Kapitel 273

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„Können wir um 16:30 zum Krankenhaus fahren?", fragte Isa mich leise, als Kevin und Fabi gerade beschäftigt waren. „Na klar.", erwiderte ich und zog sie in meine Arme. Kevin und Fabi sahen uns auf einmal beide an und musterten uns.

K: „Leute jetzt mal ganz ehrlich, was ist bei euch los? Ihr seht beide ehrlich gesagt echt scheiße aus."

W: „Lange Fahrt und so."

I: „Wincent, lass."

K: „Was jetzt?"

W: „Ich hab doch gesagt, ich erzähle dir das in Ruhe."

I: „Wincent, lass es jetzt."

F: „Was geht hier hab?"

I: „Also passt auf..."

W: "Isa..."

I: "Wincent lass mich jetzt erzählen... Ich hab vor ungefähr zwei Wochen einen Anruf von meinem Vater bekommen, dass mein kleiner Bruder Corona hat. Er... er hatte vor ein paar Jahren Leukämie und dabei wurde seine Lunge extrem geschädigt. Deswegen mussten sie ihn... sie mussten ihn ins Koma legen."

K: „Fuck, das tut mir leid."
Isa weinte schon wieder und ich zog sie auf meinen Schoß. „Du musst das nicht erzählen.", flüsterte ich in ihr Ohr, doch sie schüttelte mit dem Kopf und atmete tief durch.

I: „Doch. Nicht mal du kennst die Geschichte, es wird Zeit, dass ich das jetzt einmal komplett erzähle."

W: „Hannah hat es mir erzählt."

I: „Ich bezweifle, dass sie wirklich alles erzählt hat."

K: „Isa, du musst das wirklich nicht machen."

I: „Doch, muss ich, um mit mir selbst klar zu kommen. Also dieser Anruf hat mich einfach komplett an damals erinnert. Ich war 14, ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Ich habe aufgehört zu reden, zu essen und zu trinken, wie vor zwei Wochen auch. Damals war ich erst eine Zeit krankgeschrieben, bevor ich wieder zur Schule wollte. Ich habe mit keinem geredet, aber ich habe gelernt und gearbeitet, so viel ich nur konnte. Jeder Gedanke an Jeremy war für mich einmal zu viel und ich wollte mich dafür bestrafen."

Stop. Hannah hat gesagt, sie verletzt sich nicht selber. Sofort hatte ich das Bedürfnis mir ihre Arme anzusehen, aber sie hatte einen Pullover an.

I: „Ich war noch nie für Selbstverletzung, aber ich habe einfach noch weniger gegessen, in der Hoffnung, dass ich keine Energie mehr habe, um an was anderes, als Schule zu denken."

Isa war mittlerweile überraschenderweise ziemlich gefasst, aber mich brachte das Ganze gerade ziemlich aus der Fassung. „Ich, ich bin gleich wieder da.", sagte ich hektisch und verließ den Raum. Ich rannte fast die Treppen runter und war froh, als ich frische Luft schnappen konnte. Hat sie das dieses mal auch wieder gemacht? Sich selbst verletzt, ohne es wirklich zu tun? Fuck und ich habe nichts gemerkt.

Sicht Isa

An die letzten Wochen konnte ich mich kaum erinnern. Erst die letzten Tage bin ich wieder in die Welt zurückgekehrt und jetzt sitze ich hier bei Kevin im Studio und rede gerade das erste Mal wirklich über die gesamte Geschichte. Total komisch, dass ich es genau jetzt erzähle, aber irgendwie bin ich froh, dass ich nicht mit Wincent alleine bin, denn dieser ist gerade rausgerannt. Mit großen Augen sehe ich Fabi und Kevin an. „Um das noch kurz zu Ende zu bringen.", setzte ich dann wieder an. „Vor ein paar Tagen kam der Anruf, dass Jeremy einen Herzstillstand hatte. Also es ist wieder alles gut, aber der Anruf hat mich wachgerüttelt. Hätte ich so weiter machen wollen, wenn er gestorben wäre? Hätte ich mich mein ganzen Leben strafen wollen? Ich habe gemerkt, dass es keinen Sinn hat. Essen fällt mir immer noch total schwer, aber meine Gedanken sind andere. Ich liebe meinen kleinen Bruder, ich will ihn nicht vergessen.", wurde ich zum Ende hin immer leiser. Kevin stand von seinem Stuhl auf und kam zu mir zum Sofa. Ohne irgendein Wort legte er seinen Arm um mich und zog mich an seine Schulter. „Kannst du bitte nach Wincent gucken? Er war die letzten Wochen so stark.", flüsterte ich und meine Stimme brach. Kevin nickte und deute Fabi an, sich neben mich zu setzten. Kevin stand dann auf und verließ das Studio, während ich meine Tränen jetzt gar nicht mehr zurückhalten konnte. „Denkst du Wincent ist sauer auf mich?", fragte ich Fabi irgendwann leise und sah zu ihm hoch. „Isa, das ist Quatsch. Warum sollte Wincent sauer auf dich sein? Ich glaube er ist gerade einfach ein bisschen überfordert.", erwiderte er und nahm mich noch ein bisschen fester in den Arm. Ich habe Wincent überfordert. Na toll, ich wollte nie, dass es ihm wegen mir schlecht geht. Mit meinem Verhalten habe ich nicht nur mich verletzt, sondern auch die Menschen um mich rum. Ich bin schuld daran, dass es Wincent gerade schlecht geht. Scheiße. Er wird mich doch nicht mehr lieben können nach der Aktion. „Isa, egal, was du gerade denkst, sowas darfst du nicht denken.", sagte Fabi ganz leise und ich sah ihn geschockt an. „Du siehst gerade echt fertig aus. Isa, du kannst nichts für dein Verhalten. Jeder von uns hätte in so einer Situation irgendwas getan, was für das Umfeld unverständlich ist. Bitte, gib dir nicht die Schuld für irgendwas, was du nicht bewusst getan hast.", redete er auf mich ein und irgendwo hatte er ja Recht. Ich bin ganz automatisch in dieses Muster verfallen, ich kann mich nicht mehr mal an alle Tage erinnern, aber trotzdem hat Wincent wegen mir gelitten. Selbst, wenn alles wieder gut wird... wird er mich immer mit Samthandschuhen anfassen? Wird er immer Rücksicht nehmen wollen? Wird er immer kontrollieren wollen, ob ich genug esse? Das ist doch dann keine gesunde Beziehung, ich will doch einfach nur normal sein. Gerade, als ich vollkommen in diese Kackgedanken abdriften wollte, sprang Lino neben mich aufs Sofa und begann mich anzustupsen und schlabberte mein Gesicht ab. Trotz der ganzen Tränen, die schon wieder über meine Wangen liefen, musste ich lachen. 

Schicksal oder Pläne //Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt