„Wo bist du nur wieder in deinen Gedanken?"

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„Soso. Du hast ihr alsoeinen Ring geschenkt? Bin ich mit einem verlobten Mann zusammen?",zog ich ihn auf. „Hör mir bloß auf. Schon damals war sie totalseltsam. Ihre Mutter hat mir mal so eine Mädchen-Zeitschriftmitgebracht, darin war ein 'Überraschungsgeschenk'. Weil ich mit derZeitschrift nichts anfangen konnte, hab ich die Emily gegeben. Unddas 'Überraschungsgeschenk' war ein billiger Plastik-Ring. ErstJahre später habe ich erfahren, dass sie ihre Mutter dazu genötigthat, dass sie mir die Zeitschrift gibt.", erzählte Paul.
„Dabeiwirkt sie doch so nett.", tat ich überrascht. „Ja, total.",gab Paul augenrollend zu, als wir an einem kleinen Imbiss vorbeikamen. „Hast du Hunger?", wand sich mein Freund an mich und ichnickte. Also besorgten wir uns zwei Pizzen und gingen zurück zumFerienhaus.



Die nächsten Wocheverbrachten Paul und ich mit langen Spaziergängen, Filme Abendenoder spielten Brettspiele. Wir hatte, so wie wir es Frau Mertensversprochen hatten, regelmäßig unsere Verbände gewechselt undkonnten diese seit einigen Tagen auch ganz weg lassen. Hin und wiederschickten wir unseren Freunden ein Foto vom Meer, was zur Folgehatten das alle neidisch wurden und schon die nächste Feier in PaulsStrandhaus planten.


Wir kochten gerade, wiejeden Abend gemeinsam, heute wollte ich Paul aber in die Welt derRussischen Küche einführen.

„Und du bist sicher dassdas schmeckt?", argwöhnisch sah Paul auf die Fleischwurst,Kartoffeln, gekochten Eier, Mayo, Cornichons und diverse Gewürze.„Und wie.", antwortete ich und füllte weiter Hackfleisch inkleine Teigkreise. „Gut das ich weiß wo man hier Essen bestellenkann.", murmelte Paul halblaut und begann, als er den Blick sah denich ihm zuwarf, die Sachen klein zu schneiden.
Zwei Stundenspäter saßen wir am gedeckten Tisch. „Was genau ist das jetzt?",fragte Paul als er uns was zu trinken eingoss.". „Das hier sindPelimeni. Das hier Olivier,im Grunde ein Kartoffelsalat und das hier ist eine scharfe Soße, ichnenne die immer Adjika.", wies ich nach und nach auf die Schüsselnvor uns. Obwohl man Paul ansah dass im die Sache nicht geheuer war,nahm es von allem ein wenig.
Gespannt beobachtete ich ihm dabeizu wie er der erste Bissen vom Salat probierte. „Das ist wirklichgut.", lachte er erleichtert. „Hast du wirklich gedacht, dass ichdich vergifte?", sah ich ihn fassungslos an.
„Nein, aber dumusst zugeben, die Combi vom Salat ist echt seltsam. Vor allem derName, Olive. Dabei sind da keine drin.". „OlivierPaul. Olivier. Und sag nie wieder das der seltsam ist. Sonst bringstdu sämtliche Russen gegen dich auf.", blickte ich ihn streng an.
„Wenn die alle so drauf sind wie du wenn du sauer bist, dannprost Mahlzeit.", nuschelte Paul mit vollem Mund, „DiesePelimenis sind auch voll lecker.".
„Probier mal die Soße.",schlug ich vor und hielt ihm die kleinste der drei Schüsseln hin.Nachdem mein Freund eine gefüllte Teigtasche in die Soße gedipptund sich in den Mund geschoben hatte, riss er seine Augen auf. „Wasist los?", verwirrt über die Reaktion sah ich ihn an. „Arf!",keuchte Paul und eilte in die Küche.
„Stimmt doch gar nicht.",rief ich ihm hinterher. Es dauerte einen Augenblick aber dann kamPaul mit einem Glass Milch und einem Esslöffel wieder. „Achnein?", er nahm mit dem Löffel eine große Portion der Soße undhielt ihn mir hin, „Dann hier.".
Ich zuckte mit den Schulternund nahm ihm den Löffel ab: „Keine Ahnung was los ist.". VollerSchadenfreude sah Paul mich an, als ich den Löffel in den Mund nahmund ihn leer wieder Paul hinhielt. „Und?", Pauls Blick huschteüber mein Gesicht und wartete auf eine Reaktion. „Wie gesagt esist nicht scharf.", lachte ich. „Unglaublich.", stöhnte Paulund setzte sich wieder.



Da ich gekocht hatte,bestand Paul darauf das Geschirr zu spülen, also zog ich mich aufdie Terrasse zurück. Es war eine wolkenlose kühle Nacht. Ich zogdie salzige Meeresluft durch meine meine Nase ein und genoss dasGeräusch der brechenden Wellen. „Wollen wir ein Feuer machen?",flüsterte mir Paul ins Ohr und ich zuckte vor Schreck zusammen. „Ichbin's nur.", lachte Paul und schlang seine Arme um mich. „Sagbloß.", zischte ich ihm zum und lehnte meinen Kopf nach hinten aufseine Schulter. „Also Feuer?", wiederholte Paul seine Frage. Undda ich langsam anfing zu frieren, nickte ich.
„Dann setzt dichschon mal.", forderte mich mein Freund auf und ließ mich los. Ichstieg die paar Stufen der Terrasse hinunter und ging zur Feuerschaledie etwas Abseits im Sand stand. Noch immer konnte ich nicht fassendass Paul dieses Haus gehörte. Das Haus in Köln war schonwunderschön, aber das hier übertraf alles. Es hatte zwei Stöcke,eine kleine Küche, in die man kam wenn man durch die Eingangstürtrat, und das geräumige Wohnzimmer waren im Erdgeschoss, im erstenStock fand man das große Schlafzimmer und das Badezimmer mitWhirlpool. Sowohl im Wohnzimmer, als auch im Schlaf und Badezimmergab es eine riesige Fensterfront die den Blick zum Meer freigab. Zudem Haus gehörte auch ein privater Strandabschnitt der durch Dünenvor neugierigen Blicken andere geschützt war.
Es grenzt an einWeltwunder das Paul bei so viel Luxus so Bodenständig geblieben ist.

„Wo bist du nur wieder in deinen Gedanken?", witzeltePaul und tippte mir an die Nase.

„Nur bei dir.", gestandich und rümpfte lächelnd meine Nase. Paul nahm meine Hand undführte mich zu der Bank vor der Feuerschale die zwischen zwei Liegenstand. „Du hast du dich umgezogen.", stellte ich fest, als er dasFeuer entfachte. „Ach, ich hab mich vorhin nur mir deinerTeufelssoße bekleckert.", erklärte Paul und lächelte verlegen.„Das ist keine Teufelssoße.", stellte ich direkt klar undfunkelte Paul beleidigt an. „Dir hat sie auch nicht den gesamtenMund verbrannt.", stöhnte Paul und ließ sich neben mich fallen.„Geht's dir denn gut?", besorgt sah ich meinen Freund an. „Allesgut. Aber du bist scharfes Essen gewöhnt. Ich so überhaupt nicht.",erklärte Paul und deckte uns mit einer Decke zu. „Ist wirklichalles gut? Vielleicht hab ich es mit dem Chilliflocken übertrieben.Ich wollte alles nur perfekt machen ich...", sprudelte es aus mirheraus und Paul brachte mich mit einem Kuss zum Schweigen. „Siehstdu? Alles gut.", flüsterte Paul gegen meine Lippen, bevor er sieerneut gegen seine presste.
„Ich bin mir immer noch nichtsicher.", ließ ich Paul wissen, als er sich von mir löste. „Achnein?", er zog eine Augenbraue hoch. „Nicht im geringsten.",bestätigte ich meine Aussage und zog ihn wieder in einen Kuss.
„Ichliebe dich Daria.", Paul strich mir eine Haarsträhne hinter meinOhr und sah mir tief in die Augen. „Ich liebe dich Paul.",erwiderte ich und schmiegte mich an ihn. Paul Arm ruhte auf derBanklehne und er strich mir mir der Hand über die Schulter.

Erst wenn man ganz unten ist, weiß man was wichtig ist. Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt