Torschlusspanik

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Am nächsten Tag musste ich wieder zur Schule. Doch an Unterricht konnte ich mal wieder keinen Gedanken verschwenden, ich grübelte über Kennys Gedicht nach. Also das Gedicht, das sie bekommen, nicht geschrieben hatte. Hätte sie es geschrieben, hätte ich ernsthaft an ihrer geistigen Gesundheit gezweifelt. So zweifelte ich nur an Natalies geistiger Gesundheit.
Und irgendwie hatte ich ein schlechtes Gewissen. Ich hatte mir Natalie gegenüber nicht gerade fair verhalten, es als Racheakt Kendall zu erzählen war eine ganz miese Nummer gewesen.
Ich verstand gar nicht mehr, warum genau ich so sauer auf sie gewesen war. Okay, sie hatte etwas Einmischerisches an sich und wir waren grundverschieden, aber warum hatte ich diese Freundschaft nicht einfach auf Eis gelegt und ihr das genau damit erklärt? Warum waren wir im Streit auseinandergegangen? Ich konnte es nicht mehr nachvollziehen. Aber meine Erinnerungen daran waren nur noch schwammig. Es war einfach so viel passiert seitdem.
Auf jeden Fall hatte ich dazu beigetragen, dass Kendall Natalie jetzt für total bescheuert hielt und ihre ohnehin schon überschaubaren Chancen, bei ihr zu landen noch verringert. Aber, genau deshalb machte es den Kohl auch nicht mehr fett, oder?
Wenn Natalie von Anfang an chancenlos war, konnte ich ihr nicht viel kaputtgemacht haben.
Das klang logisch, aber, ein schlechtes Gewissen blieb.
Zum Glück wurden meine Sorgen darüber gleich darauf vom nächsten Problem übertüncht: wir hatten nichts Gescheites mehr zu Essen im Haus, außer Fischstäbchen! Welchen von gestern, wohlgemerkt.
Ekelhaft, wie sie da auf der fettdurchtränkten Serviette lagen. Denn obwohl Bella sie angeblich so gerne aß, hatte sie gerade mal dreieinhalb Stück gegessen.

Da ich mit kein Fischstäbchensandwich machen wollte, die Dinger musste ich schon oft genug essen, nahm ich Vorlieb mit einem Brot mit etwa steinharter Butter. Um dem ganzen einen geschmacklichen Kick zu geben, träufelte ich etwas Maggi darauf. War vielleicht nicht gerade ein Gourmetessen, aber, man musste das Beste aus dem machen, was man hatte.
Meine Mom schlief noch. Na gut, diese Ruhe wollte ich ihr gönnen. Es war schlimm genug, dass Bella gestern einen riesigen Aufstand veranstaltet hatte, weil sie sich einbildete, eine Gräte in ihrem Fisch gefunden zu haben. Deshalb hatte sie die winzig zerkleinert und meine Mom musste alles kontrollieren und vorkosten.
Nach so einem Zirkus hatte sie sich ein paar Minuten extra Schlaf verdient.
Ich schlurfte los, zur Schule und kaum, dass ich da war, ging das Drama wieder los.
Wir schrieben eine Mathearbeit! Ich glaubte, im falschen Film zu sein. Offiziell machte ich mir zwar nichts aus meinen Noten. Aber ich ließ mich vom allgemeinen Stress und der Hektik, die in der Klasse herrschte, anstecken und guckte während der Englischstunde die ganze Zeit in mein Mathebuch, heimlich, unter dem Tisch, in der Hoffnung, ein paar Sachen würden hängenbleiben.
Warum wusste ich davon nichts? Wurde sie angekündigt, als ich nicht da war? Das war aber auch eine Gemeinheit!
Warum war das so spurlos an mir vorbeigezogen? Doch alle Vorwürfe halfen nichts, ich hatte keinen Plan, wurde aus dem Thema nicht schlau und verwünschte alle Graphen, Scheitel-und Wendepunkte.

