Kapitel 263

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Leise ging ich ins Schlafzimmer, wo Isa mittlerweile im Bett saß und gegen die Wand starrte. „Das nehme ich mal wieder weg.", sagte ich und brachte die Schüssel und den Tee wieder in die Küche. „Kommst du mit ins Wohnzimmer?", fragte ich, als ich wieder zurück war. Isa rührte sich nicht. Ich griffe ihre Hand, die sie nahm und versuchte es nochmal. „Setzt dich doch ins Wohnzimmer.", sagte ich leise und stand auf. Sie tat es mir gleich und folgte mir ins Wohnzimmer, wo sie sich auf die Couch setzte. „Trink wenigstens einen Schluck, bitte.", flüstere ich und hielt ihr den lauwarmen Tee hin. Isa nahm die Tasse und setzte sie langsam an ihre Lippen, aber ohne ihren leeren Blick von der Wand zu lösen. Vorsichtig nahm ich ihr die Tasse wieder ab und brachte sie in die Küche. „Ich werde ein bisschen Arbeiten, wenn was ist kommst du her, okay?", sagte ich und sie nickte ganz leicht. Mit meinem Laptop setzte ich mich an den Küchentisch und begann meine Mails zu sortieren.

Nach ein paar Stunden Arbeit, in denen ich immer wieder zu Isa sah, klappte ich geschafft mein Laptop zu. Ich machte mir in der Küche ein Glas Wasser und füllte Isa einen kleinen Schluck in ihr Glas. Mit beiden Gläsern ging ich zu ihr und setzte mich neben sie. Ich trank einen großen Schluck und wollte ihr Glas auf den Tisch stellen, als sie ganz leicht meinen Arm festhielt. Ich gab ihr das Glas und sie trank langsam zwei Schlucke, bevor sie es auf den Tisch stellte. „Komm her.", sagte ich leise und sie ließ sich in meine Arme sinken. Wir lagen eine Zeit Arm in Arm auf dem Sofa, bis es auf einmal an der Tür klingelte. „Sorry.", murmelte ich leise und stand vorsichtig auf. Vor der Tür standen meine Mum und meine Schwester und lächelten mich breit an, zumindest so lange, bis sie mir genauer ins Gesicht sahen.

A: „Ihr wolltest doch eigentlich vorbeikommen."

W: „Ich weiß. Shay, kann ich mal kurz mit Mum sprechen?"

S: „Klar, ich geh zu Isa."

W: „Nein... das geht nicht."

S: „Warum?"

W: „Dann bleib halt hier. Isa hat gestern einen Anruf bekommen. Ihr kleiner Bruder ist krank, sehr krank, wir wissen nicht, ob er überleben wird."

Shayenne starrte mich einfach nur an, während meine Mutter nach den richtigen Worten suchte.

A: „Scheiße. Wie geht es ihr? Du siehst nicht gut aus."

W: „Sie redet nicht, sie isst nicht, sie trinkt nicht wirklich. Hannah hat mir ein paar Tipps gegeben, ich muss mich um sie kümmern. Alleine wird sie das nicht schaffen."

S: „Was hat er?"

W: „Er hatte als Kind Leukämie und dabei wurde seine Lunge geschädigt und jetzt hat er sich mit Corona angesteckt."

Meine kleine Schwester ließ sich einfach nur noch in meine Arme fallen. Nachdem sie sich löste, zog mich auch meine Mum in eine feste Umarmung.

A: „Wir gehen dann mal wieder. Wenn was ist, kannst du immer anrufen, oder vorbeikommen."

W: „Danke. Ich versuche morgen oder übermorgen mit ihr mal vorbei zu kommen. Bei euch müssten noch Plakate angekommen sein."

A: „Stimmt. Musst du die Unterschreiben?"

W: „Ja, aber das reicht in den nächsten Tagen."

A: „Gut. Passt auf euch auf."

Eine letzte Umarmung und meine Mum und meine Schwester gingen wieder nach Hause. Ich ging rein und sah Isa, wie sie immer noch auf dem Sofa saß. Ich beschloss mir erstmal Mittag zu machen, was bei meinen Kochkünsten eher schlecht ist. Deshalb gibt es Nudeln mit Fertigsoße. Ich füllte meinen Teller und nahm mir dann noch einen zweiten aus dem Schrank, wo ich eine Hand voll Nudeln und einen Klecks Soße drapierte. Ich stellte den Teller mit einem kleinen Glas Wasser auf ihren Platz und meine Sachen gegenüber. „Kommst du her?", fragte ich und Isa sah tatsächlich auf. Langsam stand sie auf und setzte sich an ihren Platz. Während ich begann zu Essen, stocherte sie ziemlich lange auf ihrem Teller rum, aß dann aber doch ungefähr die Hälfte auf.

Nach dem Essen stand Isa auf und verschwand ins Schlafzimmer. Ich räumte noch ein wenig auf und schnappte mir dann ihr Wasser und ging ebenfalls ins Schlafzimmer. „Ich fahre schnell einkaufen. Möchtest du mit?", mir war klar, dass diese Frage rein rhetorisch war, aber Hannah hat gesagt, ich soll normal weiter machen. Isa schüttelte kaum merklich den Kopf. „Okay. Ich beeile mich. Ich liebe dich.", sagte ich und küsste sie auf die Stirn.

Beim Einkaufen versuchte ich einen klaren Kopf zu bekommen, was mir nur so halb gelang. Meine Gedanken waren die ganze Zeit bei Isa und natürlich auch bei Jeremy. Auf der Rückfahrt klingelte mein Handy.

W: „Weiß"

A: „Hallo Wincent, hier ist Axel."

W: „Hallo."

A: „Ich wollte Isa nicht unnötig aufscheuchen und dir einmal Bescheid geben, dass Jeremys Zustand unverändert ist."

W: „Okay, lieber das, als schlechter."

A: „Richtig. Die Frage ist, ob Isa das so sieht. Hast du schonmal mit Steffi gesprochen?"

W: „Nein, aber mit Hannah. Es ist ähnlich, wie damals."

A: „Sie hat dich also informiert?"

W: „Ja."

A: „Gut. Pass bitte gut auf meine Kleine auf, okay?"

W: „Ich versuche es."

A: „Danke."

Damit war unser Gespräch beendet und ich war zu Hause. Ich ging rein, packte die Einkäufe ein und sah einmal ins Schlafzimmer. Isa schlief. Ich schnappte mir meine Gitarre und setzte mich ins Wohnzimmer. Zunächst klimperte ich nur ein bisschen rum, doch dann begann ich „Ich tanze leise" zu spielen. Irgendwie ganz von alleine.

Schicksal oder Pläne //Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt