Kapitel 80: Das Warum

1.4K 92 25
                                    


„Fang sie auf.... Fang sie auf!", bat er Harry unter Schmerzen.
Harry richtete das Wort Hermine, diese kramte aufgeregt und panisch in ihrer Tasche, sie gab Harry eine Phiole und sah traurig zu Severus, ihre Blicke trafen sich, dann konzentrierte sich Severus wieder auf die Erinnerungen.
Als Harry alles aufgefangen hatte spürte Severus, wie das Leben aus seinem Körper schwand, mit letzter Kraft sah er Harry an.
„Du hast die Augen deiner Mutter, Harry", ein letztes kleines Zucken seiner Mundwinkel und dann Ausdruckslosigkeit zeigte ihnen an, dass Severus Snape nicht länger unter ihnen weilte.

Hermine vor der Hütte brachte sich in Stellung, sie wusste, dass sie schnell aus der Hütte rennen würden und nahm einen kleinen Seiteneingang hinein, der eigentlich nur aus einem Loch bestand, kroch schnell zu Severus und flößte ihm die Flüssigkeit in den Mund, heilte zeitgleich seine Wunde am Hals und hoffte, sie wäre noch nicht zu spät gekommen.
Minuten vergingen, bis Severus sich wieder langsam regte, Hermine atmete erleichtert aus, „Merlin sei Dank!", sie tätschelte seine Wange, „Severus... aufwachen...", er brummte leicht, offenbar hatte er immer noch starke Schmerzen und war immer noch nicht ganz da.
„Wir brauchen einen sicheren Ort...", sie nuschelte gedankenversunken vor sich hin, dann fiel ihr der Ort ein, den sie vermutlich zu diesem Zeitpunkt als einzigen aufsuchen konnten.

Sie hielt ihn fest und apparierte mit ihm zu dem See mit den gelben und orangenen Bäumen.
Ließ sich neben ihn sinken und atmete tief durch, sie lachte leicht; sie hatte es geschafft und wenn sie wirklich Glück hatte, konnte sie noch Remus und Tonks, vielleicht sogar Fred retten.
Hermine erinnerte sich selbst daran, dass die Gefahr immer noch nicht vorbei war, sprang auf und verzauberte den Ort mit magischen Barrieren. Als sie fertig war beschwor sie ein Zelt, es hatte nicht den Luxus ihres alten Unterschlupfs als sie auf der Flucht waren, aber besser als im Regen oder unter freiem Sternenhimmel zu schlafen.
Ein Laut von Severus zog ihre Aufmerksamkeit auf sich, sie lief zu ihm, musterte ihn. Er öffnete blinzelnd die Augen, wirkte ein wenig desorientiert, was sie ihm nicht verübeln konnte.
„Severus?", sie strich über seine Hand, er zuckte leicht zusammen.
„Für Sie immer noch Professor Snape", sagte er leise und kraftlos, verlor dann wieder das Bewusstsein.

Hermine ließ ihn schweben und brachte ihn ins Zelt, legte noch verschiedene Extra-Zauber auf den vorrübergehenden Unterschlupf. Sie musste Schmerz- und Aufpäppeltränke besorgen, hoffte sie in Spinner's End zu finden und apparierte in das verlassene Haus.
Sie stürmte sofort in den Keller, suchte nach den benötigten Tränken, füllte ihre Hosentaschen, nahm noch verschiedene Tiegel mit Salbe mit, lief nach oben, suchte in der Küche nach irgendetwas Essbarem, fand eine Tasche und verstaute alles in ihr.
Einige Konserven und Wasserflaschen fand sie in der ansonsten leeren Küche, auch diese Funde stopfte sie in die Tasche, holte noch ein paar Handtücher und Kompressen, die sie im Badezimmer fand, nahm dann alles und apparierte wieder zu dem See.
Sie lief zum Zelt, er schlief immer noch, sie legte die Tasche mit den ganzen Utensilien neben ihn, machte sich dann daran seine Robe zu öffnen und wollte Bissspuren versorgen.
Sein ganzer Oberkörper war gespickt von Bisslöchern von Naginis Giftzähnen, Hermine tauchte die Kompressen in eine Lösung und tupfte über die geschundene Haut.
Vom Schmerz aus dem Schlaf gerissen knurrte er, packte die Hand, die ihm diese Schmerzen zufügte und drückte sie zusammen, Hermine keuchte auf.
„Lassen Sie Ihre Finger von mir", knurrte er.
„Sie hören jetzt auf den Helden zu spielen!", knurrte Hermine zurück, befreite sich aus seinem Griff.
„Verschonen Sie mich mit Ihrem geheuchelten Mitgefühl", er wollte sich von ihr wegdrehen, aber sie drückte ihn mit ihrer ganzen Kraft zurück.
„Jetzt passen Sie mal auf Mister", brüllte sie, „Sie lassen jetzt Ihre Wunden versorgen, ansonsten picke ich Ihnen Ihre Augen aus, haben Sie mich jetzt verstanden?! Dann lassen Sie Ihre vermaledeiten Hände von meinen und hören Sie auf sich wie ein Schrumpfkopf zu verhalten!", ihre Stimme hallte zwischen den Bäumen wider.

Severus kochte vor Wut, was erlaubte diese impertinente Person sich?
Sie sagte ihm, was er machen oder lassen sollte? Sie?
Ausgerechnet sie?
Das Goldkind der Gryffindors?
Er schnaubte lachend, keuchte danach vor Schmerzen, versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Sie schüttelte wütend den Kopf, machte dann weiter, seine Hände tasteten an seinem Körper entlang, schienen etwas zu suchen.
„Suchen Sie Ihren Zauberstab?", fragte sie wissend und zog die Augen zu Schlitzen.
„Hergeben", forderte er dunkel und langsam.
„Auf keinen Fall", protestierte sie, richtete ihren Blick dann wieder auf seine Wunden, er knurrte wieder, als sie weiter tupfte, „nehmen Sie einen Schmerztrank und entspannen Sie sich... ich will Ihnen nicht schaden.", sie hielt ihm die Tasche hin.
„Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass ich Ihr Gebräu nicht zu mir nehmen werde!", giftete er durch die Zähnen.
„Mein ‚Gebräu' hat Ihnen das Leben gerettet... zumal es nicht von mir stammt...", sagte sie spitz, „Es ist vom fähigsten Zaubertränkemeister, den ich kenne."
Er schnaubte wieder, „Slughorn hat Ihnen etwas überlassen?"
„Ich rede von Ihnen!", brüllte sie schon fast, gab ihm einen vielsagenden Blick.
Er schwieg, er wusste nicht, dass sie so von ihm dachte, das war die erste Sache, die ihn in Fassungslosigkeit stürzte, die zweite Sache war, dass sie sich offenbar an seinen Vorräten bedient hatte.
„Sie haben mich bestohlen?", fragte er noch wütender, seine Stimme bebte.
Sie fasste sich an die Stirn, schüttelte den Kopf, so viel Geduld wie er von ihr gefordert hatte könnte sie vermutlich nicht aufbringen.

Sie atmete tief ein und aus, musste sich beherrschen nicht schreiend aus dem Zelt zu rennen, „Sie haben mir das Gegengift gegeben... die anderen notwendigen Tränke habe ich mir aus Ihrem Keller geholt."
„Sie waren in meinem Haus?!", polterte er plötzlich los.
„Stellen Sie sich vor, ich lag sogar in Ihrem Bett!", sie starrte ihn wütend an.
„Davon träumen Sie wohl", ein boshaftes Lächeln machte sich auf seinen Lippen breit.
Sie schüttelte den Kopf, Enttäuschung machte sich in ihr breit, sie half ihm, rettete ihn und er war so abscheulich zu ihr.
Aber was hatte sie erwartet? Dass er ihr freudestrahlend um den Hals fallen würde?
Dass er sie küssen würde?
Nein, wohl kaum. Das war immer noch Professor Snape vor ihr, nicht Severus.
Sie ließ alles stehen und liegen, stand auf und ging schnell aus dem Zelt, sie hatte keine Lust mit ihm zu diskutieren.
Für heute war genug vorgefallen.
„Wo wollen Sie hin?", fragte er skeptisch.
„Raus.", sie verwandelte sich schnell in den schwarzen Adler und flog auf einen nahestehenden Baum, ließ sich dort nieder und beobachtete die Umgebung.

Severus atmete tief ein und aus, zog die Robe wieder über sich, strich sich über die Augen. Er hatte keinen Grund sie so anzufahren, sie hatte ihn gerettet, der Krieg war hoffentlich vorbei. Zumindest war er noch am Leben.
Mal sehen wie lange noch, dachte er, schüttelte den Kopf.
Er versuchte einen Blick auf sich zu erhaschen, sein Oberkörper sah furchtbar aus, die Bissspuren von Nagini, die rote geschundene Haut. Sie hatte ihm helfen wollen, erneut, auch wenn sie es nicht musste und er wusste auch nicht warum.
„Miss Granger", rief er nach einer Weile, er wollte nicht, dass sie alleine draußen herum lief, es war Nacht und recht kalt.
Als Antwort hörte er nur ein lautes Vogelschreien, was wohl so viel wie „lassen Sie mich in Ruhe" heißen sollte.
Er seufzte, zog die Tasche zu sich und erforschte ihren Inhalt.
Tränke, Cremes, Handtücher, Wasser und Konserven, das waren eindeutig seine Handtücher, sie hatte nicht gelogen, dass sie in seinem Haus war. Er fragte sich nur, woher sie wusste, wo er wohnte und wie sie in sein Haus kommen konnte, es war doppelt und dreifach gesichert.
Er trank einen Schluck Wasser, nahm dann noch einen Schmerztrank, legte eines der Handtücher unter den Kopf und schloss die Augen, er war müde und die Müdigkeit forderte nun ihren Tribut.

Der Duft von Lavendel  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt