069. Bruder und Schwester

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Ein bis zwei Schläge und ein schwarzhaariger Junge mit einem Strohhut lag auf dem Boden. Er war etwa so acht Jahre alt.

Ein weiterer schwarzhaariger Junge mit Sommersprossen überragte ihn triumphierend, der allerdings war bereits etwas älter... elf oder so. „Gewonnen!", meinte dieser schadenfreudig grinsend.

„Pah!", schmollte der Junge auf dem Boden. „Du bist ja auch drei Jahre älter als ich!!"

Der Gewinner lachte. „Schon, aber du sagst doch immer, dass du stärker werden willst als ich!"

Ein schwarzhaariges Mädchen saß auf einem Felsen und schaute den beiden vergnügt zu. Sie war, wie der kleinere Junge, etwa acht Jahre alt.

„Mach dich nicht fertig, Ruffy!", tröstete sie den besiegten Jungen. „Irgendwann schaffst du es schon! Doch dieses Mal ist der Gewinner..."

Sie wurde unterbrochen. „Ähm... Hallo", meinte eine nervöse Stimme aus dem Wald.

Es erschien eine junge, ungefähr achtzehnjährige Frau mit braunem Haar, das zu einem Seitenzopf gebunden worden war und ein neunjähriges Mädchen mit der gleichen Haarfarbe.

Die Kleine versteckte sich hinter den Beinen der Großen.

„Wer seid ihr?", fragte der elf Junge scharf.

„Sei nicht so unhöflich!!", fuhr das schwarzhaarige Mädchen ihn an.

Die junge Frau lächelte. „Mein Name ist Jina und das ist Tara, meine kleine Schwester..." Sie deutete auf das Mädchen, das sich immer noch hinter Jinas Beinen versteckte.

„H-Hallo...", gab diese leise von sich.

„Hallo, ich bin Ruffy!!", grinste der Junge, der immer noch auf dem Boden saß.

„Was wollt ihr hier?" Der Sommersprossige hatte nichts an seinem Ton geändert.

Das schwarzhaarige Mädchen wollte ihn schon abermals zurechtweisen, doch die Achtzehnjährige hinderte sie daran. „Wir würden gerne bei euch wohnen... Also, nicht im gleichen Haus, bloß hier in der Nähe! Wir bauen das Haus auch selber auf!"

Der Junge am Boden, Ruffy, grinste wieder. „Sicher könnt ihr das!"

Der sommersprossige Junge sagte noch etwas, doch das schwarzhaarige Mädchen achtete nicht darauf.

Sie trat näher an die Neunjährige heran. „Hallo, ich bin Ally! Freut mich, dich kennen zu lernen!" Sie lächelte.

Das Mädchen lächelte etwas zögerlich zurück, doch dann sagte sie: „Ich bin Tara! Ich freue mich auch, dich kennen zu lernen!"


...


Ich spürte etwas...

Ich spürte etwas, dass mir nur allzu bekannt vorkam.

Ich wurde getragen, da war ich mir sicher... und auch von wem.

Der Rhythmus des Ganges, das Geräusch der Schritte, der Geruch, das Gefühl... das alles kannte ich nur allzu gut und würde es immer und überall wiedererkennen.

Früher bin ich immer so getragen worden... auf dem Rücken einer ganz bestimmten Person.

Die Umstände waren immer andere gewesen... Mal hatte ich wild herum gezappelt und so getan, als würde ich fliegen, oder mal war ich ganz ruhig gewesen und war so einfach eingeschlafen.

Ich mochte es, dieses Gefühl nochmal zu erleben... Es war so, als wäre ich in die Vergangenheit zurückgereist...

Nur etwas war anders.

Der Strohhut lag auf meinem Rücken; eine Schnur, die sanft um meinen Hals lag, sorgte dafür, dass er nicht runterfiel. Ich trug die Kopfbedeckung meines Trägers.

Und noch etwas war anders.

Abgesehen von den Schritten meines Trägers hörte man noch die von weiteren Personen.

Nein... ich war nicht in der Vergangenheit, sondern im Hier und Jetzt.

Aber das war überhaupt nicht schlimm. In der Vergangenheit waren wir in solchen Situationen zu zweit gewesen... jetzt waren wir mehrere.

Das war nun einmal so... Zeiten änderten sich und damit auch die Umstände... Doch in diesem Fall machte mich das eher glücklich als traurig.

Ich bewegte mich kein Stück, das Einzige, was ich tat, war meine Augen öffnen. Das erste, was ich sah, war die bekannte, rote Weste meines Trägers und meine zwei Arme, die locker um dessen Hals lagen. Mein linker Arm sah ganz okay aus, doch mein rechter war blutüberströmt. Nur war mir das momentan ziemlich egal, ich spürte sowieso kaum noch Schmerz.

Anscheinend war gerade die Sonne dabei im Osten aufzugehen.

Ich hatte bloß meine Augen aufgeschlagen und doch merkte Ruffy, dass ich wach war.

Ohne seinen Blick vom Weg abzuwenden, öffnete er den Mund. „Es tut mir leid!"

Das erstaunte mich. Ich hatte mit allem Möglichen gerechnet, nur mit dem nicht. Ich hob meinen Kopf ein wenig und sah dabei, dass wir Richtung Iro liefen. „Wieso entschuldigst du dich?" Das ‚Du' betonte ich so gut es ging, doch meine Stimme war schwach. Ich war ziemlich erschöpft und müde.

„Es tut mir leid... dass ich all die Jahre nichts gemerkt hab", erklärte Ruffy.

„Das braucht dir doch nicht...", fing ich an, doch er unterbrach mich. „Ich bin dein Bruder... Wir waren immer so stolz auf unseren Geschwister-Instinkt und haben gesagt, dass es der eine sofort merkt, wenn es dem anderen nicht gut geht... Ich hab aber nichts gemerkt!"

Unsere Freunde waren so nett so zu tun, als ob sie uns nicht hören würden.

„Ruffy", meinte ich sanft. „Du hast so überhaupt gar keinen Grund, dich zu entschuldigen! Du hast mich gerettet, nachdem ich gesagt habe, dass du niemals Piratenkönig werden würdest!"

Es herrschte Schweigen. Meine Augen wurden allmählich schwer.

„Du bist meine Schwester", erklärte dieser dann ruhig. „Ich würde dich auch retten, wenn du es ernst gemeint hättest..."

„Ich weiß", erwiderte ich. „Das ist bloß ein weiterer Grund, warum du dich nicht zu entschuldigen brauchst. Du hast wirklich gar keine Schuld an dem, was damals passiert ist!"

Es war wieder still.

Das Einzige, was man hörte, waren die Schritte meiner Freunde und die meines Bruders. Dieses rhythmische Laufen hatte irgendwie etwas Beruhigendes.

„Ruffy?", nuschelte ich nach einer Weile müde.

Er schwieg und wartete ab.

„Du weißt gar nicht, wie froh ich bin, dich als Bruder zu haben!"

Ruffys Lächeln im Sonnenaufgang war das Letzte, was ich sah, bevor meine Augen endgültig zufielen.

Nicht einer, sondern zwei (eine One Piece Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt