Kapitel 349

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Zehn Minuten später saßen wir alle am Tisch und hatten Essen auf dem Teller. Auch Shayenne konnte ich wenigstens zu einer kleinen Portion überreden und so aßen wir schweigend. Nach dem Essen wollten Isa und meine Mum schon wieder aufräumen, als ich das Wort ergriff. „Mum, Isa... wir müssen euch was sagen.", sagte ich und merkte, wie Shayenne auf ihrem Stuhl immer kleiner wurde. Vorsichtig zog ich sie zu mir und sie setzte sie auf meinen Schoß. „Okay... was ist los?", fragte meine Mum und hob ihre Augenbrauen. Ich wollte gerade zum Reden ansetzten, als Shayenne mir ins Wort fiel. „Das muss ich selber sagen. Also... in meiner Schule sind halt ein paar Mädels, die mich unter Druck setzten, um an Wincent ranzukommen. Erst haben sie mich nur beleidig und so, aber irgendwann haben sie angefangen mich zu bedrohen, sie wissen wo Isa wohnt und meinten sie tuen ihr was an, wenn ich nicht Wincents Nummer rausrücke. Ich hab das immer alles an mir abprallen lassen, aber gestern haben sie mich abgefangen und wollten mein Handy. Als ich mich gewehrt habe, haben sie mich geschlagen.", wurde sie zum Ende hin immer leiser und es tat dieses Mal noch mehr weh, das alles zu hören. Shayenne vergoss keine einzige Träne und auch das versetzte mir einen Stich ins Herz, denn innerlicher leidet sie so sehr. Isa und meine Mum starrten uns einfach nur mit offenem Mund an und bekamen kein Wort raus. „Wir haben uns erstmal darauf geeinigt nicht zur Polizei zu gehen, Shayenne möchte gerne ihren Abschluss machen und dann eine Ausbildung anfangen.", ergänzte ich und meine Mum nickte stumm. „Ich hab mir schon gedacht, dass es noch andere Gründe gibt, warum du abgehen willst.", murmelte sie. Isa sah mich immer noch hilflos an, während ich meine Schwester am liebsten nie wieder loslassen wollte. „Wenn du nicht zur Polizei willst, ist das okay, aber was du nicht abwenden kannst ist, dass Wincent und ich gleich zu den Mädels hinfahren und mal mit den Eltern sprechen.", sagte meine Mum auf einmal total streng. „Aber dann bekommen sie doch das, was sie wollen.", gab Shayenne erstickt von sich. „Du glaubst doch nicht, dass die von mir irgendwas bekommen, außer eine gehörige Standpauke.", erwiderte ich sofort und drückte sie fester an mich. Wir besprachen noch ein bisschen was, bevor Shayenne nach oben verschwand und meine Mum sich nochmal schnell umziehen wollte. Isa saß einfach schweigend am Tisch und sagte gar nichts mehr. „Was ist los?", flüsterte ich und kniete mich vor sie. „Ich find das alles viel zu krass. Was gibt es bitte für Menschen.", erwiderte sie und sah mir in die Augen. „Das weiß ich auch nicht. Lass es bitte nicht zu nah an dich ran, okay?", sagte ich. Isa nickte nur und zwang sich ein Lächeln auf. „Tust du mir den Gefallen und kümmerst dich um Shayenne, während wir weg sind. Ich glaub wir sollten sie jetzt nicht alleine lassen.", bat ich sie dann. „Na klar. Und du passt auf dich und deine Mum auf.", sagte sie streng. „Du glaubst doch nicht, dass die mir irgendwas anhaben können.", lachte ich leicht. Isa rollte kurz mit den Augen, bevor sie mich wieder ernst ansah. „Ja... ich pass auf. Kannst du dir Shayennes Körper nochmal anschauen? Die haben sie schon recht übel zugerichtet und sie ist total dünn geworden.", gab ich nun traurig von mir. „Das mache ich und du machst dir bitte nicht ganz so viele Sorgen. Ich pass auf sie auf.", flüsterte Isa und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Meine Mum kam wieder runter und warf mir einen auffordernden Blick zu. Ich stand auf und ging in den Flur, um mir meine Schuhe anzuziehen, während Isa sich auf den Weg nach oben zu Shayenne machte.

Shayenne hatte meiner Mum noch schnell die Namen der Mädchen gesagt und so setzte sich meine Mum hinters Steuer und fuhr zum Ersten der beiden Häuser. „Reiß dich bitte zusammen.", sagte sie noch zu mir, während sie die Klingel betätigte. „Angela.", öffnete eine Frau im Alter meiner Mum die Tür und lächelte uns an. „Wir müssen mal mit euch reden.", sagte meine Mum trocken und wir wurden reingebeten. Die Frau rief auch noch ihren Mann dazu und die beiden hörten uns aufmerksam zu. Sie wollten das alles gar nicht glauben, aber ich hatte Bilder von einigen der Briefe gemacht. Nach ein paar Minuten riefen sie ihre Tochter dazu und stellten sie zur Rede. Auf einmal kam kein einziges Wort mehr von ihr und ich wurde innerlich total sauer. „Was bildest du dir eigentlich ein, meine Schwester so anzugreifen? Geht's euch noch gut? Denkt ihr wirklich mit solchen Leuten möchte ich irgendwas zu tun haben? Und dann auch noch meine Freundin indirekt bedrohen? Wo ist Shayennes Handy?", wurde ich dann doch lauter als erwartet und meine Mum warf mir einen mahnenden Blick zu. „Das... das war doch alles Melissas Idee. Sie hat auch das Handy. Ich hab nur mitgemacht. Es tut mir alles so leid.", weinte sie, aber ich empfand überhaupt kein Mitleid. Wie kann man sowas machen und dann erwarten, dass einen andere verstehen. „Ich sag dir, wenn wir das Handy bei dieser Melissa nicht bekommen, dann stehen wir wieder bei dir. Und lasst Shayenne in Ruhe.", sagte ich, verabschiedete mich von den Eltern und verließ das Haus. Meine Mum folgte mir kurze Zeit später und ich hatte damit gerechnet, dass es Ärger gibt, weil ich ausfällig geworden bin, aber sie war genau meiner Meinung. Was uns dann allerdings bei dieser Melissa erwartete war die absolute Krönung.

Schicksal oder Pläne //Wincent Weiß FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt