Versöhnung ?

6 0 0
                                    

Da stand nämlich niemand geringeres als Zayn. Ich erschrak regelrecht. Fast hätte ich ihn nicht mehr erkannt, so lange hatte ich ihn schon nicht mehr gesehen.
Er hatte sich aber auch ziemlich verändert. Seine wilde Mähne war einem 0,1 Millimeter-Ultrakurzhaarschnitt gewichen. Außerdem war er glatt rasiert. In so einem Aufzug hatte ich ihn noch nie gesehen. Wahrscheinlich wollte seine Franka das, weil es sie störte, dass er volleres, glänzenderes Haar hatte als sie. Oder irgendwie sowas. Allein beim Gedanken an die Alte würde ich schon wieder aggressiv. Und traurig. Ja, es war alles mal so schön gewesen. Aber, irgendwie auch schon so weit weg. Ich konnte mich kaum noch daran erinnern, wie es war, als er bei uns gewohnt hatte.
Wie kam er überhaupt auf die Idee, mich heute abzuholen? Nach so langer Zeit, aus heiterem Himmel? Oder hatte seine Stieftochter die Schule gewechselt und er war wegen ihr hier?
Nein, das konnte nicht sein. Er blickte eindeutig zu mir. Zögerlich hob er die Hand, um zu winken, nur, um sie dann langsam wieder sinken zu lassen. Wahrscheinlich, weil ich ihn nicht gerade freundlich musterte. Wie sollte ich mich ihm gegenüber denn jetzt verhalten?
Natürlich, ich hatte mir schon oft gewünscht, er sollte zurückkommen. Aber, konnte ich ihn jetzt einfach so alles verzeihen und so tuen, als wäre nichts gewesen? Immerhin hatte er meiner Mom das Herz gebrochen und uns das Yolanda-Regime eingebrockt. Indirekt zumindest. Alleine dafür sollte ich ihm nicht mehr verzeihen.
Aber... zog ich das durch, die beleidigte Leberwurst zu spielen?

Denn da erkannte ich im Fremden das Vertraute. Die Art, wie er winkte. Oder, es zumindest versucht hatte. Sein schüchternes, vorsichtiges Lächeln. Das erlosch, als ich es nicht erwiderte. Immerhin gab es im Moment nicht besonders viele Leute, denen etwas an mir lag. Da durfte ich nicht wählerisch sein, oder? Wenn mein Stiefvater, von dem ich schon gedacht hatte, er würde sich gar nicht mehr für mich interssieren, sich nach Wochen ohne Kontakt wieder meldete und mich überraschend von der Schule abholte?
Aber, nein, so einfach konnte das nicht sein. Ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Ich war überfordert. Ich wünschte ihn einfach nur weit weg. Nicht dahin, wo der Pfeffer wuchs, aber weit genug von mir weg, um mir diese Entscheidung zu ersparen. Verzeihen oder hart bleiben? Ich entschied mich für eine neutrale Mitte.
„Hi", sagte ich so ausdruckslos wie möglich. Fast schon gelangweilt.
„Lucy." Er lächelte. Ja, meinen Namen wusste ich noch! Was sollte dieses pseudodramatische Geschwafel?
„Was willst du?" Das klang jetzt mehr als abweisend. Sein Lächeln erstarb, erneut.
„Ich, ähm..." Er geriet ins Schleudern. Was erwartete er denn bitte? Dass ich ihm auf den Arm sprang und jubelte? Dafür hatte er mich einfach viel zu sehr überrumpelt.
„Ich wollte dich von der Schule abholen. Kann ich dir das gleich erzählen? Hier ist es so voll, hier sind so viele Leute." Er deutete auf die Massen von Schülern, die an uns vorbei drängten. Noch immer mochte er keine Menschenmassen.
Ich zuckte die Achseln.

