"Jetzt beginnt deine Zukunft."

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So. Ich hab lange überlegt ob ich die Geschichte hier weiterschreibe, oder ob ich eine neue Beginne. Aber ich habe mich, wie ihr seht, dafür entschieden hier weiter zu schreiben. Einfach um euch das lesen und den neuen unter euch mögliche Verwirrungen zu ersparen.
Also es geht weiter im Hause Richter-Petrowa.
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Die ersten drei Stunden der fünfstündigen Fahrt verschlief ich direkt, da ich aufgrund der Verletzungen noch prophylaktische Antibiotika nehmen musste, die mich wie damals als ich die Grippe hatte, völlig aus dem Leben kickten.
„Schatz aufwachen.", rüttelte Paul sanft an mir. „Fünf Minuten.", brummte ich und kniff meine Augen zusammen. „Später. Jetzt gibt es erstmal essen.".
Langsam öffnete ich meine Augen und sah das Paul außerhalb des Wagens, an der Beifahrerseite stand. „Sind wir schon da?", gähnen streckte ich mich so gut es in dem Auto ging. „Nein. Aber da wir noch nicht gefrühstückt haben, hab ich was kleines vorbereitet.", erklärte Paul und hielt mir seine Hand hin.
Er führte mich vor das Auto und erst da sah ich dass er eine Picknickdecke auf eine der ranzigen Raststättenbänke gelegt hatte und darauf die Tupperdosen gestellt hatte. „Romantisch ist es zwar nicht, aber besser als im Auto.", verlegten strich sich Paul über seinen Dreitagebart.
„Es ist perfekt.", gestand ich und lächelte meinen Freund verliebt an.
Gestärkt saßen wir wenig später wieder im Auto. „Jetzt kannst du deine fünf Minuten haben.", neckte Paul. „Nix da. Jetzt bin ich viel zu aufgeregt über meinen ersten Urlaub.", erklärte ich. „Das ist dein erster Urlaub?", fragte Paul verwundert und ich nickte. „Hatte halt nie das Geld dafür.".
Ich sah das Paul gerne was dazu sagen wollte, verkniff es sich aber.
Schweigend sah ich aus dem Fenster und Paul konzentrierte sich auf den Verkehr. „Du weißt was das heißt?", durchbrach er nach einer halben Stunde die Stille. „Nein was denn?".
„Ich habe die Freude dir die ganze Welt zeigen zu können.", ohne seinen Blick von der Straße zu nehmen legte er mir seine Hand auf den Oberschenkel. „Ich kann es kaum erwarten.", erwiderte ich.

„Okay, bist du ein König oder so was?", stammelte ich, als ich vor dem riesigen Strandhaus stand. „Nein warum?", Paul trat hinter mich. „Warum? Das Haus ist riesig. Und das in Köln auch. Wie kannst du dir so was leisten?", starrte ich noch immer fassungslos auf das zweistöckige Haus vor uns. „Naja. Das Haus in Köln habe ich nach dem Tod meiner Großeltern geerbt. Und das hier war ihr Geschenk an mich, nachdem ich die Polizeischule erfolgreich abgeschlossen hatte.", erklärte Paul und holte unsere Koffer aus dem Auto. „Deine Großeltern haben dir das Strandhaus zur Ausbildung geschenkt?", harkte ich nach und nahm ihm unsere Provianttüte ab, „Ich hab damals direkt eine Rechnung bekommen mit den Worten 'Jetzt kannst du hier selber deine Miete und Lebensmittel zahlen'.".
„Das gehört deiner Vergangenheit an. Jetzt beginnt deine Zukunft.".

Den restlichen Tag verbrachten Paul und ich es uns in dem großen Haus gemütlich zu machen. Wir bezogen die Betten, wischten Staub und räumten die Koffer leer.
Dick in unsere Winterjacken eingekuschelt machten wir einen kleinen Spaziergang durch das Dorf.
„Warst du als Kind oft hier?", wollte ich wissen, als wir gerade an einem verwaisten Kinderspielplatz vorbei kamen. „Jeden zweiten Sommer. Die andern Male bin ich mit meiner Privatjacht um die Welt gesegelt.", antwortete Paul trocken. „Du...", ich sah ich überrascht an und sah dann sein Spitzbübisches Lächeln, „Du hast mich verarscht.". „Nein. Ich doch nicht.", gab Paul sich Mühe ernst zu bleiben. Ich riss mich von ihm los und haute ihm spielerisch auf den Oberarm. „Dir vertraue ich nie wieder.", ließ ich ihn wissen und lief ein paar Schritte voraus.
„Daria? Dir ist doch schon bewusst dass du verletzt bist und ich somit schneller? Außerdem kennst du dich hier null aus, was heißt dass du dich eh verlaufen wirst.", rief Paul mir nach.
„Das werden wir sehen!", rief ich über meine Schulter hinweg und übersah so leider die Frau vor mir.

„Kannst du nicht aufpassen, du blöde Kuh!", fuhr sie mich an und schubste mich von sich weg. Ich verlor daraufhin das Gleichgewicht, stolperte nach hinten und wäre, wenn Paul nicht direkt zur Stelle gewesen wäre, unsanft auf dem Po gelandet.
„Es tut mir leid.", entschuldigte ich mich bei ihr, aber als sie sah das sie ihren Kaffee verschüttet hatte und etwas davon auf ihre Jacke gekommen war, giftete sie mich an: „Weißt du wie teuer diese Jacke war? Sie kostet mehr als du in deinem ganzen Leben verdienen wirst.". „Ich bezahle die Reinigung.", schlug ich vor um die Situation zu deeskalieren. „Als ob du...", zeterte sie weiter als ihr Blick auf Paul fiel, „Paulchen?".
„Wie bitte?", verdutzt blickte Paul die Frau vor uns an. „Sag mir nicht dass du mich nicht erkennst, Paulchen.", flötete sie und griff an seinen Oberarm. „Warte...", Paul sah sich die Frau noch mal genauer an, „Emily?". „Ich wusste du kannst mich nicht vergessen.", strahlte Emily ihn an und warf sich in Pauls Arme. Paul erwiderte ihre Umarmung zwar, aber ohne seinen stützenden Arm von meiner Hüfte zu nehmen. „Und wer ist das?", sie sah an mir hoch und runter, ließ aber Pauls Oberarm nicht los. „Emily das ist Daria, meine Lebensgefährtin. Daria, das ist Emily, eine Freundin aus der Kindheit.", stellte Paul uns vor. „Eine Freundin aus der Kindheit? Wir waren viel mehr als das.", lachte Emily übertrieben, „Damals haben immer alle gedacht dass wir heiraten werden. Ich hab sogar noch den Ring den du mir damals geschenkt hast.".
„Es ist auf jeden Fall schön dich kennen zu lernen.", versuchte ich mir meine Meinung ihr gegenüber nicht anmerken zu lassen und hielt ihr meine Hand hin. „Aha.", sie sah kurz zu mir und dann wieder zu Paul, „DU musst unbedingt zum Kaffee vorbeikommen, wenn DU schon mal da bist. Meine Eltern werden ausrasten wenn ich denen erzähle dass ich dich getroffen habe. Kommst DU morgen mittag?".
Nun wurde es auch Paul zu blöd: „Hör mal Emily, wenn deine Eltern mich sehen wollen, kommen Daria und ich gerne bei euch vorbei. Aber bis dahin genießen wir unseren Liebesurlaub zu zweit. Machs gut.". Er nickte ihr zu und zog mich weiter.
„Aber ich hab deine Nummer nicht!", kreischte sie uns panisch hinterher. „Ich hab aber die deiner Eltern.", rief ihr Paul zu und sah mich entschuldigend an.
Wir hörten sie noch gegen eine Mülltonne treten, danach war es still.

Erst wenn man ganz unten ist, weiß man was wichtig ist. Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt