahrheit ist auf'm Platz. Seid gespannt! Weiter Infos kommen Mila 🦄