Die Frage

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Wir lagen nebeneinander auf seinem Bett. Nein, das war nicht so intim, wie es klang. Außer einem fusseligen Sessel, der noch weniger einladend wirkte als Stormis Sitzsack und ihr Schemel zusammen, gab es in seinem Zimmer keine Sitzgelegenheiten, da musste man nehmen, was kam.
Und wir „lagen" auch nur, weil wir keine Körperspannung mehr hatten und man dieses Hängen wie ein Schluck Wasser in der Kurve nicht mehr als sitzen bezeichnen konnte.
Alles rein platonisch. Überhaupt nichts Erotisches dabei. Noch Fragen?
Reign hatte eine.
„Jo", sagte er. „Dingens, Lucy. Was ich dich schon immer fragen wollte..."
„Mhm?", sagte ich nur beiläufig, während ich mich gegen ihn lehnte. Ich wollte mir nicht anmerken lassen, dass ich gerade, angesichts dieser Frage, mehr als nervös wurde.
„Was denn?"
„Hast du eigentlich 'nen Freund?"
Was? Unwillkürlich fuhr ich auf. War er denn bescheuert? Wenn ich einen Freund hatte, würde ich bestimmt nicht die ganze Zeit so mit ihm rumturteln! Oder hielt er mich etwa für so eine? Außerdem, warum platzte er so plötzlich, aus heiterem Himmel mit dieser Frage heraus?
Manchmal war er echt komisch. Vor allem so, wie er die Frage formuliert hatte. Ganz beiläufig, als würde er mich nach meiner Meinung zum Wetter fragen. Der hatte echt Nerven.
„Nö. Wieso?" Warum wurde denn meine Stimme auf einmal so schrill? Das klang ja so, als hätte ich etwas zu verbergen!
„Nur so."
Er klang abwesend. Scheinbar war die Sache damit für ihn schon erledigt. Er griff in meine mühsam frisierten Haare, löste eine Strähne aus meiner Flechte und wickelte sie sich um den Finger.

Es ziepte ein bisschen. Trampeltier! Aber es war ja süß gemeint. „Riechen gut",sagte Reign. „Frisch gewaschen?"
Ich nickte. Mit total ekelhaftem Erdbeershampoo. Leider fuhr meine Mom immer auf sowas ab. Obwohl sie mit jeder Firma der Welt einen Vertrag hätte aushandeln können, zumindest früher, auch mit solchen, die etwas hochwertigere Produkte herstellten, sie benutzte am liebsten das billige Zeug aus dem Drogeriemarkt. Eigentlich mochte ich es nicht, mit der Karriere meiner Mom anzugeben, aber, manchmal war sie mir echt ein Rätsel. Beruhte wahrscheinlich auf Gegenseitigkeit.
Trotzdem, warum hatte Reign mir eben diese Frage gestellt? Ahnte er von Dustin? Wusste er von Dustin? Mit einem Mal wurde mir ganz unbehaglich zumute. Hatte ihm etwa ein Vögelchen gezwitschert? Oder ein Fohlen gewiehert? Nein, das machte keinen Sinn. Warum sollte er mich sonst zu sich einladen? Um meine Treue zu testen? Hielt er sich etwa nicht an den Ehrenkodex, „keine vergebenen Männer", von dem Stormi mir ganz stolz erzählt hatte? Sie dachte wohl, damit würde sie so enthaltsam leben wie eine Nonne.
Naja. Trotzdem, warum hatte er mich das gefragt? Aus heiterem Himmel? Und wieso fragte ich das mich und nicht ihn? Fragen über Fragen...
Ich hielt die Klappe. Wir hatten noch nie so lange geschwiegen, aber, es war kein unangenehmes, verkrampftes Schweigen. Wir lümmelten einfach nebeneinander auf seinem Bett, frei von Smalltalkzwängen und Ähnlichem.
„Hast du Bock, Musik zu hören?", fragte Reign irgendwann. Ich nickte.
„Klar, was denn?"
Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel, verschmitzt und breit.

„Was Geiles. Was, was ich dir unbedingt vorspielen wollte!"
Er fummelte in seinem Schreibtisch, in der obersten Schublade herum und holte eine CD-Hülle heraus, die er gegen seinen Oberkörper presste, damit ich nur ja nichts Verräterrisches sah. Wer hatte heutzutage bitte noch CDs? Natürlich hatten die noch nicht den Kultfaktor von Platten, aber, mit der gebrannten CD-Sammlung von Janis im Auto hatte ich mich schon immer wie etwas Besonderes gefühlt. Aber, natürlich freute ich mich, dass sich noch eine Gemeinsamkeit aufzeigte.
Er hatte eine fette Stereoanlage im Zimmer, mit fetten Lautsprechern, mit denen konnte man bestimmt auch sein Handy verbinden, also, technisch gesehen von gestern war er trotzdem nicht. Er drückte auf einen Knopf, es stockte, zischte, rauschte und ich dachte schon, die CD wäre einfach nur hoffnungslos zerkratzt, dann ging's los. Wildes Getrommel, die Tonqualität war nicht besonders, aber, es hörte sich wirklich nicht schlecht an. Ich fragte mich nur, warum er mir das vorspielte.
Als dann noch jemand auf ein Becken schlug, dass es krachte, zog ich zusammen mit seinem stolzen Gesichtsausdruck daraus endlich die richtigen Schlüsse: es war eine Aufnahme von ihm, wie er Schlagzeug spielte!
„Das ist Wahnsinn!", sagte ich mit ehrlicher Begeisterung. Wie lange träumte ich schon von einem Schlagzeuger? „Mein Lieblingsinstrument! Die Quali ist zwar nicht besonders, aber, wen juckt's? Das ist richtig gut! Und davon hast du eine ganze CD?"
Er nickte. „Jo. Ich weiß nicht warum, aber, ich Feier CDs voll. Der Sound hat was."

Ich nickte nachdenklich. „Vielleicht will ich's auch irgendwann mal veröffentlichen", überlegte er weiter. „Hiermit oder mit dem Rap. Eins von beiden, mit einem will ich's schaffen. Im Moment eher das Erste. Ich hab' nämlich für mein Gerappe ziemlich harte Kritik kassiert, war nicht so schön."
Er sagte es zwar so, als würde er es lustig finden, aber, ich sah ihm an, dass ihm diese Kritik ziemlich nahe ging.
„Awww", machte ich sofort. Wie ein dämliches Pferdemädchen. „Von wem?"
„Ach", er winkte ab. „In der Gemeindehalle, da findet manchmal sowas statt. Rap am Donnerstag heißt das, kennst du vielleicht. Vielleicht auch nicht", er hatte wohl meinen Gesichtsausdruck gesehen.
„Ja, das ist halt Battlerap, sich gegenseitig fertigmachen mit so Sprüchen, Punchlines nennt man das."
Oh, ein Mann vom Fach. Mich interessierte diese Musikrichtung überhaupt nicht, aber, ich wollte hören, wer so fies gewesen war und Reign das Selbstvertrauen und die Ehre genommen hatte.
„Ich hab mich da nur zum Spaß abgemeldet, aber, um ehrlich zu sein, insgeheim wollte ich schon was reißen. Aber, der andere Typ, A.N.D hieß der, der war echt gut. Hat mich voll vorgeführt und das Publikum hat mich gnadenlos ausgelacht und mir ganz dringend geraten, nach Hause zu gehen."
„Sind doch alles Proleten", tröstete ich ihn. Schwacher Trost, immerhin war er selbst Rap-Fan. Und scheinbar wusste er nicht so genau, was ein Prolet war.
„Naja, ist ja auch egal. Ich wollt's nur..."
Er seufzte. Aber, immerhin magst du mein Schlagzeug. Und deshalb...", mit einer etwas umständlichen Überleitung holte er die CD wieder aus dem Laufwerk, „wollte ich sie dir schenken. Und dir nochmal sagen, wie froh ich bin, dass du die Frage eben mit Nein beantwortet hast. Denn..."
„Welche Frage?", fragte ich dazwischen, dann fiel es mir siedend heiß wieder ein. „Achso."
„Ja, die Frage. Deshalb..." Er hielt mir die CD hin, ohne Hülle. „Ich würd dich gern fragen..."
Er grinste, halb verschmitzt, halb verlegen.

Hey Leutz
Na, was sagt ihr? Irgendwie kommen nur noch Lückenfüllerkapis 🤔 ich will zum Ende kommen aber die jungs-situation muss sich erst noch klären, habt ihr ne Idee wie? 🙈🤔
Wenn ja hautz in die kommis und lasst es mich wissen 😏🔥
Eure Mila 🦄💓

Smells like Teen SpiritWo Geschichten leben. Entdecke jetzt