„Bisher hat er immer mich gefunden."

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„Hey Daria.", begrüßteuns Jule als wir auf der Wache ankamen. Ich merkte wie sie mich indie Arme schließen wollte, im letzen Moment aber zögerte. Alsoschlang ich meine Arme um ihren Körper und vergrub mein Gesicht anihrem Hals. „Es tut mir so leid.", ließ sie mich wissen, als siemich kurz aber bestimmt an sich drückte. „Muss es nicht. Es istmeine...", fing ich an sie hielt mir aber direkt den Mund zu. „Wag.Es. Ja. Nicht. Dir. Die. Schuld. Zu. Geben.", zischte sie und ihrBlick verfinsterte sich bei jedem Wort. Da ihre Hand immer noch aufmeinem Mund lag, nickte ich stumm. „Ich hab es dir gesagt, Daria.",Paul legte mir seine Hand um die Hüften und Jule nahm währenddessenihre Hand von meinem Mund. „Tut mir leid.", nuschelte ich.
„AhFrau Petrowa. Sie sind ja hier. Ich wollte Sie gerade anrufen.",rief in diesem Moment Herr Westerhoven über den Flur.

Er bat mich und Paul in seinBüro und wirkte nervös als er darauf wartete dass wir uns setzten.„Gibt es was neues?", Paul schein die die Nervosität seinesKollegen auch zu bemerken.

„Wir haben mittlerweilemit ihrem Angreifer gesprochen.", fing er an und öffnete die Aktedie vor ihm lag, „Er meinte er wäre dazu angestiftet worden. Undzwar von einem Herr Klein. Sagt Ihnen der Name was?". Mein Gesichtwurde kreideweiß. „Daria?", Paul legte seine Hand auf meinenOberschenkel. „Das....das kann nicht sein...", stammelte ich undversuchte die Fassung zu waren. „Dari? Wer ist das?", Paul klangzunehmend besorgter. Ich wand mich langsam meinem Freund zu undbrauchte einen Moment bis ich es aussprechen konnte: „Leon. LeonKlein.". Pauls Blick wurde finster als er den Namen meinesEx-Freundes hörte. „Frau Petrowa? Paul? Was ist los?", wollteHerr Westerhoven wissen. „Leon Klein ist der Ex von Daria. HG,Stalking, Belästigung und weiß Gott was nicht alles.", setztePaul seinen Kollegen ins Bild. „Haben Sie ihn jemals angezeigt?",wollte der uniformierte Mann vor mir wissen. Ich schüttelte denKopf: „Ich hab in München alle Zelte abgebrochen und bin dannhierher gekommen. Dachte so würde alles Enden. Aber es scheint alswäre er jetzt erst recht sauer.", erklärte ich. „Ich glaube ichmuss Ihnen nicht sagen, dass eine Anzeige die bessere Idee gewesenwäre. Wissen Sie wo er sich gerade befindet?", fragte HerrWesterhoven und sah mich abwartend an. Wieder schüttelte ich meinenKopf. „Bisher hat er immer mich gefunden.". Ich tauschte einenkurzen Blick mit Paul und erzählte dann Herrn Westerhoven von denZusammentreffen mit Leon. Von dem mal im Buchhandel und das mal imCafé. Und von all dem was er in München getan hatte.

Handin Hand verließen Paul und ich gute zwei Stunden später das Büro .Allein die Tatsache all das was Leon getan hatte, laut auszusprechenhat gut getan. Mittlerweile lief eine Fahndung nach ihm. MeinAngreifer würde bald vor den Richter kommen, und da es eineVideoaufzeichnung von seiner Tat gab, war die Chance hoch dass ichnicht vor Gericht aussagen müsste. Herr Westerhoven hatte auch aufmein Bitten nachgesehen ob es was neues in dem Fall mit Ela gab,leider musste er mich enttäuschen. Ela arbeitete wieder imKindergarten und es konnten bisher keinen neuen Beweise für ihreSchuld gefunden werden.

Ich war noch völlig inGedanken versunken als Paul mir sanft seinen Ellenbogen in die Rippenstieß. Vor uns stand eine ältere Dame die mich liebevoll ansah.„Tut mir leid, ich war total in Gedanken.", entschuldigte ichmich bei ihr was sie zum Lachen brachte: „Keine Sorgen, FrauPetrowa. Ich an ihrer Stelle würde aus dem denken gar nicht mehrheraus kommen.". Als sie merkte dass ich sie verwirrt ansah, hieltsie mir ihre Hand hin: „Frau Neumann, mein Name. Ich bin dieDienstellen-Psychologin. Und bevor sie ihren Freund beschuldigen,Herr Fuchs bat mich mit Ihnen zu reden. Er meinte Sie hätten inletzter Zeit ziemlich viel durch gemacht.", stellte sie sich vorund hielt mir ihre Hand hin die ich auch ergriff. „Ich glaube dannmuss ich mich nicht vorstellen. Und dass sie mehr über mich wissenals ich selber.", ich schmunzelte als ich Paul neben mirerleichtert ausatmen hörte. „Wollen wir uns kurz in mein Bürosetzten?", fragte die Frau vor uns und wies mit ihrer Hand auf eineTür zu unserer rechte. „Nichts für ungut, Frau Neumann, aber ichwar noch nie Fan davon meine Gefühle oder Probleme mit fremden zudiskutieren.", verneinte ich und wollte gehen. „Haben Sie es dennschon mal versucht?", ließ Frau Neumann nicht locker. „Ja. Aberdie Dame bei der ich war, wollte mir einreden dass mein geistigesWohlbefinden davon abhängig ist, wie viele Follower ich in denSozialen-Netzwerken habe.", berichtete ich und sah sie abwartendan. „Glauben Sie denn dass es so ist?", wollte dieDienststellenpsychologin wissen. Ich schüttelte direkt den Kopf:„Nein. Grob gesagt hängt das Wohlbefinden jedes einzelnen Menscheneher davon ab ob er glücklich ist. Ob er sich mit Menschen umgibtdie im gut tun, das tut was er für richtig hält oder ob er sich nurverstellt um anderen Menschen zu gefallen.", umriss ich meineSichtweise zu meinem Thema. „Und tun Sie das? Tuen Sie das was Siefür richtig halten?", harkte Frau Neumann weiter nach und ichwollte gerade antworten als ich ihr Lächeln sah. „Sie sind gut.",gab ich anerkennend zu.
„Ich weiß. Wollen wir in meinem Büroweiterreden?", fragte Frau Neumann und wies wieder zu ihrem Büro.
„Geh ruhig.", brachte sich Paul nun auch in unser Gesprächein als er meine Unentschlossenheit spürte, „Ich hab eh gleichDienstbeginn.". Ich sah meinem Freund tief in die Augen und nickte.„Es wird wohl das beste sein.". „Wenn was ist, du weißt wo dumich findest. Sag einfach einem Kollegen Bescheid dass Code Red ist.Sie wissen dann was zu tun ist.", informierte er mich und drücktemir einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. „Was bedeutet CodeRed?", rief ich ihm nach da er bereits auf die Umkleiden zulief umsich in seine Polizeiuniform zu werfen. „Ich höre dich nicht. Binaber verdammt stolz auf dich!", rief er mir über seine Schulter zuehe er hinter einer Tür verschwand.
„Wollen wir?", brachtemich Frau Neumann wieder in die Realität zurück, denn ichbeobachtete immer noch die Umkleidetür in der Hoffnung Paul gleichin seiner Uniform zu sehen. Sie stand ihm einfach zu gut.
„EinenVersuch ist es wert, oder?", lachte ich und ging voran in ihr Büro.
Durch viele Serien und die Male die ich selber in einerPsychologischen Praxis war, hatte ich ein ungefähres Bild davon wiees in einer aussah. Das Büro von Frau Neumann war aber total anders.
An einer Wand standen hohe Regale voller Ordner, Bücher undeinigen Fotorahmen in denen Zitate von Berühmtheiten abgebildetwaren. Vor dem Fenster standen zwei große Ohrensessel und einkleiner Tisch auf dem eine Taschenbücherbox und ein bunter StraußBlumen stand. An einer weitern Wand sah ich eine kleine Kommode aufder ein Teekocher stand. Daneben einige Tassen und Gläser und aucheinige Flaschen Wasser und Limonade konnte ich entdecken.
„SehenSie sich ruhig um.", Frau Neumann schloss die Tür hinter uns unddrückte auf einen Schalter neben der Tür. Als sie meinen Blick saherklärte sie: „Damit leuchtet draußen ein Licht auf. So wissendie Polizisten dass ich in einem Gespräch bin und nur im Notfallgestört werden will.". „Sie sagen es. Ich bin keine Polizistin.Dürfen Sie mir dann überhaupt helfen?", wollte ich wissen. „Ichbin in allererster Linie Psychologin. Die zufällig in einerPolizeidienstelle arbeitet.", erklärte Frau Neumann und setztesich auf einen der Hocker, „Sehen Sie sich ruhig um. Wenn Siesoweit sind, können wir beginnen.".

Erst wenn man ganz unten ist, weiß man was wichtig ist. Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt