„Bitte helfen Sie mir."

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In der Nacht wurde ich immer wieder wach und musste mich vergewissern das Paul noch neben mir lag und vor allem lebte. Als draußen die ersten Vögel zwitscherten wachte ich wieder schweißgebadet auf und sah mich um. Das Bett neben mir war leer und als ich die Bettdecke zurückschlug entdeckte ich einen riesigen Blutfleck auf der Matratze. „Paul?", ich sprang aus dem Bett und lief in das kleine Badezimmer, das leer war. Panisch lief ich in den Flur, aber sobald ich jemanden vom Klinikpersonal ansprach, drehten sie sich nur lachend um und gingen weg. „Bitte helfen Sie mir.", bat ich einen Ärztin als ich Schwester Bär entdeckte und auf sie zu lief, aber je näher ich ihr kam, desto schneller wich sie von mir zurück. „Bitte. Sie müssen mir helfen. Ich suche Paul.", rief ich ihr zum wiederholten Male zu, als mich die Kommissare Baum und Fichtner an den Oberarmen packten. „Lasst mich los!", brüllte ich die beiden an. Vor uns tauchten Martin, Jule, Hannah und Daniel auf und fingen an zu lachen als sie mich sahen. „Wie konnte ich nur jemand wie dich als beste Freundin haben?", Stephan tauchte links von mir auf und sah mich angewidert an. „Du machst allen nur das Leben schwer. Ich hätte dich damals einfach in eine Zelle stecken sollen.", Klaus tauchte rechts neben mir auf und hielt mir seine Handschellen hin. „Klaus. Stephan das meint ihr nicht ernst.", ich sah die beiden Männer fassungslos an als ich Paul hörte.
„Daria?", mein Ehemann stand vor mir und all unsere gemeinsamen Freunde standen hinter ihm und sahen mich finster an. „Paul.", ich versuchte auf ihn zuzulaufen, wurde aber von den Kriminalhauptkommissaren zurückgehalten. „Paul!", ich versuchte mich aus deren Griff zu lösen, schaffte es aber nicht. „Paul! Hilf mir!", rief ich meinem Ehemann zu, als die Kommissare begannen mich wegzuziehen. „PAUL!", ich wurde panisch als die beiden Männer anfingen mich zu schütteln. Immer heftiger wurde ich von links nach rechts und wieder zurück geschubst, sodass mir richtig übel wurde und ich meine Augen zusammenkniff.

„Wach auf!", hörte ich Paul besorgt rufen also riss ich meine Augen auf und sah direkt in Pauls Gesicht. „Das war nur ein Albtraum. Du bist in Sicherheit.", der Oberkommissar zog mich hoch und in seine Arme und wiegte mich sanft hin und her. Die Zimmertür wurde aufgerissen und die Nachtschwester stand alarmiert im Raum: „Was ist hier los?". „Meine Frau hatte einen Albtraum.", informierte Paul die Krankenschwester und strich mir über den Kopf. „Soll ich einen Arzt rufen?", die Schwester zog ihr Stationstelefon aus der Tasche und sah Paul abwartend an. „Nein danke. Es geht gleich wieder. Falls nicht, melde ich mich.", erklärte Paul und kurz darauf hörte ich wie Frau die Zimmertür wieder hinter sich schloss.
Langsam schaffte ich es auch wieder normal zu atmen und hob meinen Kopf soweit dass ich Paul ansehen konnte. „Erzählst was du mir was du geträumt hast?", sanft strich mir Paul die Tränen vom Gesicht. „Du warst weg und im Bett war nur Blut. Keiner konnte mir sagen wo du bist. Und Stephan....", ich presste meine Lippen aufeinander und spürte wie mir wieder Tränen in die Augen stiegen. „Schon gut. Ich bin da.", Paul lächelte mich liebevoll an und kuschelte sich mit mir im Arm wieder unter die Bettdecke.

Gegen Nachmittag, nachdem wir mit der Hebamme der Klinik gesprochen hatten, durften Paul und ich nach Hause. Da ich am Vortag von den beiden Kriminalkommissaren zur Klinik gebracht wurde und Stephan am Abend mit dem Ersatz-Streifenwagen weg gefahren war, wurden wir von Hannah und Stephan abgeholt.
„Sollen wir euch kurz bei eurem Frauenarzt vorbei fahren, damit er nach dem Krümel schauen kann?", wollte Hannah, vom Fahrersitz aus, wissen, als mir zum gefühlt millionsten Mal die Albtraum-Sätze von Stephan und Klaus durch den Kopf gingen. „Danke nein, wir haben mit einer Hebamme im Klinikum gesprochen und sind ab sofort da für alle Vorsorgeuntersuchungen." erklärte Paul und sah zu mir.
„Klaus wollte noch kurz mit euch sprechen, ist das für euch in Ordnung dass wir euch zur Wache bringen? Dort hast du ja auch deinen PKW Paul und kannst allein heim fahren.", Stephan drehte sich zu uns um und ich sah direkt aus dem Fenster, da ich ihm nicht in die Augen sehen konnte. „Ja geht klar.", antwortete Paul für uns und legte mir seine Hand auf den Oberschenkel.
Auch auf der Wache vermied ich jeglichen Blickkontakt mir meinen Freunden, sodass ich den Blick von Michael nicht wahrnahm. „Daria? Ich müsste noch mal mit dir wegen einer Zeugenaussage sprechen.", sprach mich der Polizeihauptkommissar an. „Eine Zeugenaussage bei dir?", ich sah ihn verwundert an. „Hab ich da was nicht mitbekommen?", Paul trat an meine Seite und sah mich überrascht an. „Keine Sorge Paul, es geht um die Anzeigen gegen Frau Meyer und Herr Klein. Daher müsste ich eben mit Daria unter vier Augen reden. Danach bringe ich sie dir schon wieder.", Michael lächelte Paul an und bat mich dann ihm zu folgen.

„Was musst du denn noch wissen?", neugierig sah ich den Hauptkommissar vor mir an. „Zum Beispiel was mit dir los ist.", Michael sah mir direkt in die Augen. „Ich weiß nicht was du meinst. Es ist alles okay.", versuchte ich die Sache kleinzureden. „Daria, versuch es erst gar nicht. Ich bin nicht nur Hauptkommissar sondern auch Familienvater. Ich weiß wenn man mich anlügt. Also?", wissend lächelte mich der Kommissar vor mir an.
Kleinlaut berichtete ich ihm von dem Albtraum der letzten Nacht und musste zwischendurch eine kleine Pause machen um mich kurz zu sammeln. „Wissen Klaus und Stephan davon? Und Paul?", Michael sah mich verständnisvoll an und schob mir eine Wasserflasche hin. „Nein, ich hab versucht es Paul im Krankenhaus zu erzählen, aber es hat sich alles so wirklich angefühlt.", gestand ich und nahm einen großen Schluck aus der Flasche. „Das glaub ich dir, allein bei deiner Erzählung habe ich eine Gänsehaut bekommen. Aber ich bin mir sicher das weder Stephan noch Klaus je sowas zu dir sagen würden, oder es auch nur denken würden.", der Hauptkommissar zog eine Packung Taschentücher aus einer Schublade und hielt sie mir hin.
„Ich weiß, aber irgendwas in mir hat Angst das es doch so ist.", murmelte ich und wischte mir mit einem Taschentuch die Tränen von Gesicht. „Hat das mit den beiden Clowns von der Kripo zu tun oder hattest du das Gefühl schon länger?", wollte Michael wissen als ich die benutzen Taschentücher in den Mülleimer geworfen hatte. „Seit gestern. Davor hab ich mir nie darum Gedanken gemacht. Ich meine warum auch, die beiden standen immer an meiner Seite.", erklärte ich und lächelte Michael traurig an. „Also warum sollte jetzt ein, wenn auch mieses, Missverständnis und ein Albtraum dein Vertrauen in die beiden erschüttern?", stolz auf sich selber lehnte sich der Polizist auf seinen Stuhl zurück.
Einige Minuten hing ich meinen eigenen Gedanken nach und drehte die Wasserflasche in meinen Händen hin und her. „Was meinst du? Soll ich Stephan und Klaus holen damit du das mit denen klären kannst? Ich kann auch dabei bleiben wenn du das willst.", riss mich Michael aus meinen Gedanken und stand bereits auf. „Ich komme ja eh nicht drum herum.", brummte ich und atmete noch ein paar mal tief durch während Michael los ging um die beiden zu holen.

„Daria? Ist alles gut?", war das erste was Klaus wissen wollte, als er mit Michael und Stephan in den Raum kam. Ich schüttelte nervös meinen Kopf und sah zu Michael der mich ermutigend zunickte. „Hat das was damit zu tun, dass du uns seit heute morgen nicht mehr anguckst?", traf mein bester Freund direkt ins Schwarze. „Ich hab...", ich suchte in meinem Kopf die passenden Worte und fing an das Etikett an der Wasserflasche abzuknibbeln als ich fortfuhr, „Ich hab heute Nacht unter anderem von euch geträumt.". „Du hast von uns geträumt?", verwundert setzte sich Stephan mir gegenüber. „Jetzt lass dir nicht alles aus der Nase ziehen.", brummte Klaus und lehnte sich an den Aktenschrank. „Klaus bitte, gib ihr Zeit.", bat Michael und setze sich wieder auf seinen Bürostuhl.
„Ihr beide wart da. Die andern auch, aber ihr habt was gesagt.", nuschelte ich und vermied noch immer jeglichen Blickkontakt mit Stephan und Klaus. Ich nahm meinen Mut zusammen und sah zu Stephan: „Du wolltest, angewidert von mir, wissen wie du nur jemand wie mich als beste Freundin haben konntest.", mein Blick glitt zu Klaus: „Und du meintest ich würde allen nur das Leben schwer machen. Du hätte mich damals einfach in eine Zelle stecken sollen.", offenbarte ich und kam mir total blöd dabei vor.
Einige Minuten blickten mich die beiden Polizisten stumm an, dann räusperte sich Klaus.
„Glaubst du, dass wir dir das auch im realen Leben sagen würden?". „Eine kleine Stimme in mir ist der Meinung, ja.", gestand ich und spielte weiter mit dem Etikett der Wasserflasche, aber diesmal sah ich Klaus an. „Ach Daria.", Klaus seufzte und kam auf mich zu. „Ich würde nie so was in der Art zu dir sagen. Du gehörst zu meiner Familie, bist wie meine eigene Tochter.", machte der Dienststellenleiter klar und zog mich von meinem Stuhl hoch. „Wenn du jemals wieder an meinen Gefühlen und meiner Meinung zu dir zweifeln solltest, sprich bitte mit mir ja?", bat Klaus und umarmte mich, als ich, mit Tränen in den Augen, nickte.
„Das gilt auch für mich, Daria. Du bist meine beste Freundin, die beste die ich je hatte. Wir beide kennen uns in und auswendig. Warum sollte ich also so was zu dir sagen?", Stephan zog mich, nachdem Klaus mich los gelassen hatte, in die nächste Umarmung. „Ich weiß es doch selber nicht, warum ich das geglaubt habe.", schluchzte ich und wischte mir mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen.
„Wer von euch erklärt mir was hier los ist?", Pauls Stimme ließ uns auseinander fahren. „Nix ist hier los.", antwortete Michael und zwinkerte mir zu. „Klar, deswegen hat meine Frau auch rote Augen und liegt in den Armen meines besten Freundes.", erwiderte Paul sarkastisch und trat an meine Seite. „Es ist wirklich alles okay, Paul.", ich ergriff die Hand meines Ehemannes und blickte dann zu Michael, „Dank dir.".

Erst wenn man ganz unten ist, weiß man was wichtig ist. Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt