„Daria. Beruhige dich."

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KurzeZeit später saßen Paul und ich, getrennt voneinander, auf derPolizeiwache und gaben unsere Aussagen zu Protokoll. Meine Aussagenahm Pauls Kollegin Hannah auf, die ich schon auf der Wachekennengelernt hatte und die auch mit in meiner Wohnung war. Sienotierte sich gerade meine Personalien als es an der Tür klopfte undein älterer Mann ins Büro kam. „Tach, mein Name ist Wagner.Kriminalhauptkommissar. Ich hab ein paar Fragen an sie.", keuchteer und ließ sich auf den Bürostuhl fallen, den Hannah ihm freigemacht hatte.

SeineAussprache war recht feucht und ich konnte direkt riechen was es beiihm zum Abendessen gab. „Also Sie sind Daria Petoa?", fragte er.„Petrowa. Und ja die bin ich.", korrigierte ich ihn.
„Dannerzählen Sie mir mal welchen Umstand ich es zu verdanken habe, dassnicht mit einem kühlen Bier auf dem Sofa sitze.", brummte er undzog einen Kugelschreiber aus dem Stiftebecher.

Ichsah mit einem raschen Blick zu Hannah Becker, die mittlerweile hinterihm an der Fensterbank lehnte. Sie sah mich entschuldigend an undbiss sich auf die Lippen um nichts zu sagen.
Also erzählte ichihm davon dass ich mit Paul vor meiner Tür standen, dass ich gemerkthatte dass die Tür nur zugezogen wurde und wie Paul und ich dasChaos entdeckten.
„Also haben Sie und der Kollege Richter eineAffäre?", fragte Herr Wagner und sah mich abfällig an. Schützendzog ich Pauls Jacke, die ich immer noch trug, enger um mich. „Dasist keine Affäre.", verteidigte ich Paul und mich. „Ach und wiewürden Sie das nennen, was zwischen Ihnen ist? Wohl doch nichtLiebe.", lachte der Kripo Beamter süffisant auf und strich sichüber dem Kinn.

Ichsah ihn perplex an, unfähig etwas zu sagen. „Sehen Sie, Siestimmen mir zu. Der Kollege Richter hat wohl einen ausgebildetenHeldenkomplex. Und Sie? Naja Sie stehen halt auf Männer inUniform.". Da riss mir die Geduldsschnur. Nicht wegen dem was erüber mich gesagt hatte. Nein, ich war es gewohnt dass Leute schlechtüber mich dachten. Aber er zog über Paul her. Und damit war erdefinitiv dabei eine Grenze zu überschreiten.
„Das nehmen Siezurück.", zischte ich ihn an. Hannah schüttelte erschrocken denKopf und wollte gerade etwas sagen, als Herr Wagner ihr zuvor kam.„Jetzt werden Sie mal nicht frech, junges Fräulein. Nur weil ichIhnen endlich dass gesagt habe, was wir hier alle auf der Wachedenken. Glauben Sie wirklich dass Herr Richter Sie liebt?", lachteer und lehnte sich zurück.
Und damit hatte er die Grenze mehrals überschritten. Wutentbrannt sprang ich auf, der Stuhl auf demich gerade saß fiel mit einem lauten Knall zu Boden. „Sagen Siemal für wen halten Sie sich?!", brüllte ich mein gegenüber an,„Nur weil Sie ein verbitterter alter Mann sind, müssen Sie das,was zwischen Paul und mir ist, nicht schlecht machen.".
Hannahkam auf mich zu und wollte mir beschwichtigend eine Hand auf dieSchulter legen, ich aber schlug ihre Hand weg und sah Herr Wagnerimmer noch mit hasserfüllten Augen an. „Ich würde Ihnen raten,nichts zu sagen was Sie bereuen könnten.", riet mir derKriminalhauptkommissar. „Glauben Sie mir. Über den Punkt bin ichdefinitiv schon lange hinaus!", brüllte ich, ging einen Schrittauf ihn zu und stützte meine Hände am Tisch ab: „Mir ist esschießegal was Sie von mir halten, aber wagen Sie es ja nicht überPaul herzuziehen! Sollten Sie noch ein einziges abfälliges Wort überihn verlieren, dann haben Sie den Kugelschreiber schnell da steckenwo in wenigen Stunden ihr Abendessen sein wird.", fauchte ich ihnan. Und ich wäre ihm auch an die Gurgel gegangen, wenn in diesemAugenblick nicht die Bürotür ausgerissen worden wäre und zwei Armemich ein großes Stück nach hinten zogen.
Ich riss mich los undwollte wieder auf Herr Wagner zugehen als sich eine Hand um meinenOberarm legte. Erst jetzt sah ich die Person, die mich gerade nochvor Straftat bewahrt hatte, an.

„Daria.Beruhige dich.", bat mich Martin. Ich sah noch einmal zu HerrWagner hinüber der mich arrogant angrinste. Allein sein Blickreichte aus und ich ballte meine Hand zu einer Faust. „Für Paul.",flüsterte Martin mir ins Ohr. Augenblicklich entspannte ich mich.
„Deine Hilfe hätte ich nicht gebraucht, Fuchs. Mit der Kleinenwäre ich auch alleine fertig geworden.", tönte Herr Wagnerüberheblich und stand auf. „Pass lieber auf Dieter. Sonst gehenich und die Kollegin Becker uns einen Kaffee holen und lassen euchzwei allein. Verdient hättest du es.", machte Martin seinem Unmutüber das Verhalten seines Kollegen Luft. „Sag mir nicht dass duauf ihrer Seite bist.", lachte der Kriminalhauptkommissar und kamum den Tisch herum und stieß dabei Hannah zur Seite.
Schockiertsah ich die junge Polizistin an und dann wieder zu Herr Wagner, inder Annahme dass er sich bei ihr entschuldigen würde. Er aber bautesich vor mir und Martin auf und stemmte die Hände in die Hüften.Martins Lippen umspielte ein Lächeln als er seinen Kollegen in dieAugen blickte. Meinen Oberarm hatte er mittlerweile los gelassen.„Martin bitte. Die beiden sind die Lachnummer der Wache.", lachteder Kripo-Beamte und deutete auf mich. „Die Lachnummer der Wachesind bestimmt nicht Paul und Daria, sondern eher du.", machteMartin klar. Das Lächeln dass seine Lippen gerade noch umspielthatte war verschwunden. „Ach wirklich? Nur weil ich ausspreche waswir alle denken? Komm schon, glaubst du wirklich die beiden Liebensich?", fragte Herr Wagner und schüttelte ungläubig seinen Kopf.„Und ob ich das glaube. Ich hab die beiden beobachtet. Wie Pauljeden gottverdammten Tag an ihrem Krankenhausbett saß. Wie er sieberuhigt hat, als sie in meinem Büro eine Panikattacke hatte. Wiesie gerade auf dich losgehen wollte, obwohl sie total geschwächt vondem Schock ist, nur weil du schlecht über Paul geredet hast. Ichsehe wie sie miteinander umgehen wenn sie denken niemand sieht sie.Und nur weil du alt und verbittert bist, heißt das nicht dass du diebeiden schlecht machen musst.", fuhr Martin seinen Kollegen an. Nunwar ich es, die seinen Oberarm umklammerte. Bevor ich etwas sagenkonnte wurde die Tür erneut geöffnet und Stephan stand in der Tür.„Ich will euch nur vorwarnen, der Dienststellenleiter ist auf demWeg hierher.", zischte er und zog die Tür wieder zu.
Sofortbrachten Martin und Herr Wagner einige Meter Abstand zwischen sichund Hannah richtete ihre Uniform. Gerade noch rechtzeitig denn dieTür wurde wieder aufgerissen und ein älterer Mann betrat das Büro.Er trug eine Polizeiuniform auf dessen Schulterklappen fünf silberneSterne zu sehen waren. „Wagner. Fuchs. Becker.", er nickte einemnach dem andern zu „Was ist hier los?", fragte er als sein Blickauf mich fiel. „Und Sie sind?".
Ich hielt ihm meine Handentgegen. „Ich bin Daria Petrowa. Herr Wagner hat gerade meineAussage bezüglich des Einbruchs in meiner Wohnung aufgenommen.",stellte ich mich vor. Der Dienststellenleiter ergriff meine Hand undantwortete mit fester Stimme: „Wolf mein Name. Der Leiter dieserWache.". Als er meine Hand wieder los ließ wandte er sich an seineKollegen. „Warum wurde hier gerade so herumgebrüllt? Und dann auchnoch vor einem Opfer?". Die drei Angesprochenen blieben stumm undich wusste dass Herr Wolf den Raum erst verlassen würde, wenn ereine Antwort bekam. Und weil ich nicht wollte das Martin wegen mirÄrger bekam, nahm ich die Schuld auf mich. „Das ist meine Schuld,Herr Wolf. Ich war aufgebracht dass meine Sachen kaputt sind.Deswegen hab ich so rumgeschrien.". „Daria...", fing Martin anaber ich warf ihm einen finsteren Blick zu. „Frau Petrowa sehrlöblich von ihnen dass sie meine Männer in Schutz nehmen wollen,aber es war definitiv eine männliche Stimme. Also?".


Erst wenn man ganz unten ist, weiß man was wichtig ist. Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt