Es wird alles dunkel

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„mich?!", das war das erste das ich wieder hörte als ich langsam zu mir kam. Unter höchster Anstrengung versuchte ich meine Augen zu öffnen, was mir nur kurz gelang. Für einige Sekunden sah ich in die Augen eines Mannes mit Glatze. „Sie ist wieder bei Bewusstsein!", rief er über seine Schulter hinweg und nahm ein Stiffneck entgegen. „Bleiben Sie bei mir!", rief er als ich die Augen schloss. Ich brachte nur ein vorsichtiges Nicken zustande. „Haben sie starke Schmerzen?", fragte mich der Mann erneut und ich konnte wieder nur nicken. „20mg Morphin! Und alles für einen Zugang!", rief er wieder. Kurze Zeit später spürte ich wie er mit eine Nadel in den Handrücken schob. „Es wird ihnen gleich besser gehen!", wand er sich an mich und er behielt recht. Die Schmerzen ebbten etwas ab und ich konnte meine Augen öffnen. „Ich bin Oliver Dreier. Der Notarzt. Wissen sie wo sie sind?". „Wald.", presste ich hervor. „Genau, wissen sie auch was passiert ist?", fragte der Notarzt und leuchtete mir mit einer Taschenlampe in die Augen. Ich schüttelte meinen Kopf. „Sie hatten einen Autounfall.", erklärte er und taste meinen Kopf ab. „Wie?", fragte ich. „Das wüssten wir gerne von Ihnen.", antwortete Herr Dreier und sah über seine Schulter. „Soweit ist alles okay, wir müssen sie hier raus bekommen.", informiere er seine Kollgen die hinter ihm standen. Hinter den Fachkräften vom Rettugsdienst standen auch einige uniformierten Männer der Schutzpolizei. Sofort dachte ich an Paul und wollte mich aufsetzen wurde aber aufgehalten. „Sie dürfen sich nicht bewegen! Sie sind schwer verletzt und wir wissen nicht ob ihre Wirbelsäule etwas abbekommen hat.", ermahnte mich der glatzköpfige Mann. Gemeinsam mit seinen Kollegen hob er mich vorsichtig aus dem Wrack was vor kurzer Zeit noch mein Auto gewesen war. Als ich auf der Liege lag trat ein Polizist näher. „Die Frau heißt Daria Petrowa.", wand er sich an den Notarzt. Ich nickte zustimmend und verzog vor Schmerzen das Gesicht. „Ich wusste doch dass du mir bekannt vorkommst.", hörte ich eine männliche Stimme von meinem Fußende. Dort stand wieder Franco und schnitt gerade mit einer Schere meine Hose bis zu meinen Oberschenkeln auf. „Sie hat ein großes Hämatom und einige Schnittwunden rechtsseitig und einen offenen Bruch links." gab er meine Verletzungen an den Arzt weiter. Dieser nickte nur und klebte mir die Elektroden für das EKG auf den Oberkörper. In diesem Moment war ich froh dass ich mich zuhause gegen die „Oma-Unterwäsche" entschieden hatte und was vernünftiges trug. „Ihr Becken ist instabil", fuhr Franco fort. „Ihre Sättigung fällt!", rief auf einmal einer der Sanitäter an meiner Rechten. „Frau Petrowa, machen sie jetzt ja keinen Mist!", entfuhr es Herr Dreier während er mit sein Stethoskop auf den Brustkorb drückte. „Verminderte Atemgeräusche links.", teilte er seinen Kollegen mit. „Verdammt sie hat einen Spannungspneumothorax! Ab in den RTW, sonst verlieren wir sie!", befahl er. Sofort brach eine Hektik aus in der trotzdem jeder zu wissen schien was er zu tun hatte. Schnell wurde ich in den RTW geschoben und wenige Sekunden danach schwebte Francos Kopf über meinem „Es könnte gleich weh tun. Versuch dich nicht zu bewegen." erklärte er mir und drückte mir eine Sauerstoffmaske über den Mund. Der Notarzt war an meine linke Seite getreten und rieb meinen Rippenbogen mit einer kühlen Flüssigkeit ein. Der Sanitäter neben ihm hielt eine große Spritze in der Hand. Franco schien meinen entsetzten Blick wahrgenommen zu haben, denn er versuchte mich zu beruhigen: „ Du kennst mich ja jetzt nicht seit fünf Minuten. Daher weißt du auch dass ich dir keinen Quatsch erzählen werde.", er wartete mein Nicken ab und fuhr dann fort „Ja, es wird weh tun, aber nur für einen kurzen Augenblick. Okay?". Als ich wiedermals nickte spürte ich das kalte Metall auf meiner Haut und einen stechenden Schmerz. Ich wollte mich instinktiv zur Seite drücken, wurde von etlichen Händen aber daran gehindert. „Es ist gleich vorbei.", versuchte Franko erneut mich zu beruhigen. Als der Notarzt begann die Drainage zu legen hörte ich ein Auto mit quietschenden Reifen halten. Ich verstand zuerst nur Bruchstücke, konnte aber die Stimme des Neuankömmlings zweifellos Paul zuordnen. „Lasst mich zu ihr!", brüllte er, wurde aber von seinen Kollegen zurück gehalten. „Du weißt das wir das nicht können.", hörte ich den Mann sagen. Die Frau fügte „Die Sanis wissen was sie tun. Du kannst ihr gerade nicht helfen. Bitte beruhige dich Paul." hinzu. „Stephan, Jule ich MUSS zu ihr! Lasst mich durch!", brüllte Paul weiter und versuchte sich immer wieder um die beiden herum in den RTW zu kommen. Mit einem Kopfnicken gab der Notarzt einem seiner Sanitäter zu verstehen dass er zu Paul gehen sollte um ihn zu beruhigen. Wieder hörte ich nur Bruchtücke aber ich nahm an dass der Sanitäter meinem Freund gerade erklärte was mit mir passiert war.
Es fiel mir immer schwerer etwas von ihrem Gespräch zu verstehen geschweige denn die Augen aufzubehalten. Ich fühlte wie Franco gegen meine Wange klopfte: „Nicht einschlafen. Daria! Bleiben Sie hier!". Der Monitor der meine Herztöne überwachte piepte immer schneller und ich hörte den Notarzt rufen „Wir verlieren sie!".
Ich blickte noch ein einziges Mal auf Paul der mich, während er immer noch gegen seine Kollegen kämpfte, mit großen angsterfüllten Augen ansah, bevor ich meine Augen schloss und mich der Dunkelheit geschlagen gab.

Erst wenn man ganz unten ist, weiß man was wichtig ist. Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt