Kapitel 297

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„Na los.", sagte Wincent irgendwann und strich mir vorsichtig über den Arm. „Bis gleich.", sagte ich leise und küsste ihn kurz, bevor ich ausstieg und durch das kleine Tor ging. Auf dem Weg zur Tür kam mir Tiger entgegen, der Kater der Familie. Instinktiv nahm ich ihn auf dem Arm und ging weiter zur Tür... wie früher. Ich klingelte und es dauerte einen Moment, bis Marius mir öffnete. Er zwang sich zu einem Lächeln, während ich Tiger absetzte und mich dann wieder aufrichtete. „Hey.", sagte ich leise und er deutete mir an reinzukommen. „Es tut mir so leid.", flüstere ich und zog ihn vorsichtig in eine Umarmung. Was genau tut mir leid? Der Tod seiner Mutter, das auf jeden Fall, aber auch die Trennung? Wir lösten uns langsam wieder und Marius sah mich an. „Ich hätte nicht gedacht, dass du alleine kommst.", gab er zu. „Ich dachte es ist besser, wenn er im Auto wartet.", erwiderte ich und unsere Blicke verhakten sich ineinander. „Er, Wincent?", fragte er vorsichtig und ich nickte nur stumm. 

„Kommst du kurz mit. Ich hab die Sachen in meinem Zimmer liegen.", sagte er dann und ich nickte wieder nur. Was ist gerade los mit mir? Wir mussten einmal durchs Wohnzimmer, wo wir natürlich sofort auf Marius Vater trafen. „Isa, was machst du denn hier?", fragte er erstaunt und sofort zeichnete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ab. „Ähm Hallo.", war das einzige, was ich hervor brachte und er gab mir sofort die Hand. „Karina hätte es sich so sehr gewünscht, dass ihr nochmal zusammenfindet.", sagte er dann und sein Lächeln wich einem Strahlen. „Ja, ähm... eigentlich wollte ich nur schnell etwas abholen.", gab ich kleinlaut von mir und Marius zog mich einfach mit sich in sein Zimmer. „Tut mir leid.", lächelte er entschuldigend, als er die Tür schloss. „Schon gut.", erwiderte ich und sah mich um. Es sah noch aus wie früher, bis auf, dass der ganze Kram in Kisten verpackt ist und eine Lücke an der Wand ist, wo früher unsere Bilder hingen.

„Vermisst du es auch so, wie ich?", fragte Marius und ich fuhr erschrocken zu ihm herum. Er stand wenige Zentimeter hinter mir. „Marius, das mit uns, das ist für mich schon lange vorbei. Ich... ich bin glücklich mit Wincent, akzeptier das bitte.", flüsterte ich und ich konnte den Schmerz in seinem Blick erkennen und das fast zwei Jahre nach der Trennung. „Und das zu Recht. Es ist nur komisch, dass mit ihm scheinbar alles perfekt ist, denn bei uns war es das nicht und ich weiß, dass ich einiges falsch gemacht habe.", erwiderte er dann und brachte durch einen Schritt nach hinten Distanz zwischen uns. Er deutete auf seinen Schreibtisch und dort lag das Armband fast genau so, wie ich es damals abgelegt hatte. „Nimm es mit und lass uns mit allem abschließen.", lächelte er und wieder sah ich seinen Schmerz. Mit zitternder Hand griff ich nach dem Armband und knotete es um mein rechtes Handgelenk, was schon seit fast einem halben Jahr von Wincents Armband geziert wird, welches er mir zum Geburtstag geschenkt hat. Lächelnd strich ich über beide Armbänder und sah dann zu Marius, der eine kleine Kiste öffnete. Darin war alles, was ich ihm mal geschenkt hatte. Briefe, Bilder, Deko, ein Fußball und mein Kissen. „Willst du das Kissen auch mitnehmen?", fragte er vorsichtig. „Nein. Entsorg es mit den anderen Sachen... es war mir immer wichtig, aber es ist eben doch das Kissen gewesen, was immer in deinem Bett lag.", sagte ich leise und er nickte. „Ich werde die Sachen nicht wegschmeißen. Immerhin hatten wir auch gute Zeiten.", flüsterte er und jetzt war ich es, die nickte. „Marius, ich werde jetzt gehen. Es ist das Beste für uns beide.", sagte ich und straffte meine Schultern. Vorsichtig umarmten wir uns noch einmal, bevor er mich zur Tür brachte. „Irgendwann wirst auch du wieder glücklich.", flüstere ich, als er mir die Tür öffnete. „Nicht ohne dich.", erwiderte er mit Tränen in den Augen. „Doch auch ohne mich.", lächelte ich schwach, drückte kurz seine Hand und ging zum Auto, ohne mich nochmal umzudrehen.

Leise Tränen bahnten sich den Weg über meine Wangen und ich wusste gar nicht wirklich warum. Ich öffnete die Beifahrertür und Wincent sah von seinem Handy auf. „Hey, alles gut? Was hat er mit dir gemacht?", plapperte er sofort los, als er mir ins Gesicht sah. „Nichts. Können wir einfach erstmal nach Hause fahren?", sagte ich leise und Wincent startete wortlos den Motor. Er fuhr los und ich spürte, wie es ihn zerreißt, nicht zu wissen, was los ist. Nachdem ich mich etwas beruhigt hatte, legte ich zaghaft meine linke Hand auf seinen Oberschenkel und Wincent griff sofort danach. Wir schwiegen weiter und ich wusste, dass Wincent darauf wartet, dass ich etwas erzähle, doch ich konnte noch nicht. Wir waren schon längst bei mir zu Hause, stiegen aus und gingen nach oben, wo Goldi uns glücklich empfing. Ich ging in die Küche und kochte uns einen Tee, bevor ich zu Wincent ging. Ich drückte ihm seine Tasse in die Hand und er sah mich erwartungsvoll an, während ich meine Finger anstarrte, die die Tasse umklammerten.

„Er ist ein bisschen wie du... die Trennung hat ihn damals ziemlich doll erwischt, nur, dass es keine 5 Jahre waren, sondern zwei. Und wir waren deutlich jünger. Er hat lange gebraucht um darüber wegzukommen, beziehungsweise hat es immer noch nicht geschafft. Er hat im Gegensatz zu dir nur nicht gekämpft, sondern mir versucht das Leben schwer zu machen, mit Elena zusammen. Irgendwann hatte er eine neue Freundin und ich dachte, er hätte es geschafft, aber dem ist nicht so. Er liebt mich immer noch, aber er weiß, dass es keinen Zweck hat. Er meinte, er könnte nur mit mir glücklich sein, aber ich kann nicht mit ihm glücklich sein. Das habe ich ihm auch erklärt, aber es hat uns beide aufgewühlt. Wincent, bitte glaub mir, dass das Kapitel für mich jetzt endgültig abgeschlossen ist."

Schicksal oder Pläne //Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt