Krankenschwester Sindera

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„HalloFrau Petrowa. Wie geht es ihnen?", begrüßte mich der Arzt undtrat an mein Bett. „Daria, bitte.", ich setzte mich auf. Einkleines Schmunzeln schlich sich auf Herr Dreiers Gesicht: „OkayDaria, wie geht's dir?". „Besser.", krätzte ich. „Alsoimmer noch mies?", Herr Dreier stellte seine Arzttasche auf demBett ab und fing an darin rum zu wühlen. „Sie kennen michmittlerweile zu gut, Herr Dreier.", lachte ich müde. „Oliverbitte.", bat er und maß meine Temperatur. Ich nickte. „Hmm.Immer noch bei 40 Grad.", nuschelte er und wühlte wieder in seinerTasche. „Warst du in der letzten Zeit länge Kälte ausgesetzt?",fragte er und zog ein Stethoskop aus seiner Tasche. Ich schütteltemeinen Kopf als Paul sich räusperte. „Der Dickschädel vor dir,hielt es für eine gute Idee im strömenden Regen den Vorgarten zuentlauben.".
Ich strafte Paul mit einem bösen Blick und sahwieder zu Oliver :" Es hat nur kurz geregnet. Und ich hab michkörperlich betätigt, also war mir immer warm.". Paul und Oliversahen sich kurz an und mir wurde klar dass ich sagen konnte was ichwill – keiner von den beiden würde mir glauben.
Wie einbockiges Kind verschränkte ich meine Arme vor der Brust. Ich hörtePaul auflachen, allein das Geräusch seines Lachen entfachte einenregelrechten Schmetterlingsschwarm in meinem Bauch. Oliver schriebein paar Dinge auf einen kleinen Notizblock und hörte mich dann ab.Danach ergänzte er noch etwas der Liste und riss den Zettel ab.„Besorg ihr das, und sorg dafür dass sie viel trinkt und was isst.Und wenn es ihr in zwei Tagen nicht besser geht, ruft ihr entwedereinen RTW oder fahrt zum Arzt." , er reichte Paul den Zettel undwand sich bei den letzten Worte an mich, als er sah wie ich den Mundöffnete um zu widersprechen, fügte er „Keine Widerrede, sonsthole ich direkt den RTW.", hinzu und hob drohend den Zeigefinger.
Ich wollte etwas erwidern fing aber an zu husten. Keuchend beugteich mich vor, in der Hoffnung so besser Luft zu bekommen, aber meinKörper wurde immer wieder von einem Hustenanfall überrollt. Ichspürte Pauls Hand auf meinem Rücken wie sie sanft hoch und runterstrich. Oliver hielt mir mein Asthmaspray vor die Lippen, das ichdankend annahm.

KurzeZeit später ließ ich mich erschöpft zurückfallen. „Gehtswieder?", fragte Paul und auch Oliver sah mich beunruhigt an. „Ichbin Asthmaanfälle gewohnt.", antwortete ich gähnend und hattemühe meine Augen offen zu halten. „Ruh dich gut aus. Ihr habt jameine Nummer wenn was ist.", verabschiedetet sich der Arzt und ginggefolgt von Paul aus dem Raum.
Ich schloss meine Augen, kuscheltemich mehr in die Decke und war schnell eingeschlafen.

„Daria?Wach auf. Du musst deine Medizin nehmen.", weckte mich Paul undhalf mir mich aufzurichten. „Wie lange hab ich geschlafen?",fragte ich mit einem Blick nach draußen wo die Sonne schien. „Gutezehn Stunden.", erklärte Paul und hielt mir ein paar Tabletten undein Glas Wasser hin. „Musst du nicht zur Arbeit?", fragte ichweiter, bevor ich die Tabletten in den Mund steckte und sie mit einemgroßen Schluck Wasser hinunter spülte.
„Hab mir heute freigenommen.", Paul ließ es wie beiläufig klingen, aber mir stelltensich die Nackenhaare hoch. „Wie frei genommen? Wegen mir?". Ichgehörte zu den Menschen die auch krank zur Arbeit gingen und sichungerne krank meldeten. „Natürlich wegen dir.", antwortete Paulund öffnete das Fenster. Als er meinen besorgten Blick sah, setzteer sich wieder neben mich. „Du weißt wie ich es meine. Ich hab mirfrei genommen, weil ich für dich da sein will. Und keine Sorge, fürmorgen hat sich Stephan angeboten hier Wache zu halten.".
Ichlachte kurz auf. „Krankenschwester Sindera?". „So in etwa. Oderes ist die neue Spielekonsole, für die er zu geizig ist, aber beimir im Wohnzimmer steht".


Ichverbrachte den Tag im Bett und Paul ließ mich keine Sekunde allein.Er sorgte dafür dass ich genug trank und aß, er lass mir vor oderhielt mich einfach nur im Arm.

Zuerstwollte ich mich dagegen wehren, ich wollte Paul nicht anstecken. Paulaber lachte über meine Sorge, und wiegelte sie mit „Ich werde niekrank. Und manche sind es wert das Risiko einzugehen.", ab. Seliglächelnd schmiegte ich mich an seine Brust und genoss seinezärtlichen Berührungen.

Als Paul mich am nächsten Morgenweckte, um mir bei der Tabletten Einnahme zu helfen, stellte er festdass meine Temperatur mittlerweile bei 38.7 Grad war. „Oli ist einGenie.", lobte Paul den Arzt. „Wir sollten ihm was gutes tun.",schlug ich vor und stand auf. Paul stand direkt vor mir und hieltmich fest, da ich immer noch ziemlich wackelig auf den Beinen war.Als er mich fragend ansah, klärte ich ihn über mein Vorhaben auf:"Ich muss duschen. Ich stinke.". Paul sah mich mit seinemPaul-Lächel an und meine Knie wurden gleich noch ein wenig weicher.„Du siehst wunderschön aus.".
Während ich schnell duschte,bereitete Paul in der Küche was zu essen für mich und Stephan vor,der jede Minute ankommen sollte. So war es dann auch, denn als ichfrisch geduscht, mit handtuchtrockenen Haaren und in einemJogginganzug von Paul die Treppe runter kam, saß Stephan schon mitPaul im Wohnzimmer und ließ sich die Spielekonsole erklären.
„Jungs bleiben halt immer Jungs.", lachte ich und kam auf dieBeiden zu. „Was soll das den heißen?", fragten die beiden wieaus einem Mund. Ich ließ mich kopfschüttelnd auf dem Sessel nieder.Das duschen hatte mich komplett fertig gemacht. „Alles gut,Dornröschen?", fragte Stephan. Ich nickte müde und kuschelte michin die Sofadecke ein. „Wie ich sehe machst du deinem Namen immernoch große Ehre.", lachte Stephan. Ich öffnete ein Auge und sahPaul an. Er legte den Kopf schief und ich nickte.
Keine zweiSekunden später hatte Stephan ein Sofakissen im Gesicht.
„Waszum Teufel?", völlig perplex hielt Stephan das Kissen in der Handund sah seinen besten Freund an. „Was denn? Sie wollte es.",erklärte Paul, und drückte weiter auf dem Controller herum.
„AberSie...", stammelte Stephan und sah abwechselnd mich und Paul an,„und du... Ach vergesst es."


Ich schreckte hoch alsich Stephan schreien hörte. „Was ist passiert?!", vollerAdrenalin sah ich mich um, bereit jederzeit zu handeln. „Oh fuck.Sorry.", entschuldigte sich Stephan und legte den Controllerbeiseite. Ich brauchte einen Moment um zu begreifen, dass weder ichnoch Stephan gerade in einer Notsituation waren. „Ich schaffe dasLevel einfach nicht.", erklärte Stephan weiter.
Ich ließemich neben meinem, mittlerweile, besten Freund auf das Sofa fallenund nahm den Controller in die Hand. „Was hast du vor?", kam esvon dem blauäugigen Mann. „Das Level gewinnen.", erklärte ich.„Du erzählst doch Paul davon nix oder?", fragte Stephan und sahmir beim Spielen zu. „Ich weiß nicht wovon du redest.", pressteich zwischen meinen Zähnen hervor, völlig konzentriert auf dasSpiel. „Davon dass ich dich...", begann Stephan, brach abermitten im Satz ab als er meine Blick sah. „Ach so meinst du das.",lachte Stephan.

Nach einiger Zeit hielt ich Stephantriumphierend den Controller hin. „Wie?!" stammelte der Polizistund sah mich fassungslos an. „Tja, stille Wasser sind tief.",lachte ich und lehnte mich zurück. „Es ist eh Zeit zum essen. Undfür deine Tabletten. Ein Wunder dass Paul noch nicht angerufenhat.", erklärte Stephan. Und genau in diesem Augenblick begannsein Handy zu klingen.
„Wenn man vom Teufel spricht.", lachteich und ging zum Küchentresen. Kurze Zeit später kam Stephan nachund erzählte vom Telefonat. „Ich soll dir sagen dass er heuteetwas später kommt. Klaus und Martin haben wohl noch Fragen wegendeiner Wohnung.". Kaum hatte er es ausgesprochen zuckte ichzusammen und hatte die Bilder meiner Wohnung wieder vor Augen.Stephan schien es zu merken und nahm mich kurz aber bestimmt in denArm.
Smalltalk haltend aßen wir und setzten uns danach wiederauf das Sofa. Nachdem ich meine Tabletten eingenommen hatte,kuschelte ich mich in die Sofadecke. Stephan widmete sich wiederseinem Spiel und ich schlief wieder ein.

„Dornröschen, ihrPrinz ist da.", hörte ich Stephan sagen und öffnete zögerndmeine Augen. Als ich hochsah, sah ich Stephans Kopf über mirschweben. Paul saß auf dem Sessel neben uns. „Sollte icheifersüchtig werden?", fragte Paul gespielt besorgt. „Ja.",antwortete ich trocken und richtete mich auf, denn ich war, nachdemich eingeschlafen war, mit dem Kopf auf Stephans Schoss gelandet.
„Stephan?", wand sich Paul an seinen Freund. „Was denn?Daria ist eine gutaussehende Frau. Also wieso nicht.", kam es vonStephan und er bedachte mich mit einem flirtenden Blick. Paul scheinnicht ganz sicher zu sein ob wir ihm auf den Arm nehmen wollten, oderes ernst meinten – bis Stephan und ich anfingen zu lachen. „Ihrbeiden.", brummte Paul und sah uns sauer an, ich sah jedoch dass ersich ein Lächeln verkneifen musste. Eigentlich wollte ich noch etwassagen, fing aber wieder an zu husten.

Sofort war Paul an meinerSeite und hielt mich fest, Stephan lief mit seinen langen Beinen dieTreppe hoch und in sekundenschnelle auch wieder unten, mitsamt meinesAsthmasprays. Dieses Mal brauchte ich es aber nicht. Erschöpftlehnte ich mich an Paul, der mir einen Kuss auf den Haaransatzdrückte.

Erst wenn man ganz unten ist, weiß man was wichtig ist. Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt