Abgeschoben

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Ich musste nach Hause. Irgendwie. Und zwar sofort.
Warum fragte ich Kylie nicht einfach, ob sie mich fuhr? Aus Angst, ihr das Auto vollzukotzen? Oder weil der einfache Weg schon im Normalzustand nicht gerade mein Fall war?
Der einfache Weg wäre es gewesen, Dustin einfach abzusagen. Oder bei diesem Trinkspiel die Zeche zu prellen, mit der Begründung, dass sowas echt unter meiner Würde war.
Tja, jetzt hatte ich keine Würde mehr. So konnte es gehen. So, wie ich mich gestern gebärdet hatte. Wie der asozialste Fußballproll!
Ich hatte zwar selber mal Fußball gespielt, aber fanatische Fans waren mir noch nie so ganz geheuer gewesen. Selber aussehen, als hätte man einen Ball verschluckt, aber alles besser wissen! Und dazu noch eine Fahne bis zum Geht-nicht-mehr.
In Sachen Pöbeleien hatte ich ihnen gestern nichts genommen, zumindest den Bruchstücken nach zu urteilen, an die ich mich noch erinnern konnte.
Oh Mann! Furchtbar sowas!
„Kannstdumichnachhausefahren?", nuschelte ich. Irgendwie war es mir peinlich. Ich wusste ja nicht, in welchem Zustand Kylie mich gestern aufgelesen hatte. Und ihr blödes Grinsen die ganze Zeit machte es auch nicht besser.
„Wie bitte?"
Oh, jetzt tat sie noch auf gebildet, anstatt, wie sonst „Hä!", zu sagen.
Ja, Kylie, schon verstanden. Wir waren die Prolls und sie die Bildungselite. Wie ich dieses überhebliche Getue hasste! Mit jeden Blick machte sie sich innerlich über uns lustig, da war ich mir sicher. Natürlich, sie hatte mir gegenüber nie mütterliche Gefühle gehegt, aber, konnte sie nicht wenigstens um ihre verkaterte Tochter besorgt sein und Angst haben, dass die in Ps Fußstapfen torkelte, anstatt uns zu belächeln, als würde sie Vorführfernsehen gucken?!

„Ob du uns fahren kannst?", sagte ich noch einmal, diesmal um Deutlichkeit bemüht.
„Wie, uns?"
Oh Mann, sie sah doch, dass ich nicht ganz auf der Höhe war! Musste sie da noch jedes Wort auf die Goldwaage legen? Es war doch klar, was gemeint war.
„Mich. Ich meine, ich. Mich."
So, das war jetzt unmissverständlich ausgedrückt.
Und trotzdem legte Kylie den Kopf schief.
„Mh, ich weiß nicht. Da scheint doch keiner zu sein. Gestern ist keiner rangegangen."
„Gestern!", sagte ich bestimmt. „Gestern ist gestern."
„Kann deine Mom dich nicht abholen?"
Ah, jetzt wusste ich, wie der Hase lief. Kylie war zu faul!
Sie hatte einfach keinen Bock, den gemütlichen Frühstücksstisch mit Miles Tabakkrümeln zu verlassen und sich mal um mich zu kümmern, dass ich nach Hause kam.
Obwohl, warum hatte ich meine Mom eigentlich noch nicht auf dem Handy angerufen?
Wahrscheinlich, weil ich dann direkt Yolanda an die Strippe bekam.
Es war traurig, jetzt, wo ich darüber nachdachte. Natürlich, Yolanda saß ganz eventuell noch in ihrem Gefängnis, war bei der Polizei, was auch immer, aber, meine Mom war in letzter Zeit nicht mehr sie selbst gewesen.
Sie stand zu 100% unter Omas Fuchtel, war ein Schatten ihrer selbst geworden, fast... wie Bella.
Wenn ich Bedenken hatte, dann wandte ich mich nicht mehr an sie, weil ich wusste, dass Oma eh alles spitzkriegen würde.
Selbst zur Party... anstatt meine Mom einfach zu fragen, ob ich gehen durfte, hatte ich versucht, mit Anwar eine Intrige zu spinnen, die dermaßen in die Hose gegangen war, dass jemand eingesperrt werden musste!