„Was ist denn heute mit euch los?", fragte meine Englischlehrerin. „Ihr seid so unruhig, alle Mann!"
„Wir schreiben Mathe!", stöhnten einige, die es witzig fanden, mit Lehrern zu scherzen.
„Ach so. Oh Mann. Dann wünsche ich euch gleich ganz viel Erfolg. Und wenn ihr euch jetzt zusammenreißt und die Mathegedanken wenigstens mal kurz hinten anstellt, dann lass' ich euch fünf Minuten früher in die Pause gehen. Na, was sagt ihr? Ist das ein Deal?"
Wir nickten eifrig. Um „Jaaa" zu rufen, wie im Kasperletheater, waren wir dann doch zu alt.
Und als die Stunde vorbei war, hatte ich mich damit abgefunden: ich würde eine Sechs schreiben, eine Fünf minus, mit etwas Glück. Ich hasste Mathe und hatte es ordentlich schleifen lassen. Und dafür bekam ich jetzt die Quittung.
Ich konnte daraus ein Riesendrama machen, oder mich einfach damit abfinden und mich mal fragen, wofür ich die Schule überhaupt noch durchzog. Eigentlich nur, um auf den Grunge-Musiker zu warten, der hoffentlich bald vorbeikam, mich vom Fleck weg heiratete und mit dem Geld, was er durch seine Musik verdiente, auch meinen Lebensunterhalt bestritt.
Nein, ich wollte ihn nicht ausnutzen, ich würde ihn wirklich lieben. Aber, was war denn daran so schlimm, wenn der Mann der Brötchenverdiener war? Ich würde ihn dabei auch tatkräftig unterstützen.
Doch in der Pause geriet mein Glauben an diesen Plan ins Wanken. Sogar Stormi, die einzig halbwegs vernünftige Person in meiner Klasse, die Schule ähnlich gelassen anging wie ich, war der Massenpanik verfallen und versuchte sich hektisch, noch einige Formeln einzubläuen, während sie ab und zu in ihr Schokocroissant biss und das Mathebuch vollkrümelte.

„Hä, was ist das denn jetzt, wie berechnet man nochmal die Nullstellen ohne Taschenrechner? Hä, das check' ich nicht! Und worein muss ich das jetzt setzen, erste oder zweite Ableitung?"
Ihre Stimme hatte diesen unangenehm-schrillen Unterton, der es mir schwer machte, ruhig zu bleiben.
„Dustin! Dustin, komm mal her! Du kannst doch Mathe oder?"
„Äh, es geht so", versuchte er, Bescheidenheit zu wahren, obwohl er sich über dieses Kompliment von Stormi offensichtlich zu freuen schien. Kein Wunder, nachdem die sich gestern mit ihm zusammen bei der Lehrerin liebkind gemacht hatte, war sie für ihn wohl wieder so toll wie früher.
Dass er es nicht merkte, dass sie ihn nur ausnutzte! Stormi war beziehungserfahren und flirtete gerne, da war er ihr definitiv eine Nummer zu klein. Mehr als das.
Aber, trotzdem, ich wollte mich nicht beschweren. Denn ich ertappte mich dabei, wie ich, anstatt gelasse zu bleiben, mit halbem Ohr seinen Erklärungen lauschte und sogar überprüfte, ob ich sie verstanden hatte.
Nein, hatte ich nicht!
Okay, jetzt reichte es. Ich war schwach geworden. Ich haderte einen Augenblick mit mir, doch dann beschloss ich, dass ich meinen falschen Stolz einmal runterschlucken musste.
„Äh, Dustin? Stormi? Würde es dir was ausmachen, das nochmal zu erklären? Wartet, ich setzte mich mal zu euch. Ich hab' nämlich, um ehrlich zu sein, so gut wie nichts verstanden, bisher."
Ich lächelte entschuldigend.
Dustin schien kurz zu überlegen, dann gab er nach. Zwar klang sein „Okay, setz' dich, ich erklär's nochmal von vorn", etwas gönnerhaft.
Aber als wir beide so an seinen Lippen hingen, sah er hochzufrieden aus, wie ich fand.

Hey Leutz
Stress vor der Mathearbeit wer kennt's nicht 😂 übrigens musste ich dazu meine Schwester fragen was man so in der 10 in Mathe macht bin erst in der 9 🤷🏻‍♀️😂 für die geschi leg ich mich ins Zeug wie ihr seht 😂❤️ an Heiligabend Mathe 😂😖
Egal, dann wünsch ich euch einen schönen Heiligabend ohne Mathe 😂✌🏼
LG, eure Mila 🦄💓

Smells like Teen SpiritWo Geschichten leben. Entdecke jetzt