Was konnte das denn bitte so Geheimes sein, was er mir jetzt nicht schnell sagen konnte, wo wir eh schon dabei waren? Wahrscheinlich wollte er mich nur ködern, damit ich nicht direkt abblockte. Oder mich testen. Zayn wusste, wenn ich „Nein" sagte, hatte er verloren und konnte sich die Vater-Tochter-Annäherungsversuche in die nicht mehr vorhandenen Haare schmieren. Doch ich hatte die Achseln gezuckt. Für ihn war das ein Sieg.
Außerdem bildete ich mir ein, John Bartleys Jacke im Getümmel zu sehen. Mit ihren neongrünen Streifen fiel sie auf. Er hatte wirklich den Modegeschmack eines Zwölfjährigen! Warum war mir das vorher nicht aufgefallen? Nichts desto trotz, ihm zu begegnen war immer ziemlich unangenehm, deswegen war ich ganz froh, mich verziehen zu können.
Zayn hatte ein Stück weiter weg geparkt. Auf dem Weg zum Auto schwiegen wir. Es war für ihn selbstverständlich, dass ich mitkam. Wohin wollte er mich bitte entführen? Ins Eiscafé, um sich mein Vertrauen zu erkaufen? Ich war mit sowas nicht bestechlich. Da müsste er schon mehr springen lassen. Eine Neustart-Taste beispielsweise, mit der ich dieses Jahr nochmal von vorne beginnen konnte. Oder noch weiter vorne anfangen, bei der verhängnisvollen CSF-Grillparty beispielsweise.
Mann, was für kindische Vorstellungen, „Neustart-Taste!" Kein Wunder, dass mich alle für bescheuert hielten.
„Also", sagte Zayn, als wir vor seinem schwarzen Fiat standen. Autonarr war er noch nie gewesen, Hauptsache sicher.
„Was ich dir eigentlich sagen wollte, ich wollte mich noch einmal bei dir entschuldigen. Für das, was ich abgezogen habe."

„Hast du schon."
„Oh", er wurde wieder unsicher. „Ja, ich weiß. Aber, das, damals, so ging das ja auch nicht. Einfach den Kontakt abbrechen. Aber, ich war einfach zu feige. Ich dachte, du würdest sowieso nichts mehr mit mir zu tun haben wollen. Bei deiner Mom kann ich es ja noch verstehen. Deshalb habe ich mir heute einfach mal ein Herz gefasst. Franka hat mir damit in den Ohren gelegen, ich habe doch noch eine Tochter, die vermisst mich bestimmt auch, sich so feige zu verkrümeln..."
Er verstummte. Scheinbar merkte er selbst, dass er das besser nicht gesagt hätte. Diesen Namen aus dem Spiel gelassen.
„Du bist also hier, weil Franka es dir gesagt hat", stellte ich kühl fest. Und ich wusste schon, was jetzt kommen würde: die große Erklärungsnot.
„Nein, nein, nein. Ich hab es ja selber gefunden, es war auch meine eigene Idee, ich hatte ein schlechtes Gewissen, ich hab dich vermisst, es ging ja so nicht. Und sie dann, ja, aber, es war wirklich meine Idee!"
Ich seufzte. Irgendwie war es ja lieb, wie er sich um mich bemühte. Immerhin einer, dem noch was an mir lag. Wenn ich da an meine Mom dachte... die hätte es wahrscheinlich noch gerne, dass ich zu ihm ziehen würde. Dann wäre sie mich los. Das wollte sie doch.
„Also", sagte Zayn schüchtern. „Lucy, bitte, versteh das wirklich nicht falsch. Ich bin hier, weil ich dich vermisse und weil es mir leid tut, dass ich dich im Stich gelassen habe. Und ich bin wirklich froh, dass du überhaupt dich auf dieses Gespräch eingelassen hast und noch irgendetwas von mir wissen willst. Ich möchte dich auf ein Eis einladen, eine Kleinigkeit mit dir essen gehen, wie du möchtest. Es liegt ganz bei dir. Ich fände das schön. Natürlich erwarte ich nicht, dass du mir alles wieder verzeihst, aber, ich fände es schön, wenn du mir noch eine Chance geben würdest."
Ich musste an Reign und Scott denken. Reign hatte sich dazu entschieden, es mit seinem Vater noch einmal zu probieren.
Und, immer noch besser, als nach Hause zu gehen, wo alle sauer auf mich waren. Also nickte ich.

Hey Leutz
Wieder viel laberei... und Lucys Gedanken waren ein bisschen wirr und haben sich bestimmt auch widersprochen :/ wenn ihr was nicht nachvollziehen könnt sagt Bescheid.
Und wie hättet ihr euch an ihrer Stelle verhalten? Hautz in die Kommis :)
Eure Mila

Smells like Teen SpiritWo Geschichten leben. Entdecke jetzt