Das war doch Irrsinn! Purer Wahnsinn! Wie konnte es nur so weit kommen? Diese Frage stellte ich mir, doch warum erst jetzt?
Ich wusste es nicht. Aber eins stand fest, irgendetwas war gewaltig schief gelaufen. Und ich musste so schnell wie möglich nach Hause, um alles wieder ins Lot zu bringen!
Ich ging in Stormis Zimmer, weil die Tür offen stand und ich, da ich immer noch wenig vom Telefonieren hielt, dabei wenigstens meine Privatsphäre haben wollte. Kylie und Miles mussten das nicht unbedingt mitbekommen.
Ich hörte die beiden aus der Küche lachen.
Oh Mann...
Hektisch klickte ich auf ihren Kontakt. Warum, keine Ahnung, aber, aus irgendeinem Grund wollte ich es so schnell wie möglich hinter mich bringen, Gewissheit haben, gucken, ob sie ranging, was los war, was sie erzählte... das volle Programm halt.
Es tutete. Ich presste mir den Hörer ans Ohr. Ein Knacken in der Leitung.
Endlich.
„Lucy? Lucy?"
Eine panische Stimme. Definitiv meine Mom. Oh Mann! Wenn sie sich solche Sorgen machte, warum hatte sie sich dann nicht mal gemeldet?
„Lucy! Endlich, ich höre dich nochmal! Anwar hat mir gesagt, dass du bei einer Freundin schläfst und dich nicht getraut hast, zu fragen. Bei Stormi. Warum denn nur? Waren wir wirklich so..." Sie stockte.
„Es wäre besser, wenn du noch ein bisschen bei Stormi bleiben würdest, ehrlich gesagt. Wir versuchen gerade, alles wieder ins Lot zu bringen."

Wie? Was war denn jetzt noch aus dem Lot? Was war denn da bitte los? Konnte sie bitte endlich Klartext mit mir reden? Ich war kein kleines Kind mehr, wenn zu Hause die völlige Apokalypse herrschte, würde ich das früher oder später mitbekommen.
„Wie? Was ist denn?"
Adrenalin schoss durch meinen Körper, ich war so fokussiert wie schon lange nicht mehr, mein Tran war spurlos verschwunden.
„Ja... nichts... ich kann es dir jetzt schlecht erklären. Bella hat leider die Beherrschung verloren, aber... nein, dass kann ich dir so am Telefon nicht sagen!"
Es hörte sich an, als würde sie Tränen zurückhalten.
„Mach dir bitte keine Sorgen. Und geb mir am besten mal Kylie, dann frag ich die mal ganz lieb, ob du noch wenigstens bis heute Abend dableiben kannst!"
Und was, wenn ich das gar nicht wollte? Aber nach Hause wollte ich wahrscheinlich auch nicht. Natürlich, diese Ungewissheit und diese ominösen Andeutungen waren schlimm, aber... wollte ich mir ihre Panik wirklich live antun?
Und was hatte Bella bitte angerichtet? Die Beherrschung verloren? Was hieß das? Und wo zum Geier war Oma?
Alles ergab keinen Sinn. Ich war viel zu fertig, um darüber nachzudenken.
Weil vom anderen Ende nichts mehr kam, legte ich aus Gewohnheit auf.
Tja. Kylie wollte ich ihr jetzt nicht geben.
Eine Weile blieb ich einfach so auf Stormis umgemachtem Bett sitzen.
Was war hier bitte los? Wollte ich hier wirklich noch den ganzen Abend verbringen, bis sich mal jemand erbarmte, mich nach Hause zu bringen? Oder sollte ich auf eigene Faust losstiefeln?
Da streckte Stormi ihren Kopf zur Tür herein.
„Was machst du hier?", fragte sie, erwartete aber gar keine Antwort. Dass sie überhaupt wusste, dass ich hier reingegangen war!
„Boah, ich bin so tot! Alter! War Absturz gestern!"
Wie ein nasser Sack fiel sie auf ihren Sitzsack und machte keine Anstalten mehr, sich aufzurichten.
Ich nickte nur stumm.
Wie es aussah, war der richtige Absturz zu Hause passiert.

Hey Leutz
Nach ellenlanger Kapipause ist Mila back 😂😂🔥🔥 sorry 🤷🏻‍♀️ war auf Klassenfahrt und davor kreativ flaute 😕 naja passiert 😅 ich hoffe ihr seid mir net sauer und freut euch auch dass es wieder weitergeht 🤗🧡
Danke an alle Leser!!! ❤️❤️❤️
Eure Mila 🦄💓

Smells like Teen SpiritWo Geschichten leben. Entdecke jetzt