"Es ist mir einfach so rausgerutscht."

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„... dein Versprechen gehalten hast.", Pauls Stimme weckte mich wieder und ich öffnete zögernd meine Augen. „Na gut geschlafen?", lächelte Paul mich an und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. „Hängt davon ab wie lange.", murmelte ich und setzte mich auf. „Knappe 20 Minuten. Die ersten Gäste kommen gerade an. Stephan ist schon in der Halle und klärt die letzten Sachen.", antwortete Paul und half mir dabei meine Frisur wieder zu richten. „Was muss denn noch geklärt werden?", ich sah Paul erschrocken an und ging im Kopf meine To-Do Liste durch. „Er kümmert sich darum das das Essen pünktlich bereit steht, das alle die wollen was zu trinken bekommen etc.", zählte Paul als er die letzte Haarsträhne fest steckte. „Okay.", ich nickte beruhigend und lehnte meine Stirn gegen die von Paul. „Kannst du es glauben, dass wir jetzt beide Trauungen hinter uns haben?", raunte ich ihm zu und sah ihm in die Augen. „Kannst du es glauben dass wir in drei Monaten unseren Krümel halten können?", antwortete Paul und strich, ohne unseren Blickkontakt zu unterbrechen über meinen Bauch.
So blieben wir einige Momente sitzen, bis Paul ausstieg und um den Wagen lief um mir meine Tür zu öffnen. „Wie heißt noch mal die Prinzessin mit dem Schuh?", lachte er als er sich hinkniete und mir die weißen Sneaker anzog. „Cinderella.", antwortete ich und stand auf. „Mist, hatte gehofft das es Dornröschen ist.", Paul zwinkerte mir zu und gemeinsam gingen wir in die Halle, in der ich damals auch schon meinen Geburtstag gefeiert habe.
„Scheint als hätte der Schlaf dir gut getan, Dornröschen. Auch wenn es nicht der 100 Jährige Schlaf war.", scherzte Stephan als er auf uns zu kam. „Was habt ihr beiden heute die ganze Zeit mit den Märchen?", ich blickte zwischen meinem Mann und meinem besten Freund hin und her. „Ich dachte seit eurer Standesamtlichen Trauung weißt du das du eine Prinzessin bist.", Marc trat neben mich und hielt bereits ein Bier in der Hand. „Ich merke schon, ich bin überstimmt. Dann benehme ich mich halt wie eine Prinzessin und haue ab.", ich drehte mich um, griff meinen Rock und lief los in Richtung Jule und Hannah. „Stehen bleiben. Polizei!", hörte ich Paul hinter mir rufen als er hinter mir her gejoggt kam. „Brauchst du jetzt doch ein Fluchtwagen?", lachte Jule als ich mich hinter ihr und Hannah versteckte. „Eher ein Versteck.", raunte ich ihnen zu, daher stellten sie sich dicht nebeneinander und sahen Paul unschuldig an, als er vor ihnen zum stehen kam. „Hey ihr beiden. Habt ihr meine Braut gesehen? Ich könnte schwören dass sie hier lang gelaufen ist.", Paul sah sich um und tat als könnte er mich nicht sehen. „Nein, an uns ist sie nicht vorbei.", antwortete Hannah und ich versuchte mich hinter ihr noch kleiner zu machen. Leider war ich dadurch so abgelenkt, das ich nicht merkte wie Paul meine Trauzeuginnen umrundete. „Hab ich dich.", freute er sich und wollte mich packen.
Ich schaffte es aber im letzten Augenblick auszuweichen und lief weiter. „Komm schon Daria.", rief Paul mir nach und schüttelte seinen Kopf. „Du wolltest eine Prinzessin, dann bekommst du eine.", rief ich ihm über die Schulter hinweg zu, wohlwissend dass mein Mann nun in seinen Polizistenmodus schalten würde. Keine 10 Meter von mir entfernt entdeckte ich Klaus der sich gerade mit Martin unterhielt. Schnell lief ich auf die beiden zu und versteckte mich hinter dem breiten Rücken des Dienststellenleiter. Gerade noch rechtzeitig, denn keine Sekunde später stand Paul vor seinen Kollegen. „Sollte ich mir Sorgen machen?", Klaus machte sich noch breiter und Martin verkniff sich ein Lachen. „Nicht im Geringsten. Aber du kennst Daria ja. Sie ist immer für eine Überraschung gut.", lachte Paul und versuchte Klaus zu umrunden um zu mir zu kommen. „Und jetzt die Wahrheit?", forderte Klaus gerade als ich mir die Hände auf den Bauch legte. „Daria alles gut?", Martin sprang auf mich zu und stützte mich. „Daria?", Paul war auch direkt an meiner Seite. „Schon gut. Übungswehe. Aber eine heftige.", keuchte ich und krallte meine Hand in die von Paul. „Sicher das es keine echte ist?", Klaus strich über meinen Rücken. „Ja, ich hatte schon einige Übungswehen.", ich atmete noch mal tief durch und lächelte dann die drei Polizisten an. „Dann mach bitte langsam heute, ja?", Klaus schien kein Stück beruhigter zu sein. „Mach ich, Papa.", antworte ich aus Reflex und hielt mir vor Schreck die Hand vor den Mund. „Papa?", Klaus sah mich mit großen Augen an. „Es tut mir wirklich leid, ich wollte nicht. Es ist mir einfach so rausgerutscht.", entschuldigte ich mich und hoffte das sich einfach ein Loch zu meinen Füßen auftun würde. „Entschuldige dich nicht. Ich habe nichts dagegen wenn du mich so nennst.", Klaus zog mich an seine Brust.

Nach und nach füllte sich die Halle und wir wurden von den restlichen Gästen gedrückt, die alle verständnisvoll auf meine Flucht von der Kirche reagierten. Die Kinder machten sich schon über die Spiele und Malbücher her, besonders Laura Westerhoven freute sich über das Glitzer-Frozen Malbuch.
Als dann alle Gäste angekommen waren, stellten Paul und ich uns vor das Mikrophon auf die Bühne und tippten dagegen. Augenblicklich wurde es still und alle Augen waren auf uns gerichtet. „Dieses Mal darf ich die erste Rede des Tages halten, auch wenn das hier keine wirkliche Rede ist. Ich möchte jeden einzelnen von euch danken. Dafür das ihr alle diesen Tag mit uns feiert obwohl das ganze super spontan ist und vor allem das ihr so viel Verständnis für meine Situation habt. Und da ich gerade selber totalen Hunger habe, bleibt mir nur eins zu sagen: Der Kampf um das Essen ist hiermit eröffnet.", hielt ich eine kurze Ansprache und steig mit Paul wieder von der Bühne, während ein Teil der Gäste applaudierte und der andere Teil sich schon auf das Buffet stürzte.

„Dann bin ich mal gespannt was Stephan bestellt hat.", raunte mir Paul zu, als wir, nachdem der erste Ansturm vorbei war, an das große Buffet traten. „Soweit ich das sehe, gibt es für alle was. Fisch, Fleisch, Vegetarische und Vegane Alternativen. Sogar was für die Kinder.", ich ließ meinen Blick über die lange Tischreihe schweifen. „Worauf hast du den Lust?", Paul hielt mir einen Teller hin und nahm sich selber einen. Es dauerte nicht lange, da waren die beiden Teller voll und wir setzten uns zwischen unsere Trauzeugen. „Wie viel Schulden wir dir?", wollte ich von Stephan wissen, der aber schüttelte seinen Kopf. „Wie gesagt ich hab meine Quellen und für euch ist das ganze Umsonst. Und wag es nur zu sagen dass du das nicht annehmen kannst.", erklärte Stephan und ich presste meine Lippen aufeinander. „Das können wir nicht annehmen.", antwortete Paul und grinste seinen Freund an, „Ja was denn? Du hast gesagt sie darf das nicht sagen. Ich aber schon.".

Erst wenn man ganz unten ist, weiß man was wichtig ist. Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt